«Ich bin stolz auf das Engagement meiner Kinder»

Barbora Gerny hat eine besondere Sicht auf elterlichen Stolz. Statt Höchstleistungen ihrer Kinder zu loben, feiert sie ihre Begeisterung und ihren Einsatz.
Barbora Gerny, 49, arbeitet als Galeristin und Fotografin. Sie lebt mit ihrem Mann Michael, 52, und ihren zwei Kindern Jonaš, 15, und Josefina, 14, in Erlenbach ZH.
Wenn Eltern so offensichtlich stolz auf ihre Kinder sind, kommt das ja nicht besonders gut an. Als ich noch keine Kinder hatte, fand ich es mehr als merkwürdig, dass ein Freund ständig davon erzählte, in wie vielen Dingen seine Kinder die Besten seien. Im Sport, beim Klavierspiel, in der Schule. Sozusagen unschlagbar. Ich habe mir damals geschworen, dass ich nie so mit meinen Kindern angeben möchte! Daran halte ich mich auch, ich erzähle nicht, was Jonas und Josefina alles Tolles auf die Beine stellen.
Vom ersten Moment an war ich unfassbar stolz auf die selbstverständlichsten Dinge.
Aber dieses Gefühl von Begeisterung über die eigenen Kinder kann ich inzwischen verstehen: Vom ersten Moment an war ich unfassbar stolz auf die selbstverständlichsten Dinge. Auf den ersten Schritt. Das erste Lächeln. Den ersten Zahn. Das erste Wort.
Diese ganz besondere Freude, die ich nur in Verbindung mit meinen Kindern kenne, ist mit den Jahren nicht weniger geworden. Sie überfällt mich manchmal regelrecht in ganz unerwarteten Momenten. Wenn ich das unbedingt jemandem mitteilen muss, dann rede ich mit meinem Mann oder meiner Mutter. Die freuen sich mit mir!
Mein Sohn hat sich zum Beispiel vor Kurzem dafür interessiert, auf ein besonderes Kunst-Gymnasium zu gehen. Die Aufnahmeprüfungen dort sind hart. Er hat wirklich viel dafür gearbeitet und die Mappe mit seinen Kunstarbeiten ist sehr gelobt worden. Er ist dann trotzdem nicht angenommen worden. Das hat ihn enttäuscht, aber ich war wahnsinnig stolz auf ihn.
Ich kenne diese Aufnahmeverfahren. Ich habe selbst erst im dritten Anlauf einen Platz für mein Kunststudium bekommen. Es ist ganz gut für die Persönlichkeit, wenn einem nicht alles sofort gelingt. Mich haben seine Haltung und sein Engagement begeistert und glücklich gemacht.
Elterlicher Stolz ohne Druck
Mein Mann und ich sind uns einig, was den elterlichen Stolz angeht. Wir sind nicht stolz, wenn eines unserer Kinder Top-Leistungen bringt, und loben das auch nicht explizit. Ich möchte meinen Kindern auch nicht vermitteln, dass Leistung und Karriere ein glückliches Leben versprechen. Wir loben sie, wenn sie Begeisterung und Einsatz zeigen.
Vor Kurzem waren wir bei unserer Familie in Prag und eine Cousine hat unsere Tochter Josefina gefragt, ob sie im Deutschunterricht etwas über die Schweiz erzählen möge. Ich weiss, dass es in diesem Alter viel Überwindung kostet, sich vor so viele fremde Menschen zu stellen und frei zu reden. Josefina hat von sich aus entschieden, dass sie das für ihre Cousine macht, und ihre Scheu überwunden. Ganz ohne mein Zutun oder meine Hilfe. Da war ich sehr beeindruckt und habe ihr gesagt: «Du kannst wirklich stolz auf dich sein. Ich bin es auch.»