Kindern sollte man nichts verbieten, da sie sonst zu kleinen Rebellen werden. Stimmt’s?
Erziehungsmythos 7:
Das sagen die Experten:
Für diese Umkehrung der Methoden der Elterngeneration gibt es vermutlich zwei Gründe. Der eine ist eindeutig: Es ist eine ganz normale Reaktion, genau das Gegenteil von dem zu tun, was die eigenen Eltern praktiziert haben. Der andere Grund ist der, dass die Gründe für die vielen Neins verschwunden sind – zum Beispiel haben heutige Eltern immer Geld für eine Tafel Schokolade. Das war früher wirklich anders. Und was früher auch anders war, ist die Tatsache, dass es unter den Eltern einen Konsens gab. Sie sagten: «Nein, du darfst das in deinem Alter nicht tun!», und wussten, dass das auch die anderen Eltern so handhabten. Wenn du das einem Kind heute sagst, kann es dir auf der Stelle mithilfe des Handys beweisen, dass sein Freund das tun darf, was er nicht darf. Es ist eine grosse Herausforderung für postmoderne Eltern, ihre eigenen Werte zu finden.
Du musst klar sein in dem, was du willst. Es gibt jedoch Phasen im Leben, in denen alles unklar ist und du weder ein noch aus weisst. Aber auch das kannst du dann deinem Partner oder deinen Kindern klar sagen. Zum Beispiel: Deine Tochter kommt aus der Schule und fragt dich: «Kann ich heute Nacht bei Christina schlafen?» Deine automatische Antwort wäre: «Nein, das hast du schon letzte Woche getan, und das ist vielleicht für Christinas Mutter zu viel!» Aber mit dieser Antwort verrätst du, dass nicht du sprichst, sondern der elterliche Kassettenrekorder leiert sein Lied herunter. Wenn du dich nun selbst als Mutter oder Vater fragst: «Will ich, dass meine Tochter anderswo übernachtet?», dann kann es sein, dass die Antwort zunächst lautet: «Keine Ahnung, ich weiss es nicht!» Und genau das kannst du deiner Tochter mitteilen: «Ich weiss es nicht. Ich muss darüber eine Weile nachdenken, und dann sag ichs dir!» Das ist für deine Tochter eine klare Auskunft. Dieses Verhalten ist wärmer und humaner, als von vornherein eine Regel aufzustellen. Da gibt es keinen Kontakt, keinen Austausch, keine Entwicklung mehr, nur noch die Regel. Und sehr schnell kann sich dann deine Familie in ein Militärcamp verwandeln! Es wird von Eltern immer erwartet, dass sie alles sofort wissen. Und dabei ist es wunderbar, wenn sie vielleicht mal etwas nicht sofort wissen und es sich noch durch den Kopf gehen lassen müssen.»
Alle Erziehungsmythen im Überblick:
Lesen Sie hier die Antworten auf 15 Erziehungsmythen:
- Gute Noten sollte man mit Geld belohnen
- Handy-Entzug als Strafe ist sinnvoll
- Ein Kind mit viel Freiheiten wird verantwortungsvoller
- Einzelkinder sind verwöhnt und können nicht teilen
- Raufende Kinder werden kriminell
- Wer mit seinen Kindern streitet macht sie streitsüchtig
- Mit viel Spielzeug fühlt sich ein Kind geliebt
- Scheidungskinder sind beziehungsunfähig
- Trotzende Kinder brauchen härtere Erziehung
- 13-Jährige kann man nicht mehr erziehen
- Als Eltern sollte man auch beste Freunde seiner Kinder sein
- Ab der 1. Klasse sollte ein Kind ein Smartphone erhalten
- Früh geförderte Kinder werden erfolgreicher
- Eine Ohrfeige hat noch keinem Kind geschadet
Im 132 Seiten starken Ratgeber kommen 51 Expertinnen und Experten zu Wort. NeuabonnentInnen erhalten das Booklet geschenkt. Eine Einzelausgabe kostet 14.90 Fr. plus Versandkosten; Sie können es hier bestellen.
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Früher verlangten Eltern von ihren Kindern Gehorsam, heute wird in Familien fast alles ausdiskutiert. Die Folge sind Kinder, die zu geliebten Nervensägen werden, beklagen Fachleute. Setzen Eltern sich tatsächlich zu wenig durch und diskutieren zu viel?