«In den Fantasiewelten meiner Kinder sehe ich mich selbst»

Landwirt Christian Meier teilt oft die kindliche Perspektive seiner jüngeren Kinder und freut sich über manchen Unsinn. Seiner Frau Pia, schulische Heilpädagogin, geht das manchmal zu weit.
Christian Meier, 50, ist Landwirt. Er hat zwei grosse Kinder, 17 und 15 Jahre alt, aus erster Ehe. Mit seiner Frau Pia, 40, und seinen beiden jüngeren Kindern Corsin, 6, und Ladina, 3, lebt er auf seinem Hof in Niederweningen ZH.
Vor Kurzem sind bei unserer Jüngsten alle Stofftiere aus dem Bett geflogen. Ladina hat alle Kuschelviecher aus dem Fenster auf den Hof geworfen. Stattdessen hat sie die Blumen und Kräuter von der Fensterbank zu sich ins Bett geholt. Das ist natürlich eine Idee, die nicht so ganz den Regeln und dem Geschmack von uns Eltern entspricht. Ich musste mir aber wirklich Mühe geben, ernst zu bleiben und streng zu sein. Eigentlich muss ich bei solchen Sachen schmunzeln.
Ich finde es nämlich irgendwie schön, wenn die Kinder solchen Unsinn machen. Wenn ihnen etwas durch den Kopf schiesst und sie es einfach ausprobieren. Vielen Erwachsenen fällt es schwer, die kindliche Perspektive einzunehmen und in diese Fantasiewelten abzutauchen. Das ist bei mir anders.
Wir verbieten nichts, ohne zu begründen, warum wir das tun.
Es ist nicht so, dass ich mit meinen Kindern ständig auf Entdeckungstouren gehe oder imaginäre Fabelwesen jagen würde. Dafür fehlt mir auch einfach die Zeit während der Arbeit auf dem Hof. Sechzig Rinder, sechs Ziegen, viele Hühner und Kaninchen müssen erst mal versorgt sein. Aber ich bekomme die Spiele der Kinder mit.
Grosser Spielraum für die Kinder
Die haben tausend Ideen: Corsin entwirft viele Maschinen, einen Trampitraktor zum Beispiel. Ladina hütet jede Menge liebe und böse Drachen. Dieses gedankliche Herumspinnen, dieses ‹Was wäre wenn und wie wäre das› kann ich gut nachvollziehen. In diesen Fantasiewelten sehe ich mich selbst wieder, ich fühle mich meinen Kindern da verbunden.
Ich höre auch oft, wenn die beiden irgendeinen Unsinn aushecken. Ich lasse sie dann in der Regel gewähren und ermahne sie erst nach einer gewissen Zeit. Meine Frau Pia ist da meistens schneller als ich, sie ist auch strenger. Das liegt zum einen daran, dass sie mehr Zeit mit den Kindern verbringt.
Aber sie ist auch selbst mit viel strikteren Vorgaben gross geworden, als es bei mir der Fall war. Ihr ist der Unfug manchmal zu viel. Mir nicht, aber das heisst nicht, dass es bei uns keine Regeln gibt. Wir verbieten allerdings nichts, ohne zu begründen, warum wir das tun. Meine Frau und ich sind uns einig: Den grossen Spielraum, den ich hatte, diese ungebremste Entdeckung des Abenteuers Leben sollen auch Corsin und Ladina haben.