Muttertag: Lebenslänglich Liebe

Mit dem Muttertag-Sonntag ist es ja so eine Sache. Es ist der Tag des Kaffees, des Kuchens, der Schnittblumen und des Selbstgebastelten. Ein Entrinnen gibt es nicht, gilt er doch als institutionalisierter Danktag.
Später, als junge(r) Erwachsene(r) und programmatischer Feiertagsphobiker(in) – denn endlich sind sie vorbei, die Stunden, an denen Narzissen, Rosen und Tulpen um Gedichte gemalt werden mussten! – behagt einem dieser Tag noch weniger, unerbittlich mahnen Blumenläden und Grossverteiler wochenlag zuvor, wie dankbar man doch seiner Mama sein sollte. Man wird in die Kinderrolle zurückgedrängt, mag sich selbst nicht dafür, schimpft auf den gesellschaftlichen Druck und die Erwartungshaltung der Mutter. Und doch greift man spätestens am Nachmittag zum Telefonhörer, ergattert irgendwo ein paar Schnittblumen und lädt zu Kaffee und Kuchen ein.
«Mama, ich hab dich lieb, weil du mir Geschenke kaufst, feines Essen kochst und machst, was ich will.»
Handbeschriebenes Tischset von Claudia Landolts zweitältestem Sohn
Diese Liebesbeteuerungen vermögen mitunter die eigene Erziehungskompetenz vorzüglich auszuhebeln. Vor vier Jahren überraschte mich mein zweitältester Sohn mit einem selbstgebastelten Tischset, auf dem er fein säuberlich in seiner allerschönsten Schrift schrieb: «Mama, ich hab dich lieb, weil du mir Geschenke kaufst, feines Essen kochst und machst, was ich will». Ha! Welch Erleichterung, als sein älterer Bruder mir einen gewebten Papierkorb, und ein Krokodil, das auch ein Magnet sein kann, sowie einen mit Herzchen bemalten Seifenspender unter die Nase hielt. Nein, gehäkelte Eierwärmer oder Topflappen waren (noch) nicht dabei. Dafür dieses Jahr die Beteuerung, er wolle seine Kochkünste unter Beweis stellen. Nummer Eins hat meinen Pragmatismus geerbt und kauft mir womöglich von seinem Taschengeld meine Lieblingsschokolade.
Ich werde den ganzen Tag Taschentücher brauchen
Am Sonntag wird es also sein wie immer an diesem Tag der lebenslänglichen Liebe. Spätestens um sieben Uhr klettern sie zu mir ins Bett und drücken mir mit bezauberndem Augenaufschlag leicht verklebte Geschenke mit innig verfassten Deklarationen in die Hand. Und ich werde, trotz festem Vorwand, nicht rührselig zu werden, nein, keinesfalls, doch ein paar Tränen verdrücken, so innig ist sie trotz allem, meine Liebe zu diesen Kindern.
Und den ganzen Tag, ich schwöre es, komme ich wieder von meinen Papiertaschentüchern nicht los. Denn ich weiss, der Tag wird kommen, an dem ich die leicht zerknautschten Basteleien und Liebesbeteuerungen vermissen werde, weil es auf die Bitte, an besagtem zweiten Sonntag im Mai doch wenigstens den Tisch zu decken, heissen wird: «Mama, die Sklaverei ist abgeschafft.»
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