«Bildung darf kein Luxusgut sein»
Die gemeinnützige Stiftung Educa Swiss unterstützt junge Erwachsene bei der Umsetzung ihrer Bildungsvorhaben. Laut Geschäftsführer Simon Merki setzt sich die Stiftung mit Coachings und Darlehen aktiv dafür ein, dass benachteiligte Frauen und Männer gleiche Chancen haben wie Personen aus einem besseren ökonomischen oder bildungsnahen Umfeld.
Herr Merki, wie viele junge Frauen und Männer werden aktuell von Educa Swiss unterstützt?
Zurzeit begleiten wir rund 400 Personen in verschiedensten Aus- oder Weiterbildungen. Sei es eine handwerkliche Lehre, ein Hochschulstudium oder ein Auslandssemester – wir unterstützen alle Ausbildungen, die zu einem Berufseinstieg befähigen. Im Schnitt reichen pro Kandidatin oder Kandidat «überschaubare» 15’000 Franken, um die Lücke im Budget zu füllen, die Ausbildung ohne finanzielle Überraschungen erfolgreich abzuschliessen und die jeweilige Lebenssituation nachhaltig zu verändern.
Welche Personen unterstützen Sie typischerweise?
Eine Gruppe betrifft Personen in einer Zweitausbildung. Nach der Erstausbildung sind Eltern und öffentliche Stipendienstellen nicht mehr zuständig. Eine zweite Gruppe steht in Erstausbildungen und stammt aus der Mittelschicht. Auf dem Papier erkennt das Stipendienamt bei ihnen kein Problem, da die Eltern über ein vermeintlich aus-reichendes Einkommen verfügen. Dadurch steht ihnen keine staatliche Förderung zu. Die Schwierigkeiten entstehen dann, wenn Eltern zwar über ausreichend finanzielle Mittel verfügen, aber ein Kind nicht unter-stützen wollen oder das Vermögen zum Beispiel in Wohneigentum gebunden ist. Die dritte Gruppe fällt infolge staatlicher und gesellschaftlicher Benachteiligungen, wie bildungsfernes Umfeld oder Migrations-hintergrund, durch die Maschen. Mit dem Coaching und den Bildungsdarlehen wollen wir erreichen, dass Bildung kein Luxusgut
Interessierte müssen folgende drei Voraussetzungen erfüllen: Sie wohnen in der Schweiz, sind volljährig und verfolgen ein konkretes Berufsziel. In einem vorgefertigten Dossier planen und budgetieren die Kandidierenden ihr Bildungsprojekt zunächst selbst. Anschliessend stellt Educa Swiss Ihnen einen kostenlosen Coach an die Seite, der dabei hilft, den realen Finanzbedarf für das Ausbildungsvorhaben zu ermitteln und verschiedene Finanzierungsmöglichkeiten auszuloten. Wird ein Finanzbedarf festgestellt, vermittelt die Stiftung zinsgünstige Bildungsdarlehen von philanthropisch motivierten Darlehensgebenden und Stiftungen, die erst nach erfolgreichem Eintritt in das Berufsleben nach und nach zurückzuzahlen sind.
Weitere Infos: www.educaswiss.ch
Aktuell nehmen die Anfragen rasant zu. Wegen der Pandemie?
Die enorme Zunahme an Gesuchen schreiben wir zum einen der weiterhin instabilen finanziellen Lage bei Studierenden zu. Zum anderen finden immer mehr Personen zu uns, die auch ohne Pandemie finanziell benachteiligt sind, und diese gibt es auch in der Schweiz. Und ja, viele Studierende sind nach wie vor von den Auswirkungen der Corona-Krise betroffen. Sie finanzierten ihr Studium häufig mit Jobs in Bereichen, welche sich von der Pandemie noch immer nicht gänzlich erholt haben, so etwa im Event-, Gastro- und Tourismussektor. Doch nicht nur die Studierenden, sondern oftmals auch ihre Eltern, welche doch meist als erste Anlaufstelle für finanzielle Unterstützung gelten, haben noch mit den Langzeitfolgen von Kurzarbeit und Jobverlust zu kämpfen.