«Wenn ich einen Vortrag halten muss, ist das purer Stress»
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«Wenn ich einen Vortrag halten muss, bin ich wie gelähmt»

Lesedauer: 3 Minuten

Für die 14-jährige Mia bedeutet es einen riesigen Stress, wenn sie vor der ganzen Klasse etwas sagen oder sogar ein Referat halten muss. In ihrer Verzweiflung wendet sie sich an unsere Expertin Sarah Zanoni.

Text: Sarah Zanoni
Bild: Adobe Stock

«Frag doch mal Sarah»

Ich fühle mich immer krass unsicher, wenn ich in der Schule etwas vor der ganzen Klasse sagen soll. Das stresst mich total! Und einen Vortrag zu halten, lähmt mich komplett. Oft kann ich dann gar nicht zur Schule gehen, weil es mir schon zu Hause ganz schlecht ist. Was soll ich bloss tun?
Mia, 14 Jahre

Liebe Mia
Ich kenne inzwischen sehr viele Schüler und Schülerinnen, die unter derselben Art von Stress in der Schule leiden wie du. Du bist damit nicht allein! Aber ich verstehe auch, dass das kein wirklicher Trost ist.  

Du beschreibst, dass du jeweils dann in Stress gerätst, wenn du etwas vor deiner Klasse sagen sollst. Das zeigt mir, dass du nicht gerne die Aufmerksamkeit der anderen auf dich ziehst. Du fühlst dich dann wahrscheinlich wie im Rampenlicht – doch eigentlich würdest du in diesem Moment lieber unsichtbar sein. 

Verstehe ich dich richtig, dass du dann Angst davor hast, negativ oder peinlich rüberzukommen? Offenbar wird dieses Gefühl bei dir so stark, dass du schon zu Hause stark belastet bist. Dein Körper reagiert auf diesen Stress mit Unwohlsein und Übelkeit. Andere Schüler entwickeln zum Beispiel auch Herzklopfen, Engegefühl in der Brust, Erbrechen, Zittern, Schweissausbrüche oder sie müssen plötzlich weinen.

Das alles ist hinderlich, um einen normalen Schulalltag zu meistern. Denn es braucht ziemlich viel Energie, diese Situationen zu bewältigen. Und genau diese Energie fehlt dir dann für alles andere, was man in deinem Alter so macht: Sport, Freundinnen treffen, Lernen, etc. Kein Wunder, dass die meisten, die unter Stress in der Schule leiden, oft auch sehr müde sind.

Sich der Angst zu stellen, erfordert Mut – aber wenn du sie überwindest, wird dein Selbstvertrauen gestärkt.

Schlechte Erfahrungen

Wahrscheinlich hast du schon erlebt, wie der eine oder die andere gegrinst hat, wenn du von der Lehrperson aufgerufen wurdest. Und vielleicht wurden auch verletzende Bemerkungen geäussert oder getuschelt. Das Risiko, von den andern gefoppt zu werden, ist bei einem Vortrag natürlich noch höher. 

Gut möglich, dass du solche Erfahrungen schon in der Primarschule machen musstest. Und auch wenn du inzwischen älter bist, quälen dich diese Erlebnisse noch immer. Dein Unterbewusstsein katapultiert diese Dinge dann jedes Mal hoch, wenn die ganze Klasse zu dir hinschaut.

Falls du auch in deiner aktuellen Klasse geplagt wirst – ignoriert, belächelt, ausgelacht, gehänselt und Weiteres – dann solltest du unbedingt etwas dagegen unternehmen, damit es aufhört. Dabei helfen könnten dir deine Lehrperson, euer Schulsozialarbeiter und deine Eltern.

Noch etwas zum Thema Vortrag: wichtig ist, dass du dich vor dieser Aufgabe nicht drückst. Bei Angst reagieren nämlich viele Menschen mit Vermeidungsverhalten – sie wollen sich dieser Situation auf keinen Fall nochmals aussetzen. Das ist zwar sehr verständlich. Leider hilft es nicht, sondern verstärkt die Ängste nur noch. Sich der Angst zu stellen, erfordert Mut – aber wenn du sie überwunden hast, wird dein Selbstvertrauen gestärkt.

Entspannungsmethoden gegen Stress

Bereite dich auf einen Vortrag vor, indem du dich vor einen Spiegel stellst und deinen Text langsam und laut sprichst. Verwende Kärtchen mit Stichworten. Schau regelmässig in den Spiegel – quasi ins Publikum. Schau dann beim richtigen Vortrag deinen Mitschülern nicht direkt ins Gesicht (das könnte dich ablenken oder verunsichern), sondern knapp oberhalb der Köpfe hinweg. Niemandem im Publikum wird auffallen, dass du sie nicht direkt anschaust. Aber es entsteht der gewünschte Eindruck, dass du während der Präsentation das Publikum mit einbeziehst. 

Falls dich das alles trotzdem zu stark belastet, empfehle ich dir, unbedingt das Gespräch mit der Lehrperson zu suchen. Erkläre ihr, dass du nicht bloss «ein bisschen» gestresst bist, sondern dass sich das Problem immer mehr verstärkt hat und für dich inzwischen kaum mehr tragbar ist. Frage sie, ob du deinen Vortrag auf ein Tablet sprechen könntest, damit sie es sich dann ansehen und bewerten kann. Für ein solches Entgegenkommen der Lehrperson ist es sinnvoll, wenn dich deine Eltern zu einem solchen Gespräch begleiten und dich unterstützen.

Gegen deinen Stress in der Schule empfehle ich dir, regelmässig eine Entspannungsmethode durchzuführen. Im Internet findest du jede Menge gesprochener Texte mit Hintergrundmusik. Bei «Muskelrelaxation», «Autogenem Training» oder «Meditationsreise» kannst du dich abends in den Schlaf begleiten lassen. Diese Methoden helfen dir nachhaltig – aber nur, wenn du sie einige Wochen lang durchziehst.  

Probier’s aus, es ist die Sache wert!

Frag doch mal Sarah

In unserer Rubrik «Frag doch mal Sarah» beantwortet Jugendcoach Sarah Zanoni Fragen von Kindern und Jugendlichen.

Hast du auch eine Frage, die du ihr gerne stellen würdest? Dann sende eine E-Mail an online@fritzundfraenzi.ch oder kontaktiere uns auf unseren Social-Media-Kanälen.

Jugencoach Sarah Zanoni

Sarah Zanoni
arbeitet seit rund 20 Jahren als Jugendcoach mit Kindern und Jugendlichen aller Altersstufen. Sie hält Vorträge und Seminare rund ums Thema Kind und Jugend und hat Bücher dazu publiziert. Sie ist Mutter von zwei erwachsenen Töchtern und lebt im Kanton Aargau. Ihre Hobbys sind ihre Hunde, Krimis, Reisen und Schreiben.

Alle Texte von Sarah Zanoni

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