«Ich habe keine Ahnung, was ich nach der Schule machen soll»

Die 15-jährige Ann-Lou weiss nicht, welcher Beruf sie interessiert und wie es für sie nach der obligatorischen Schulzeit weitergehen soll. Das bereitet ihr Sorgen. Sie wendet sich deshalb an unsere Expertin Sarah Zanoni.
«Frag doch mal Sarah»
Ich bin am verzweifeln! Ich bin nun in der 9. Klasse und alle meine Schulkolleginnen wissen, wo sie sich für eine Lehrstelle bewerben wollen oder haben schon einen Lehrvertrag unterschrieben. Nur ich weiss ganz und gar nicht, was ich nach der Schule machen soll. Ich war einmal schnuppern bei einer Bäckerei und einmal in einem Altersheim. Aber das hat mir beides überhaupt nicht gefallen. Meine Hobbys sind Eiskunstlaufen (im Verein) und Zeichnen.
Ann-Lou, 15 Jahre
Liebe Ann-Lou
Die Berufswahl ist tatsächlich eine wichtige Angelegenheit. Ich verstehe gut, dass dich das belastet, wenn du noch keine Idee hast, was du beruflich machen möchtest. Dein Alltag ist seit Jahren die Schule und deine Freizeit. Da fällt es schwer, sich vorzustellen, wie ab nächstem Sommer der neue Alltag aussehen soll: In einer Lehrstelle, unter (erwachsenen) Menschen, mit einer völlig anderen Tätigkeit als bisher.
Die gute Nachricht: Wer heute einen Beruf wählt, fällt damit keine Entscheidung fürs ganze Leben. Deine Grosseltern mussten zwar noch 45 Jahre lang dasselbe arbeiten, bis sie pensioniert wurden. Bereits deine Eltern dürften sich hingegen schon ein- bis zweimal beruflich verändert oder ganz neu orientiert haben. Frag sie doch mal, wie das für sie war, als sie sich nach der Schule für einen Beruf entscheiden mussten. Es könnte ganz interessant sein, was sie dir erzählen.
Trotzdem ist es natürlich so, dass du in einer anderen Situation bist, weil wir ja auch in einer anderen Zeit leben. Es gibt viele neue Berufe, die es früher nicht gab.
Nimm all diese Fähigkeiten – die du bereits fest in dir hast – hervor und wende sie für deine Berufswahl an.
Warst du schon bei der Berufsberatung? Vielleicht wäre es sinnvoll, nochmals hinzugehen. Nimm doch eine Person mit, der du vertraust, wie deine Mutter, deinen Vater oder eine gute Freundin. Erzähle ihnen von deinen Sorgen und sag, dass du schon schnuppern warst, aber dich nichts davon angesprochen hat.
Diese Fachleute sind extra dafür ausgebildet, um jungen Menschen bei dieser anspruchsvollen Aufgabe zu helfen. Lass dir von ihnen auch Berufe und Branchen zeigen, die du nicht kennst. Sei offen für Neues – vielleicht stösst du auf etwas, womit du nie gerechnet hättest.
Berufswahl braucht Disziplin und Ausdauer
Du schreibst, dass deine Hobbys Eiskunstlaufen und Zeichnen sind. Das finde ich super! Ich kenne mich zwar nicht genau aus, aber ich glaube, dass man fürs Schlittschuhlaufen ziemlich viel Disziplin und Ausdauer braucht. Denn wenn ich mir vorstelle, wieviel es wohl braucht, bis jemand eine Pirouette auf dem Eis dreht oder einen Sprung schafft, dann ist das viel, viel Training, Motivation und Biss.
Nimm all diese Fähigkeiten – die du bereits fest in dir hast – hervor und wende sie nun für deine Berufswahl an. Wenn du nämlich absolut entschlossen bist, nächsten Sommer eine passende Ausbildung für dich zu finden, dann wird das auch klappen.
Falls du jedoch innerlich (noch) nicht dazu bereit bist, gibt es wohl gute Gründe dafür. Dann fände ich es besser, du würdest dir darüber Gedanken machen. Ist es vielleicht der Einstieg in die Erwachsenenwelt, die dir Bauchweh macht? Oder ist dein innerster Berufswunsch vielleicht ein ganz anderer, als dir momentan offensteht? Vielleicht braucht es einen anderen Weg dazu, als man dir jetzt vorschlägt.
Es gibt verschiedene Lösungen
Manche Jugendliche brauchen etwas länger Zeit, um sich über ihre Zukunft klar zu werden. Ein Zwischenjahr könnte da die richtige Lösung sein:
- Das 10. Schuljahr steht all jenen zur Verfügung, die noch keine Anschlusslösung gefunden haben. Dort wird der Schwerpunkt auf die Berufswahl gelegt.
- Ein Praktikum von 6 bis 12 Monaten: vielerorts wird dies angeboten, beispielsweise auch in Kitas, Tierheimen oder auf dem Bauernhof. Schau mal im Internet nach.
- Ein Sprachaufenthalt in der französischen Schweiz oder im englischsprachigen Raum würde nicht bloss deine Sprachkenntnisse verbessern, sondern auch deine Persönlichkeitsentwicklung fördern. Denn wer im Jugendalter ein Jahr lang an einem anderen Ort lebt, lernt viel mehr, als nur die Sprache.
Und dann gibt es noch Berufsausbildungen, die weder eine klassische Lehre noch eine Schule (FMS, Gymnasium, etc.) sind. Es gibt nicht allzu viele davon, aber wer sich kundig macht, findet sie. Ein Beispiel ist die Ausbildung zur Damenschneiderin oder zur Grafikerin. Diese Berufe kannst du auch an einer Schule lernen und du bleibst während der ganzen drei oder vier Jahre in einer Klasse zusammen mit anderen, die dasselbe lernen.
Du siehst: Es warten noch ein paar Möglichkeiten auf dich, die du prüfen könntest. Ich wünsche dir den nötigen Biss dazu!
In unserer Rubrik «Frag doch mal Sarah» beantwortet Jugendcoach Sarah Zanoni Fragen von Kindern und Jugendlichen.
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