«Beim Thema Hausaufgaben kracht es immer wieder»

Astrid Mitchell und ihr Sohn geraten regelmässig aneinander. Meist wegen der gleichen Reizthemen: Hausaufgaben und Medienkonsum. Von ihrem Mann und ihrer Tochter kennt sie diese Wutausbrüche nicht.
Astrid Mitchell, 47, ist Lehrerin für Deutsch als Fremdsprache. Sie lebt mir ihrem Mann Bradley, 48, und den beiden Kindern Paul, 11, und Sarah, 9, in Thalwil ZH.
Ich bin überhaupt keine Frau, die Teller zerdeppert. Ich bin ein totaler Harmoniemensch, immer darauf bedacht, bei Konflikten eine gemeinsame Lösung zu finden. Mit meinem 11-jährigen Sohn und mir funktioniert das allerdings manchmal nicht. Paul und ich sind uns vom Temperament her relativ ähnlich. Wir sind beide ziemlich energiegeladen und emotional.
Mein Mann Bradley und unsere Tochter Sarah sind viel moderater und gelassener. Beim Thema Hausaufgaben kracht es leider regelmässig zwischen Paul und mir. So wütend bin ich sonst nie. Ich knalle dann auch schon mal ein Buch auf den Tisch oder er schliesst eine Tür mit Wumms. Für Aussenstehende sieht es vielleicht so aus, als ob ich überreagiere.
Letztendlich bin ich auf mich selbst wütend, weil ich die Situation nicht friedlich unter Kontrolle bringe.
Mein Mann sagt manchmal: ‹Reg dich nicht so auf. Das bringt doch nichts, wenn du laut wirst.› Aber er hat leicht reden, denn er ist im Alltag nicht immerzu mit diesem Reizthema konfrontiert. Für mich fühlt sich das an wie ein Vulkan, der permanent brodelt. Seit Jahren versuche ich Struktur in diese Geschichte zu bringen und Paul beizubringen, sich rechtzeitig und regelmässig an die Arbeit zu setzen. Leider mit wenig Erfolg. Wir mussten sogar schon Familienausflüge ausfallen lassen, weil er seine Aufgaben noch nicht gemacht hatte.
Ein Gefühl von grosser Machtlosigkeit
Wenn ich Paul ein oder zwei Mal freundlich bitte und erinnere, bringt das oft nichts. Bei kleinen Aufgaben im Haushalt ist das ähnlich: Erst wird diskutiert und Dinge werden oft nur widerwillig erledigt. Ab einem bestimmten Punkt schaffe ich es nicht mehr, freundlich und ruhig zu sein, ich verliere dann die Geduld und werde wütend, manchmal auch lautstark. Wohl fühle ich mich damit nicht. Ich möchte jedoch auch, dass mein Sohn weiss, dass mich sein Verhalten zur Weissglut treiben kann. Er soll wissen, wie es mir damit geht.
Aber ich hasse auch die Rolle der Zickenmutter, die herumschreit und Kommandos gibt. Letztendlich bin ich dann auch auf mich selbst wütend, weil ich die Situation nicht geduldig und friedlich unter Kontrolle bringe. Das ist ein Gefühl von grosser Machtlosigkeit.
Zum Glück können wir jedoch schon kurze Zeit nach so einem Wutanfall gut aufeinander zugehen. Wir besprechen und klären, was passiert ist, und entschuldigen uns beieinander. Wir sind gut darin, über unsere Gefühle zu reden. Und irgendwann werden wir hoffentlich gelernt haben, auch mit den Konfliktsituationen besser umzugehen.