Psychische Gewalt: Unser Thema im Februar
Drohungen, Demütigungen, Liebesentzug: Eltern verletzen oft auch ohne Schläge – wie sie ihre Muster durchbrechen.
Chefredaktor Nik Niethammer stellt Ihnen das Dossier Psychische Gewalt und weitere Themen der Februar-Ausgabe vor. Das neue Magazin erscheint am Mittwoch, 2. Februar 2022. Sie können das Heft auch online bestellen.
Mal ehrlich: Wann haben Sie Ihr Kind zum letzten Mal genötigt, mit Liebesentzug gedroht? Mit Sätzen wie «Es macht mich traurig, dass du dein Instrument nicht übst». Oder «Wenn du jetzt nicht sofort dein Zimmer aufräumst, mag ich später auch nicht vorlesen».
Drohen. Abwerten. Schimpfen. Das Kind klein machen, entmutigen und verachten, wenn es sich nicht so verhält, wie Eltern es möchten. Psychische oder seelische Gewalt ist die häufigste Form von Gewalt in Familien. Viele Kinder erleben sie täglich, sie wird ihnen bewusst, oft auch ungewollt, zugefügt. Psychische oder seelische Gewalt ist schwieriger zu definieren als physische Gewalt, weil sie nicht sichtbar ist. Sie ist aber spürbar. Verbale Aggressionen oder nonverbale Gesten können Kinder schwer verletzen und dauerhaft krank machen.
Das Dossier «Psychische Gewalt» meiner Kollegin Virginia Nolan will sensibilisieren. Aufklären. Bewusst machen, wie verbreitet psychische Gewalt im Familienalltag ist. Und wie subtil diese Gewaltform ist, die Eltern oft gar nicht als solche erkennen. Wo beginnt seelische Gewalt, und wie schärfen wir unseren Sinn dafür?
Kennen Sie das auch? Sie lesen ein Interview und denken: Wow! Auf den Punkt. So erging es mir bei unserem Monatsgespräch mit dem Vätercoach Carsten Vonnoh. Der zweifache Vater erklärt, was Männer tun müssen, um besser in ihrer Vaterrolle anzukommen. «Der erste Schritt ist, ehrlich zu sein mit sich selbst. Es ist vielen Vätern nicht klar, wie sie als Vater sein wollen. Es braucht Zeit, diese Rolle für sich zu definieren, sich von Ansprüchen zu lösen, die unnötig Stress machen.» Vonnoh fordert uns Männer auf, mutiger zu sein. Wir würden zu wenig darauf schauen, was für uns und unsere Familie gut wäre, weil wir so getrieben seien vom Funktionieren, vom Leisten. «Trauen Sie sich, andere Wege auszuprobieren. Verharren Sie nicht im alten Trott.» Ich lege Ihnen, liebe Väter, liebe Mütter, das Interview sehr ans Herz.
Kinder sind nicht für unser Wohlbefinden zuständig.
Martina Schmid, dreifache Mutter, Primarlehrerin, Heilpädagogin und Beraterin beim Schweizer Elternnotruf.
Haben Sie schon von unserer Vortragsreihe «Kosmos Kind» gehört? Im Rahmen einer gemeinsamen Initiative der Stiftung Elternsein, Herausgeberin von Fritz+Fränzi, und der Akademie. Für das Kind. Giedion Risch vermitteln seit 2020 renommierte Expertinnen und Experten im Dialog mit dem Publikum spannende Erkenntnisse aus Forschung und Praxis. «Kosmos Kind» erfährt in diesem Jahr – so Corona denn will – eine Fortsetzung mit 15 Vor- trägen und Gesprächen, die Sie inspirieren werden. Die Themen sind breit gefächert: «Was braucht eine Familie, um glücklich zu sein?», «Wie sieht die Schule der Zukunft aus?» oder «Mehrsprachig aufwachsen – was bedeutet das für mein Kind?» Sind Sie neugierig geworden? Dann freue ich mich, Sie an einem der Vorträge begrüssen zu dürfen.
Ich wünsche uns allen ein weniger anstrengendes, ein weniger seltsames Jahr als das vergangene. Versuchen Sie Ihrem Kind jeden Tag das Gefühl von Sicherheit und Geborgenheit zu geben. Und bleiben Sie zuversichtlich.
Herzlichst,
Ihr Nik Niethammer