Unterricht: «Viele Themen haben nichts mit dem Alltag zu tun»
Merken
Drucken

«Viele Themen haben nichts mit dem Alltag zu tun»

Lesedauer: 4 Minuten

Die Schülerinnen Aurela, Sophia, Elina und Lena* sowie die Schüler Anik, Varshan und Tias wünschen sich mehr Bewegung im Unterricht, koordinierte Hausaufgaben, relaxte Lehrpersonen und praxisbezogene Themen.

Aufgezeichnet von Sandra Markert
Bild: Lucas Ziegler / 13 Photo

Tias: «Schule bedeutet für mich viel zu viel Sitzen. Mir schlafen im Unterricht immer alle meine Körperteile ein. Dazu ist es im Klassenzimmer oft sehr unruhig, das macht es echt anstrengend. Ich hätte gern mehr Sportunterricht und längere Pausen.»

Lena: «Ja, wir könnten immer eine Lektion arbeiten und dann zehn Minuten auf den Gängen spielen, Ball oder so. Danach könnte ich mich bestimmt besser konzentrieren.»

Tias: «Dann bräuchten wir aber auch Bälle, die nicht ständig platt sind. Und ich wünsche mir, dass wir das ganze Jahr draussen Fussball spielen dürfen. Bei uns in der Schule gibt es da im Winter aber ein Verbot. Was soll ich dann in den Pausen machen? Mich mit meinen Kollegen hinsetzen und quatschen? Wir brauchen doch Bewegung! Dafür wäre es auch gut, wenn man Sportklamotten tragen dürfte, aber das ist ja auch verboten.»

Ich muss oft am Wochenende lernen, weil ich unter der Woche nicht alles schaffe.

Lena, Schülerin

Sophia: «Ich bin morgens oft noch total müde, wenn ich in der Schule sitze, weil ich um 6.15 Uhr aufstehen muss. Gerade im Winter, wenn es morgens noch so dunkel ist, ist das einfach viel zu früh. Es würde doch reichen, wenn die Schule um 8.30 Uhr anfangen würde.»

Aurela: «Das fände ich auch gut. Ich schaffe es nämlich oft auch nicht, abends früher ins Bett zu gehen, weil ich noch Leichtathletiktraining habe. Das ist für mich als Ausgleich zur Schule aber sehr wichtig.»

Lena: «Wir brauchen auch Zeit für unsere Hobbys oder um Kollegen zu treffen. Aber oft müssen wir viele Hausaufgaben machen oder auf Prüfungen lernen. Das schaffe ich unter der Woche nicht immer, deshalb mache ich vieles am Wochenende. Aber an den Wochenenden sollte doch eigentlich Freizeit sein, auch für uns.»

Sophia: «Die Lehrpersonen könnten sich mehr untereinander austauschen, wer wann wie viele Hausaufgaben gibt. An manchen Tagen ist es viel zu viel, an anderen gar nichts.»

Lena: «Gut wäre auch, wenn wir schon am Montag die Aufgaben für die ganze Woche erfahren würden. Dann könnte jeder dann daran arbeiten, wenn er Zeit hat. Mir würde es auch helfen, wenn wir die schwierigen Hausaufgaben immer kurz gemeinsam mit der Lehrperson anschauen würden, damit wir wissen, was wir zu Hause machen sollen.»

Elina: «Das fände ich auch gut. Ich bin aus der Ukraine hierhergekommen, deshalb verstehe ich noch nicht alles so gut. Ich bin im Unterricht oft nicht so schnell mit den Aufgaben, dann muss ich viel zu Hause machen. Aber allein kann ich das nicht und meine Mutter arbeitet bis spät in die Nacht.»

Wie soll Schule denn Spass machen, wenn man nicht auch mal lachen oder Quatsch machen darf?

Tias, Schüler

Lena: «Für so etwas fehlt bei den Lehrpersonen aber oft das Verständnis. Wir haben eben auch mal Probleme oder es ist zu Hause was los. Wenn mal was nicht perfekt funktioniert, hat das ja oft Gründe.»

Tias: «Aber für solche Gespräche fehlt doch meist die Zeit. Bei uns werden zwei Klassen gemeinsam unterrichtet, da sind viele Kinder natürlich schon weiter, andere brauchen mehr Hilfe. Da ist es schon schwer, normalen Unterricht zu machen. Wann soll man sich da noch um die privaten Probleme von Schülern kümmern?»

Aurela: «Eigentlich bräuchte es zwei Lehrpersonen in einer Klasse. Dann wäre jemand da, der den schwächeren Kindern helfen könnte, und jemand, der mit den anderen Kindern weiterarbeitet.»

Tias: «Dann wären die Lehrpersonen vielleicht auch nicht so gestresst und wir hätten es öfter mal lustig. Wie soll Schule denn Spass machen, wenn man nicht auch mal lachen oder Quatsch machen darf?»

Aurela: «Da braucht es oft gar nicht viel. Wir haben neulich einen Test geschrieben, da war ein lustiges Foto hinten drauf. Da hat man dann gleich bessere Laune.»

Tias: «Und nur weil man es mit einer Lehrperson auch lustig haben kann, darf sie ja trotzdem streng sein, das finde ich sogar gut. Aber bitte eben streng sein zu denen, die Quatsch machen, und nicht zur ganzen Klasse.»

Aurela: «Genau, wenn einer laut ist, werden wir oft alle bestraft.»

Warum soll ich etwas über die Steinzeit lernen? Etwas über Erste Hilfe würde viel mehr nützen.

Aurela, Schülerin

Tias: «Es sollten auch die gleichen Regeln für alle gelten. Klar darf man nicht zu spät in den Unterricht kommen. Aber was ist mit den Lehrpersonen? Die kommen doch auch oft zu spät und das ist dann völlig okay. Ich finde das ungerecht.»

Aurela: «Mich stört, dass viele Themen, die wir in der Schule durchnehmen, nichts mit dem Alltag zu tun haben. Warum soll ich denn etwas über die Steinzeit lernen? Es würde mir doch viel mehr nützen, wenn ich beispielsweise lernen würde, wie man Erste Hilfe leistet. Die Lehrpersonen könnten uns auch mehr fragen, was uns interessiert.»

Anik: «Ich finde es schon wichtig, dass wir viele verschiedene Dinge lernen in der Schule, schliesslich wissen wir ja noch nicht, welchen Beruf wir später mal machen wollen.»

Lena: «Aber man könnte den Unterricht trotzdem praktischer gestalten. Am Ende eines Themas wie der Steinzeit könnte man zum Beispiel einen Ausflug in ein Museum machen. Und auch sonst fände ich mehr Ausflüge toll. Mal in den Zirkus gehen. Oder wir treffen uns abends alle in der Schule und machen ein Lagerfeuer.»

Tias: «Wir haben auf dem Pausenplatz einen grossen Brunnen, da könnte man im Sommer tolle Wasserschlachten machen. Leider ist der nie an.»

Aurela: «Und im Winter sind die Zonen, in denen wir Schneeballschlachten machen dürfen, viel zu klein. Gerade in den Pausen wollen wir es doch lustig haben mit unseren Kollegen.»

*Lena heisst eigentlich anders. Der richtige Name ist der Redaktion bekannt.

Sandra Markert
ist freie Journalistin und Mutter von drei Kindern im Kindergarten- und Primarschulalter. Sie lebt mit ihrer Familie am Bodensee.

Alle Artikel von Sandra Markert

Mehr zum Thema Schule

Fiss Ladis - Familie isst eis vor Brug Panorama
Advertorial
Wo Kinderherzen höher schlagen 
Serfaus-Fiss-Ladis in Tirol ist ein Sommerparadies für Familien – voller Abenteuer, Naturerlebnisse und gemeinsamer Glücksmomente. 
Schule wohin? Editorial Nik Niethammer
Fritz+Fränzi
Unser Thema im Mai: Schule wohin?
Inklusion, Noten, Personalmangel: Die Schule muss sich viele Fragen gefallen lassen. Wo ist der Handlungsbedarf am dringendsten?
4 Personen stehen vor einer Schule
Lernen
«Man will heute zu viel in der Schule»
Vier Eltern teilen ihre Kritik und ihr Lob zur Schule. Von Leistungsdruck und Integration bis hin zu positiven Entwicklungen.
Schule neu denken: Blick in ein Klassenzimmer
Lernen
Schule neu denken: Antworten auf die 20 wichtigsten Fragen
Was macht eine gute Lehrperson aus? Wie geht Schule in Zeiten von KI? Wir beantworten die drängendsten Fragen rund um die Zukunft der Schule.
Drei Lehrpersonen und eine Schulleiterin erzählen: Monia Pfenninger, Silvan Stuber, Viola Frei und Simone Sonderegger (v. l.)
Lernen
«Unser Schulmodell passt nicht mehr zu dieser Gesellschaft»
Drei Lehrpersonen sowie ­eine Schulleiterin erzählen von den Herausforderungen in ihrem Beruf und wie sie damit umgehen.
Eine Klasse auf einem Steg am See
Schule
«Ich will nicht mit meiner Klasse ins Lager gehen»
In der Klasse der zwölfjährigen Alina steht bald ein Lager bevor. Doch sie will nicht mitfahren, weil sie auswärts schlecht schlafen kann.
Musik ist unbeschreiblich
Lernen
Warum Musik unbeschreiblich bleibt
Im Musikunterricht von Sibylle Dubs kommt die Frage auf, ob Musik wie Mathe ist. Dabei gelangt die Klasse zu einer wertvollen Erkenntnis.
Passende Schule finden: Teenagerin lernt draussen und lehnt sich an einen Baumstamm
Lernen
Endlich eine passende Schule gefunden
Nach einer langen Odyssee findet unsere Autorin die perfekte Schule für ihre Töchter. Was ihr dort gefällt und worauf Eltern achten sollten.
Stress: Wie schafft man ein gutes Klima an der Schule?
Gesellschaft
So bleiben an der Schule alle gesund
Stress und Druck gehören längst zum Schulalltag – mit teils schwerwiegenden Folgen. Was Lehrpersonen und Eltern dagegen tun können.
Wenn der Störenfried den Unterricht rettet: Zeichnung einer Schülerin
Lernen
Wie der Störenfried den Unterricht rettet
Sibylle Dubs hat für schwierige Situationen im Unterricht Strategien erarbeitet, um angemessen zu reagieren. Doch manchmal gelingt ihr dies nicht.
Eine Mutter und ein Vater vor dem Elterngespräch
Erziehung
Wie bereite ich mich auf ein Elterngespräch vor?
Vor einem Elterngespräch ist man vielleicht geneigt, der Lehrperson seines Kindes alles an den Kopf zu werfen, was einen nervt oder ärgert.
Singen macht Freude
Lernen
Wie Miauen die Kopfstimme fördert
Je länger Sibylle Dubs Musiklehrerin ist, umso mehr feiert sie mit ihren Schülerinnen und Schülern den Moment, in dem sie ihre Kopfstimme finden.
Neophyten: Bub betrachtet kritisch einen Sommerflieder
Gesellschaft
Von diesem gemeinnützigen Einsatz profitieren alle
Win-Win: Wie Schulklassen im Kanton Bern mit dem Ausreissen invasiver Neophyten Sinnvolles tun und gleichzeitig die Lagerkassen füllen.
Musik vermitteln: Humor ist der Schlüssel
Lernen
Humor bringt den Unterricht auf ein neues Level
Am Anfang hatte Sybille Dubs Mühe, ihre Klasse von der Musik zu begeistern. Doch nach einem lustigen Erlebnis weiss sie: Humor ist der Schlüssel.
Ein Mädchen beim Lernen am Schreibtisch
Lernen
Geht individualisiertes Lernen an der Volksschule überhaupt?
Ein Kind seinen Fähigkeiten entsprechend fördern: Was heisst das und kann der Lehrplan 21 individualisiertes Lernen ermöglichen?
Musikunterricht macht den Unterschied
Lernen
Musikunterricht: Beziehung geht über alles
Passionata – Musikunterricht macht den Unterschied: Sibylle Dubs berichtet von einem Erlebnis mit einem Schüler, das sie heute noch berührt.
In der Schule steht das Kind im Zentrum.
Lernen
In der Schule steht das Kind im Zentrum, nicht die Eltern
Grundsätzlich ist es gut, wenn Eltern den Austausch mit der Schule suchen – solange sie dabei nicht ihre Kompetenzen überschreiten.
Schule, tracking: Bub mit Rucksack, Spieldinosaurier und Smartwatch im Wald
Elternbildung
Ab wann wird GPS-Tracking übergriffig?
Immer mehr Kinder werden von ihren Eltern ständig getrackt. Auch in der Schule. Das schadet der kindlichen Entwicklung, schreibt unser Autor.
Stress in der Schule: Mädchen ist verzweifelt
Lernen
«Wenn ich einen Vortrag halten muss, bin ich wie gelähmt»
Für die 14-jährige Mia bedeutet es einen riesigen Stress, wenn sie vor der ganzen Klasse etwas sagen oder sogar ein Referat halten muss.
Berufswahl: Mädchen weiss nicht, was sie werden soll
Berufswahl
«Ich habe keine Ahnung, was ich nach der Schule machen soll»
Die 15-jährige Ann-Lou weiss nicht, welcher Beruf sie interessiert und wie es für sie nach der obligatorischen Schulzeit weitergehen soll.
Zwei Mädchen mit ihren Smartphones in der Schule.
Lernen
Smartphones in der Schule: Wie viel ist zu viel?
Für die einen sind Smartphones eine Gefahr, für andere ein unverzichtbares Werkzeug. Für den Umgang an Schulen braucht es klare Regeln.
Elternabend. Junger Lehrer steht vor der Tafel und hört den Eltern zu.
Lernen
Elternabend: mehr als nur ein Pflichttermin
Lehrpersonen tauschen heute Informationen digital aus. Trotzdem bleibt der Elternabend wichtig – vorausgesetzt er wird richtig genutzt.
Schulleitung: Lehrerin und Schüler:innen im Klassenzimmer
Lernen
Schulleitung 2.0: Zwischen Anspruch und Realität
Wer macht unser Schulsystem fit für die Zukunft? Eine Schulleitung, die visionär und pragmatisch die vielfältigen Herausforderungen angeht.
Wie soll eine Schule mit Vielfalt umgehen?
Lernen
Wie geht die Schule mit Mobbing an Lehrpersonen um?
Der Fall des geschassten schwulen Lehrers in Pfäffikon ZH darf nicht zur Norm werden, sagt Dagmar Rösler, oberste Lehrerin der Schweiz.
Elternmitarbeit Lehrerin spricht mit Vater und Sohn
Elternbildung
Wie Elternmitarbeit in der Schule gelingt
Eltern und Schule profitieren von Vertrauen und Zusammenarbeit. Erfahren Sie, wie Elternmitarbeit die Schulerfahrung Ihres Kindes verbessern kann.