Mama muss ins Gefängnis
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Mama muss ins Gefängnis

Lesedauer: 9 Minuten

Anita Tamino erhält in der Schweiz eine mehrjährige Haftstrafe. Nach dem Urteil kämpft die zweifache Mutter für eine möglichst kindergerechte Lösung – und wird immer wieder enttäuscht.

Text: Maria Ryser
Bilder: Cate Brodersen

Anita Tamino* blickt auf ihr rechtes Handgelenk. In einer Woche kann sie das unliebsame Gerät, das wie eine Fitness-Uhr aussieht, endlich ablegen. Die 46-jährige Walliserin verbüsst an ihrem Wohnort in Luzern den letzten Teil ihrer Haftstrafe im Hausarrest – mithilfe des sogenannten Electronic Monitoring.

Dank dieser im Strafvollzug neu eingesetzten Methode kann die Mutter von Samira*, 16, und Leon*, 10, endlich wieder mit ihren Kindern zusammenleben. «Ich habe Mist gebaut», gibt Anita Tamino, die ihre Geschichte anonym erzählen will, unumwunden zu. «Wegen Geldproblemen liess ich mich leider einmal auf einen krummen Deal ein. Doch warum bestraft der Staat auch meine Kinder? Sie sind unschuldig!» 

Mein Sohn kam gegen seinen Willen zu einer Pflegefamilie, obwohl er viel lieber zu seinem Gotti gegangen wäre.

Anita Tamino

Ihr Leidensweg mit der Schweizer Justiz dauert bereits zwölf Jahre. «Das ist viel zu lang», ärgert sie sich. Von der Verhaftung im Juli 2011 bis heute sei der ganze Strafprozess wie ein Damoklesschwert über ihrer Familie gehangen. Der schlimmste Moment? Als ihr Sohn Leon während Anita Taminos Haftzeit bei einer Pflegefamilie untergebracht wurde. Gegen seinen Willen. «Auch Kinder haben Rechte. Im Schweizer Strafvollzug werden diese jedoch mit Füssen getreten», sagt Tamino. (Lesen Sie hier das Interview mit Studeinleiter Patrik Manzoni zum Thema: «Der Strafvollzug beachtet die Bedürfnisse der Kinder noch viel zu wenig».)

Doch der Reihe nach.

Verhaftung vor den Augen der Kinder

Am Nachmittag des 29. Juli 2011 stürmt die Polizei bewaffnet und mit Polizeihund in die Wohnung der Familie Tamino. Die damals fünfjährige Samira spielt gerade mit zwei Kindern einer Bekannten, die zu Besuch sind. Während der Verhaftung müssen alle Kinder in einem separaten Zimmer warten. 

«Sie haben mir verboten, mit meiner Tochter zu reden. Dabei war sie noch so klein und hat das alles nicht verstanden», sagt Anita Tamino. Später wird Samira von ihrem Vater, der von der Mutter getrennt lebt, abgeholt. Die anderen Mädchen von deren Grossvater. 

Ein Ferienhaus mit Stacheldraht?

Anita Tamino kommt in Untersuchungshaft an einem ihr unbekannten Ort. Jeglicher Kontakt wird in den ersten zwei Wochen wegen Verdunkelungsgefahr untersagt. Was Tamino am meisten beschäftigt: «Ich wusste nicht, wo meine Tochter lebte und wie es ihr ging.»

Weil viele Insassen nächtelang an die Türen hämmern und herumschreien, bittet Tamino um eine Versetzung nach Luzern. Diese wird ihr gewährt. Die Betreuungspersonen hier findet sie sehr nett und hilfsbereit. Sie schaltet einen Anwalt ein, um herauszufinden, wie es ihrer Tochter geht. Es vergehen allerdings nochmals zwei Wochen, bis sie ihr Kind wieder in die Arme schliessen kann. 

Für Samira (rechts) ist ihre Mutter bis heute die wichtigste Bezugsperson: «Ich habe sie während der zweijährigen Haft sehr vermisst.»

Die Besuchszeit dauert eine Stunde. «Das war für mich sehr emotional. Danach war ich nur noch am Weinen», sagt Anita Tamino. Im kargen Besuchszimmer mit einem kleinen Fenster und einer separaten Toilette befindet sich lediglich eine orange Couch. «Sonst nichts. Kein Kinderbuch oder etwas zum Malen», sagt Tamino. Samira sei die ganze Zeit zwischen der Couch und der Toilette hin- und hergelaufen.

Obwohl sie damals noch sehr klein war, erinnert sich Samira gut daran: «Ich habe ständig nach Mama gefragt. Als ich sie dann endlich sehen durfte, ging die Zeit viel zu schnell vorbei. Es kam mir vor wie fünf Minuten.» Das Kindergartenkind ist verstört. Es kann nicht verstehen, weshalb ihre Mutter plötzlich an einem anderen Ort lebt. «Papa sagte mir, dass du in den Ferien seist. Ich habe ihn dann gefragt: Aber warum hat es hier Stacheldraht?», erzählt Samira heute.

Während der viermonatigen U-Haft dürfen Mutter und Tochter sich insgesamt zweimal für eine Stunde sowie zweimal für 15 Minuten sehen. Telefonieren ist nicht erlaubt.

Fast sieben Jahre bis zum Urteil

Nachdem Anita Tamino aus der U-Haft entlassen ist, folgt eine schwierige Zeit voller Unsicherheiten. Weil sie die Miete nicht bezahlen kann, wird ihr die Wohnung gekündigt. Vom Sozialamt oder anderen Stellen erhält sie keine Unterstützung. «Ich konnte Samira zeitweise nicht einmal Schuhe oder Kleider kaufen, die sie benötigt hätte», sagt sie.

Nach und nach rappelt Tamino sich wieder auf. Die gelernte Informatikerin findet eine neue Stelle und eine neue Liebe. 2013 bringt sie ihr zweites Kind, Leon, zur Welt.

Kinder inhaftierter Eltern. Eine Mutter mit ihrer Tochter und ihrem Sohn.
Anita Tamino mit Sohn Leon und Tochter Samira (v.l.): «Die schlechten Nachrichten kamen häufig kurz vor Weihnachten», sagt die Mutter.

Bis die Staatsanwaltschaft die Klageschrift einreicht, dauert es dreieinhalb Jahre. Es folgen weitere drei Jahre mit zähen Verhandlungen bis vor Bundesgericht. Mehrmals legt Tamino Rekurs ein. Im Dezember 2017 wird schliesslich das Urteil gefällt: viereinhalb Jahre Haftstrafe. «Wir hassen Weihnachten mittlerweile. Die schlechten Nachrichten kamen häufig kurz davor», hält sie fest.

Mithilfe eines neuen Anwalts nimmt Anita Tamino einen letzten Anlauf und reicht ein Begnadigungsgesuch ein.» Ihre Argumente? Sie habe einen guten Job, die Kinder bräuchten sie, Samira sei aufgrund einer Operation am Rücken geschwächt und ihr Sohn habe kürzlich seinen Vater verloren. «Ich schickte ein dickes Dossier ein. Interessiert hat es offenbar niemanden. Das Gesuch wurde abgelehnt», sagt sie noch heute sichtlich enttäuscht.

Wenn es um meine Kinder geht, habe ich einen sturen Kopf. Ich wollte sie nicht im Stich lassen.

Anita Tamino

Innert zwei Wochen die Haftstrafe antreten

Ein halbes Jahr zuvor hatte die zweifache Mutter ein Gespräch mit der Vollzugsbehörde. Diese schenkte ihr ein Jahr Zeit, um ihre Kinder für die Zeit der Haftstrafe unterzubringen. «Nach dem Begnadigungsgesuch wollte die Behörde aber, dass ich innert zwei Wochen die Strafe antrete. Das war im Februar 2019», sagt sie. 

Noch gibt Anita Tamino sich nicht geschlagen und pocht mit ihrem Anwalt auf die von der UNO 1989 verabschiedete Konvention über die Rechte des Kindes. «Ich wusste nichts davon und habe mich voll in das Thema reingekniet.» Zweimal reicht sie Beschwerde ein. «Ich bin eine Kämpferin und wenn es um meine Kinder geht, habe ich einen sturen Kopf. Ich wollte sie nicht im Stich lassen. Ich habe wirklich alles probiert.»

UNO-Kinderrechtskonvention
Die vier Grundprinzipien zu den Kinderrechten:

Die 54 Artikel der UNO-Kinderrechtskonvention beruhen auf vier Grundprinzipien. Diese sind in den folgenden Artikeln verankert:

Das Recht auf Gleichbehandlung.

Kein Kind darf aufgrund seines Geschlechts, seiner Herkunft, seiner Sprache, seiner Religion oder seiner Hautfarbe benachteiligt werden. (Art. 2 UNO-KRK)

Das Recht auf Wahrung des Kindeswohls.

Werden Entscheidungen getroffen, die sich auf das Kind auswirken, hat das Wohl des Kindes Vorrang. Dies sowohl in der Familie als auch beim staatlichen Handeln. (Art. 3 UNO-KRK)

Das Recht auf Leben und Entwicklung.

Das Kind soll in seiner Entwicklung gefördert werden und Zugang zu Gesundheitsversorgung und Bildung haben. Es muss vor Missbrauch und Ausbeutung geschützt werden. (Art. 6 UNO-KRK)

Das Recht auf Anhörung und Partizipation.

Das Kind soll seine Meinung zu allen seine Person betreffenden Fragen oder Verfahren äussern können. Seine Meinung soll bei Entscheidungen mitberücksichtigt werden. Dazu gehört auch, dass es altersgerecht informiert wird. (Art. 12 UNO-KRK)

Quelle: www.kinderschutz.ch/kinderrechte/uno-kinderrechtskonvention

Ende August 2020 erhält Tamino den definitiven Entscheid für den Strafantritt. Erneut soll sie innert zwei Wochen ihre Haft antreten. «Was ist das für eine Frist? Das reicht ja nicht einmal für eine Kündigung», empört sie sich. 

Tochter Samira kann Anita Tamino auf eigene Initiative in einem Internat unterbringen, wo sie bis zum Lehrantritt bleiben kann. Noch ungelöst ist dagegen die Betreuung für den damals siebenjährigen Leon. Mutter und Sohn wollen, dass er zu seinem Gotti, der Schwester von Anita Tamino, ins Wallis geht. Diese würde ihren Neffen gerne zu sich nehmen. «Die Kesb Wallis begrüsste das. Die Kesb in Luzern war aber dagegen und konnte sich durchsetzen. Leon wurde bei komplett fremden Menschen platziert. Das frustriert mich bis heute», sagt Tamino.

Erschwerte Haftstrafe in Zeiten von Corona

Am 1. Dezember 2020 tritt Anita Tamino ihre Haftstrafe im Grosshof in Kriens an. In den ersten drei Wochen darf sie keinen Besuch bekommen. Auch nicht von ihren Kindern. Danach dürfen die Kinder ihre Mutter wöchentlich für eine Stunde besuchen. Wegen der Corona-Pandemie nur hinter einer Scheibe.

Sie stellt einen Antrag, um ihre Kinder im Familienzimmer sehen und vor allem umarmen zu können. «Die anschliessende Quarantänepflicht hätte ich gerne auf mich genommen», sagt sie. Doch dann wird Tamino Mitte Februar 2021 unerwartet schnell nach Hindelbank BE versetzt, der einzigen Haftanstalt in der Schweiz für Frauen. Alles ist wieder anders.

Nachdem sie ihre Kinder vier lange Monate nicht mehr gesehen hat, kann Anita Tamino im Mai das erste Mal für fünf Stunden inklusive Zugfahrt in den sogenannten Ausgang. Jedoch nur innerhalb der Kantonsgrenze. «Eine gute Freundin ist dann mit den Kindern nach Bern gekommen, wo wir knapp drei Stunden zusammen verbrachten.» 

Von da an darf sie einmal im Monat für fünf Stunden in den Ausgang sowie für 32 Stunden in den Urlaub. Den Urlaub darf sie auch ausserkantonal in Luzern oder im Wallis verbringen. Ihre Tochter kommt sie während der eineinhalbjährigen Haft in Hindelbank insgesamt nur zweimal besuchen. «Die Auflagen waren wegen der Pandemie sehr streng. Zudem war der Sicherheitsdienst sehr unfreundlich mit den Kindern und Samira fühlte sich dort nicht wohl», sagt sie.

Streit um teure Telefonkabine

Mit ihren Kindern darf Anita Tamino täglich je zehn Minuten telefonieren. Von einer internen Telefonkabine aus. «Es gab regelmässig Streit unter den Frauen wegen der Telefonzeiten. Alle wollten am Abend mit ihren Kindern oder Bekannten reden. Tagsüber waren die meisten ja in der Schule oder bei der Arbeit.» Wenn möglich habe sie zusätzliche Telefonzeit von anderen Insassinnen übernommen.

«Im Gefängnis zu telefonieren, ist teuer. Es hat mich 200 Franken im Monat gekostet. Ohne meinen Vater, der diese Kosten übernahm, hätte ich es nicht geschafft. Eine solche Unterstützung hatten viele der inhaftierten Mütter aber nicht», sagt sie.

Als meine Tochter mich brauchte, liess man sie nicht mit mir telefonieren.

Anita Tamino

Von ausserhalb dürfen Samira und Leon ihre Mutter hingegen nur einmal pro Woche für je zehn Minuten im Gefängnis anrufen. «Samira ging es phasenweise sehr schlecht und sie hat mehrmals versucht, mich zu erreichen. Man liess meine Tochter aber nicht zu mir durch. Ich habe das erst im Nachhinein erfahren. Solche Sachen machen dich fix und fertig. Eine Mutter will doch für ihr Kind da sein!»

Am 29. April 2022 wird Tamino in die neue Aussenwohngruppe in Hindelbank versetzt, wo sie wieder über ein eigenes Handy verfügt und jederzeit mit ihren Kindern telefonieren darf. Dort lebt sie mit drei weiteren Frauen zusammen in einer Wohngemeinschaft und kann endlich ihre Arbeit wieder aufnehmen. Ihr Chef zügelt dafür extra ihr Büro nach Bern. «Mein Chef ist der Hammer. Wirklich. Ich weiss nicht, was ich ohne ihn getan hätte», sagt sie voller Dankbarkeit.

Zweimal dürfen die Kinder bei ihrer Mutter in der Aussenwohngruppe übernachten. «Es hat uns so gutgetan. Warum war das nicht früher und nicht viel öfter möglich?», fragt sie sich.

Empfehlungen aus der Studie zur Situation von Kindern mit inhaftiertem Elternteil

  1. Umfassende Sensibilisierung
  2. Schaffung und Förderung von Kontaktmöglichkeiten
  3. Kindgerechte Ausgestaltung der Kontaktmöglichkeiten
  4. Familiensituation und Kinderperspektive berücksichtigen, Kinderinteressen vertreten
  5. Regelungen, Vereinheitlichung
  6. Ressourcen, Weiterbildung
  7. Vernetzung, Austausch, Zusammenarbeit der Akteure
  8. Anlaufstelle für Angehörige in der Deutschschweiz, nationale Omubdsstelle
  9. Empfehlungen bezüglich einer schweizweiten Statistik
  10. Weiterer Forschungsbedarf

Weitere Links dazu:

«Ich hatte niemanden zum Kuscheln»

Während die Mutter inhaftiert ist, wird Leon für knapp acht Monate bei einer Pflegefamilie im Kanton Luzern untergebracht. Es sei eine trostlose Zeit gewesen, über die er nicht gerne rede. «Ich hatte nur ein Plüsch-Einhorn und vermisste meine Mutter und meine Schwester sehr. Niemand war zum Kuscheln da», sagt Leon. Er dreht seinen Kopf weg und starrt den Boden an. Seine Sätze kommen stockend. 

Haftstrafe: Kinder mit Elternteil im Gefängnis. Sohn sitzt traurig am Tisch.
Leon erinnert sich nicht gerne an die Zeit bei der Pflegefamilie.

Die Pflegeeltern seien zwar höflich gewesen, doch auf eine kalte Art. Es habe auch komische Regeln gegeben wie täglich eine Zimmerstunde. «Ich sass dann einfach auf meinem Bett.» Einmal habe er mit einer der beiden Pflegetöchter ein Hotel für Marienkäfer gebastelt. Sonst habe er nicht mehr viele Erinnerungen an diese Zeit.

Ganz anders der Aufenthalt bei seinem Gotti im Wallis, der schliesslich doch noch bewilligt wurde. «Dort hatte es andere Kinder zum Spielen, meine Grosseltern wohnten gleich um die Ecke und es hatte Geissen und Schafe. Einmal durfte ich sogar einem Lamm Milch geben», erzählt er begeistert.

Die Vorteile des Hausarrests

Am 13. Oktober 2022 kann Anita Tamino dank dem Electronic Monitoring nach fast zwei Jahren Haft in den Hausarrest wechseln. Sie zieht mit ihren Kindern in eine neue Wohnung am Stadtrand von Luzern. In einer Ecke steht das blinkende Gerät, das mit der elektronischen Handfessel verbunden ist.

Um ihrer Arbeit nachgehen zu können, darf sie das Haus an Werktagen für zwölf Stunden inklusive Arbeitsweg verlassen. «Das funktioniert gut. Wenn ich mich zum Beispiel wegen eines Staus verspäte, kann ich einfach anrufen. Dann geht der Alarm nicht los.»

Kinder inhaftierter Eltern. Mutter zeigt Handfessel.
Anita Tamino hätte die Haftstrafe mit der elektronischen Handfessel (rechts oben) gerne viel früher angetreten.

Für Familien sei der Hausarrest eine sehr gute Lösung. «Ich lebe wieder mit meinen Kindern zusammen. Kann für sie da sein. Für sie waschen, kochen, meiner Arbeit nachgehen. Warum war das nicht von Anfang an möglich?»

Hausarrest sei Strafe genug, findet Tamino. «Klar, nach der geschlossenen Anstalt fühlt es sich zunächst wie im Paradies an. Doch die Strafe ist spür- und sichtbar. Du bist nicht einfach frei.» Auch finanziell ergeben sich viele Vorteile: «Die Kinder fremdzuplatzieren, kostet den Staat viel Geld. Ich verdiene auch deutlich mehr, wenn ich meinem Beruf nachgehe, als irgendwelchen Beschäftigungsarbeiten im Gefängnis, die nichts mit meinen Fähigkeiten zu tun haben. Das E-Monitoring sollte man unbedingt ausweiten», sagt sie.

Auf nach Italien

Ob die Kinder auch mal wütend waren auf ihre Mutter? «Nein, auf die Mutter nie», antwortet Samira für beide. «Sie hat immer wie eine Löwin für uns gekämpft.» Wenn, dann sei sie auf den Staat und seine Vertreter im Strafvollzug wütend. «Ich wünschte mir, dass man uns Kindern mehr zuhörte und wir mehr Mitspracherecht hätten.»

Von ihrer Mutter habe sie viel gelernt, darunter auch zwei wichtige Lektionen fürs Leben: «Erstens, wenn du Mist baust, dann steh dazu und übernimm die Verantwortung dafür. Zweitens, gib niemals auf!»

Anita Tamino blickt erneut auf ihre Handfessel. Am 17. Juli 2023 ist sie das Gerät endgültig los. Dann darf sie mit ihren Kindern zum ersten Mal nach vier Jahren wieder über die Schweizer Grenze in die Ferien fahren. Nach Italien, ans Meer. «Wir freuen uns riesig!»

Von diesem Tag an wird sie bis im Januar 2025 auf Bewährung sein. Das Ende einer langen Leidenszeit, die für Samira beinahe und für Leon die gesamte Kindheit andauerte, ist endlich in Sicht. 

*Namen der Redaktion bekannt

Maria Ryser

Maria Ryser
liebt grosse und kleine Kinder, zyklisch leben, Rilke, reinen Kakao, Klangreisen und Kreta. Die gebürtige Bündnerin arbeitet als stv. Leiterin auf der Onlineredaktion und ist Mutter zweier erwachsener Kinder und eines Primarschülers.

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