Stress: So bleiben an der Schule alle gesund
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So bleiben an der Schule alle gesund

Lesedauer: 3 Minuten

Stress und Druck gehören längst zum Schulalltag – mit teils schwerwiegenden Folgen. Dabei zeigt sich: Eine systematische Gesundheitsförderung an Schulen ist nicht nur dringend notwendig, sondern auch entscheidend für den Bildungserfolg. Und eine Chance für alle Beteiligten.

Text: Dorothee Miyoshi
Bild: Adobe Stock

Eine Schule sollte ein Ort sein, an dem man sich wohlfühlt. Das würden wohl alle unterschreiben – Schülerinnen und Schüler, Lehrpersonen. Und Sie als Eltern, deren Kinder fünf Tage pro Woche dort verbringen, sowieso.

Aktuelle Untersuchungen zeichnen ein anderes Bild: Viele Kinder empfinden in der Schule zunehmend Stress. Eine Studie von Pro Juventute aus dem Jahr 2021 ergab, dass eines von drei Kindern übermässig unter Leistungsdruck leidet. 2018 war der Anteil gestresster Kinder noch deutlich geringer. Auch die Belastung bei Lehrpersonen hat zugenommen: Die Mehrheit ist zwar gesund, jedoch zeigt ein Viertel der Lehrkräfte mittlere bis starke Erschöpfungsmerkmale.

Lernen ist herausfordernd. Prüfungen und Hausaufgaben, aber auch Streit in der Klasse und Mobbing führen bei Schülerinnen und Schülern zu erhöhtem Stress. Lehrpersonen erleben die Heterogenität einer Klasse, die Störungen im Unterricht, den hohen Anteil an administrativen Tätigkeiten und die Elternarbeit als belastend. Ausserdem ist die Schule ein sozialer Begegnungsraum, in dem die Beziehungen zwischen den Beteiligten zwangsläufig nicht immer reibungslos funktionieren. Auch das kann Stress verursachen.

Druck und Stress bei Schülern und Schülerinnen, Lehrkräften, bei der Schulleitung, aber auch bei den Eltern oder Erziehungsberechtigten beeinträchtigen letztlich den Bildungsauftrag der Schule. Denn: Eine hohe Unterrichtsqualität setzt gesunde und leistungsfähige Lehrpersonen voraus. Lehrpersonen, die sich wohl und zufrieden an ihrer Schule erleben, können ein vertrauensvolles Klassenklima und eine gute Beziehung zu den Schülerinnen und Schülern herstellen.

Fühlen sich Lehrpersonen wohl und leistungsfähig, überträgt sich das auf die Schülerinnen und Schüler.

Gesundheit stärkt Bildung

Guter Unterricht wiederum fördert das Wohlbefinden, die Gesundheit sowie die Lernmotivation und den Bildungserfolg der Kinder und Jugendlichen. Dies vermag die psychische Gesundheit der Lernenden zu stärken und Mobbing vorzubeugen. Positive Emotionen im Klassenzimmer fördern die Lernfreude, den Bildungserfolg, das Wohlbefinden und die Gesundheit der Lernenden.

Im Klartext: Schulleitungen beeinflussen die Gesundheit, das Wohlbefinden und die Leistungs­fähigkeit der Lehrpersonen und diese wiederum die Gesundheit, das Wohlbefinden und die Leistungsfähigkeit der Schülerinnen und Schüler. Partizipation, individuelle Unterstützung und individuelle Förderung stärken auch die Gesundheit der Lehrpersonen beziehungsweise der Schulkinder.

Wird Gesundheit zu einem Managementziel, erzeugt dies eine positive Spirale, die das gesamte System Schule zu stärken und zu befähigen vermag. So lautet die Kernbotschaft der Allianz für betriebliche Gesundheitsförderung, die von der schweizerischen Gesundheitsstiftung Radix und den Berufsverbänden der Lehrerinnen und Lehrer sowie der Schulleitenden gegründet wurde und vom Dachverband Lehrerinnen und Lehrer Schweiz (LCH) unterstützt wird.

Schulen mit einer aktiven ­Gesundheitsförderung ­können sich als attraktive Arbeitgeberin profilieren.

Wer vorangeht, hat etwas davon

Leider ist eine systematische Gesundheitsförderung noch nicht überall angekommen. Schulen, die vorangehen, können sich dieses Manko zunutze machen. Gerade in Zeiten, in denen es an Fachkräften mangelt und Lehrerinnen und Lehrer sich den Arbeitsort aussuchen können, profilieren sich Schulen mit einer aktiven Gesundheitsförderung als attraktive Arbeitgeberin.

Gesunde und zufriedene Lehrpersonen fühlen sich stärker mit der Schule verbunden, bleiben arbeitsfähig und sind weniger abwesend oder in ihrer Arbeitsleistung eingeschränkt. In der Folge entstehen weniger Kosten aufgrund berufsbedingter Erkrankung. Die Resilienz der Organisation Schule wird gestärkt und Krisen können erfolgreicher gemeistert werden. Wer gerne arbeitet, engagiert sich auch lieber, was allen zugutekommt: den Angestellten, den Schülerinnen und Schülern und letztlich auch deren Eltern.

Konflikte selber lösen

Wie wird eine Schule zu einer gesunden Schule? Indem sie eine Kultur des wertschätzenden Umgangs, des Vertrauens und der Mitgestaltung lebt. Indem Schülerinnen und Schüler lernen, ihre Gefühle auszudrücken, auf andere einzugehen, sich im Klassenrat mit Feedback und Ideen einzubringen. Indem die Schule Räume schafft, die Lernende mitgestalten können. Indem Jugendliche in Streitschlichtprogrammen lernen, Konflikte selbst zu lösen. Indem sich eine Klasse dafür einsetzt, Mobbing keine Chance zu geben und respektvoll miteinander umzugehen.

Dies ist nur ein kleiner Teil eines Gesundheitsförderungsprogramms. Wichtig ist, dass Schulleitung und Lehrpersonal mit gutem Beispiel vorangehen und auf ihre Gesundheit achten. Die positive Wirkung dieser Massnahmen reicht über die Schule hinaus. Da jedes Kind zur Schule geht, profitiert die gesamte Gesellschaft. Damit sich gesunde Schulen in der Schweiz etablieren, braucht es die Unterstützung aller Beteiligten.

Ich danke Ihnen, liebe Eltern, liebe Lehrerinnen, Lehrer und Schulleitende, dass wir auf Sie ­zählen dürfen. Ich danke Ihnen für Ihren Einsatz!

Dorothee Miyoshi

Dorothee Miyoshi
unterrichtet seit 1995 in Basel an verschiedenen Stufen als Schulische Heilpädagogin. Seit 2018 ist sie Mitglied der Geschäftsleitung LCH. Dorothee Miyoshi ist Mutter von vier erwachsenen Kindern und wohnt mit ihrer Familie in Mumpf am Rhein.

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