Wie war eigentlich euer erster Schultag?
Den Lehrer anhimmeln, Freundschaften schliessen, in der Mama-Bubble leben. Wir haben auf der Redaktion Geschichten rund um den Schulstart und die ersten Jahre der Primarschule gesammelt. Erkennen Sie sich wieder?
Hauptsache neben der besten Freundin sitzen
Schulstart: 1982
Ort: Wilnsdorf NRW, Deutschland
Meine Erinnerungen: Ich komme aus einem kleinen Dorf, in dem die Primarschule ein weites Einzugsgebiet hatte. Die Kinder kamen von überall her. Um so grösser die Spannung, wer denn nun in meiner Klasse sein würde.
Dabei zählte vor allem eine Person ganz besonders: meine beste Freundin Steffie – neben ihr wollte ich sitzen, komme was wolle. Dazu der Schulranzen, den ich am Vortag mindestens fünfmal ein- und wieder ausgeräumt hatte und die grösste Überraschung: die Schultüte!
Freunde sind das Allerbeste, das ich aus meinen vielen Schuljahren mitgenommen habe.
Virginia Nolan
Wie ein Schluck Milch die Freundschaft besiegelt
Schulstart: 1990
Ort: Schulhaus Untermoos, Zürich
Meine Erinnerungen: Meine Freunde sagen, ich hätte ein Elefantengedächtnis. Seien es die Telefonnummern meiner Freundinnen aus der Primarschule, ihre Geburtstage oder die Namen ihrer Tanten x-ten Grades: alles noch im Kopf. In Sachen erster Schultag lässt mich mein Langzeitgedächtnis allerdings im Stich.
Ich erinnere mich an – fast – nichts. Ausser an Manuela, die etwas verloren auf dem Pausenplatz herumstand und eine blaue Umhänge-Flasche in Fischform trug. Ich weiss noch, wie ich sie ansprach und sie mir daraufhin einen Schluck Milch anbot. Damit war eine Freundschaft besiegelt, die uns so manches Abenteuer bescherte. Freunde sind das Allerbeste, das ich aus meinen vielen Schuljahren mitgenommen habe.
Sorgenfrei in der Mama-Bubble
Schulstart: 1978
Ort: Horgen ZH
Meine Erinnerungen: Mein erster Schultag, wie der war? Keine Ahnung, da kommen keine Bilder hoch. Woran ich mich noch schwach erinnern kann, ist die öffentliche Vorführung eines Schultheaters in der dritten Klasse. In der einen Nummer machte ich mit einem Schulkameraden den Clown, in viel zu grossen Schuhen und mit einem Hut auf dem Kopf, der mir immer über die Augen rutschte. Das gab viel zu lachen im Publikum.
In der anderen Nummer wurde eine Raubtierdressur aufgeführt, da krochen wir als Löwen verkleidet auf allen Vieren auf der Bühne herum. Der Rest der Primarschule scheint nicht existiert zu haben. Ich schwebte wohl sorgenfrei in einer wohlbehüteten «Alles ist gut»-Mama-Bubble herum.
Wir waren in der ersten Klasse nur zehn Kinder: fünf Mädchen und fünf Buben. Was für ein Luxus!
Maria Ryser
Fräulein Stettler und die klebrige Zimmerpflanze
Schulstart: 1984
Ort: Villnachern AG
Meine Erinnerungen: Im Aargau der 1980er-Jahre startete die Schule im Frühling. Ich muss schon damals einen extravaganten Kleiderstil gehabt haben: dunkelblauen Manchester mit weinrotem Plüsch, knallroten Gummistiefeln und einem orangefarbenen Thek zu kombinieren – nicht schlecht. Markus, der gleichaltrige Nachbarsjunge, holte mich in den ersten drei Jahren der Primarschule jeden Morgen ab und wartete geduldig, bis ich all meine sieben Sachen beisammen hatte. So auch am ersten Schultag.
Wir waren in der ersten Klasse nur zehn Kinder: fünf Mädchen und fünf Buben. Was für ein Luxus! Fräulein Stettler (das Fräulein war damals noch üblich) schenkte uns eine hellgrün und weiss gestreifte Zimmerpflanze, die nach kurzer Zeit klebrige Blätter bekam. Ich war von Anfang an eine wissbegierige und begeisterungsfähige Schülerin. Lernen und Fragen stellen erfüllt mich bis heute. Kein Wunder bin ich Journalistin geworden.
Schon nach ein paar Metern war klar, dass es zwischen uns nicht bei einer Bekanntschaft bleiben würde.
Lisa Groelly
Der Beginn von etwas Grossem
Schulstart: 1999
Ort: Gelterkinden BL
Meine Erinnerungen: Vom offiziellen Teil meines ersten Schultags weiss ich nicht mehr viel. Ich glaube, wir haben alle eine Sonnenblume bekommen und auf dem Pausenplatz sangen die älteren Schülerinnen und Schüler ein Lied für uns.
Was ich aber nie vergessen werde, ist der Schulweg. Diesen bin ich gemeinsam mit einem Mädchen aus der Nachbarschaft angetreten, weil sich unsere Eltern flüchtig kannten. Schon nach ein paar Metern war klar, dass es zwischen uns nicht bei einer Bekanntschaft bleiben würde. Von diesem Tag an haben wir den Weg einmal quer durchs Dorf stets gemeinsam in Angriff genommen. Neun Jahre lang. Für die zwei Kilometer brauchten wir mal zwanzig Minuten, mal eine Stunde. Heute teilen wir zwar nicht mehr den Schulweg, aber dafür seit 24 Jahren wundervolle Erinnerungen: Das Mädchen aus der Nachbarschaft ist bis heute meine beste Freundin.
Im Sommer barfuss zur Schule
Schulstart: 1968
Ort: St. Gallen
Meine Erinnerungen: Herr Stehrenberger war ein freundlicher Mann. Wenn sich unser Erstklasslehrer in den Stuhlkreis setze, wusste er nicht wohin mit den Beinen, denn Herr Stehrenberger war sehr gross. Wenn er mit Kreide an die Tafel schrieb, quietschte es. Das war ihm unangenehm.
Ich habe Herrn Stehrenberger ein bisschen angehimmelt, denn er spielte Gitarre und Blockflöte.
Mein Schulranzen war aus echtem Kuhfell und hatte zwei Katzenaugen. Ich trug ihn mit Stolz auf meinem Schulweg, der an einem Bach entlangführte. Im Sommer lief ich barfuss, Elterntaxis gab es nicht. Wo heute Wohnblocks stehen, war eine Wiese mit Obstbäumen.
Ich ging gern zur Schule. Vor allem wegen Herrn Stehrenberger. Ich glaube, er mochte mich. Ich habe ihn ein bisschen angehimmelt, denn er spielte Gitarre und Blockflöte. Später wollte ich auch Lehrer werden. Für die Aufnahmeprüfung ins Lehrerseminar hat es nicht gereicht. Mein Blockflötenspiel war ungenügend.