03. Februar 2022
Was tun, wenn Wutanfälle Familienausflüge verhindern?

Lesedauer: 1 Minuten
Die ganze Familie steht bereit. Der gemeinsame Ausflug könnte losgehen, doch der Sohn schmeisst sich auf den Boden und will nicht mit. Was tun, bei solchen Wutanfällen? Erfahren Sie, was unser Expertenteam dazu sagt.
Eine Frage – drei Meinungen
Unser Sohn, 11, hindert die Familie an gemeinsamen Unternehmungen, wenn er darauf keine Lust hat. Er schmeisst sich auf den Boden und schreit. An ein Weggehen ist nicht zu denken. Wie sollen wir auf sein Verhalten reagieren?
Claudia, 40, Chur GR
Das sagt unser Expertenteam dazu:

Stefanie Rietzler
Auch wenn Sie es gut meinen: Vielleicht ist ihm – wie vielen Jugendlichen – das Alltagsprogramm einfach zu viel und er zeigt durch seine Ausbrüche, dass er eine Verschnaufpause braucht. Fehlt ihm Zeit für sich, für Freunde? Setzen Sie sich doch als Familie zusammen und besprechen Sie, wie jede und jeder Einzelne von Ihnen sich die Freizeit und Familienzeit vorstellt. Vielleicht darf auch jedes Familienmitglied auf Zettel schreiben, welche gemeinsamen Unternehmungen es sich wünscht, und man zieht jedes Mal im Wechsel ein Los, sodass alle miteinbezogen sind. Dabei gilt: Auch zu Hause bleiben und ausspannen ist eine adäquate Familienaktivität!
Auch wenn Sie es gut meinen: Vielleicht ist ihm – wie vielen Jugendlichen – das Alltagsprogramm einfach zu viel und er zeigt durch seine Ausbrüche, dass er eine Verschnaufpause braucht. Fehlt ihm Zeit für sich, für Freunde? Setzen Sie sich doch als Familie zusammen und besprechen Sie, wie jede und jeder Einzelne von Ihnen sich die Freizeit und Familienzeit vorstellt. Vielleicht darf auch jedes Familienmitglied auf Zettel schreiben, welche gemeinsamen Unternehmungen es sich wünscht, und man zieht jedes Mal im Wechsel ein Los, sodass alle miteinbezogen sind. Dabei gilt: Auch zu Hause bleiben und ausspannen ist eine adäquate Familienaktivität!

Nicole Althaus
Ihr Sohn hat ganz offensichtlich gelernt, dass er seinen Willen mit Tobsuchtsanfällen der Familie aufzwingen kann. Diesen Triumph dürfen Sie nicht mehr zulassen. Wenn an gemeinsames Weggehen nicht zu denken ist, dann bleibt eben jemand beim Sohn zu Hause, die anderen tun, was geplant war. Selbstverständlich darf er weder fernsehen noch gamen. So wird er in seinem Zimmer ohne Unterhaltung schnell bereuen, den Ausflug torpediert zu haben, und das nächste Mal vielleicht kooperativer sein. Das übernächste Mal ganz bestimmt.
Ihr Sohn hat ganz offensichtlich gelernt, dass er seinen Willen mit Tobsuchtsanfällen der Familie aufzwingen kann. Diesen Triumph dürfen Sie nicht mehr zulassen. Wenn an gemeinsames Weggehen nicht zu denken ist, dann bleibt eben jemand beim Sohn zu Hause, die anderen tun, was geplant war. Selbstverständlich darf er weder fernsehen noch gamen. So wird er in seinem Zimmer ohne Unterhaltung schnell bereuen, den Ausflug torpediert zu haben, und das nächste Mal vielleicht kooperativer sein. Das übernächste Mal ganz bestimmt.

Peter Schneider
Ich neige gewiss nicht zu überflüssigen Pathologisierungen; das heisst aber nicht, dass in meinen Augen auch alles gut und gesund ist, was Kinder tun, beziehungsweise dass sich alle aktuellen Störungen dann schon mit der Zeit einmal auswachsen. Ihr Sohn hat unübersehbar ein grösseres Problem. Dieses Problem belastet sowohl ihn als auch Sie, und mit einer «richtigen Reaktion» ist es da nicht getan. Kurz: Gehen Sie zu einer Beratungsstelle, in Chur beispielsweise zum kinderpsychiatrischen Dienst.
Ich neige gewiss nicht zu überflüssigen Pathologisierungen; das heisst aber nicht, dass in meinen Augen auch alles gut und gesund ist, was Kinder tun, beziehungsweise dass sich alle aktuellen Störungen dann schon mit der Zeit einmal auswachsen. Ihr Sohn hat unübersehbar ein grösseres Problem. Dieses Problem belastet sowohl ihn als auch Sie, und mit einer «richtigen Reaktion» ist es da nicht getan. Kurz: Gehen Sie zu einer Beratungsstelle, in Chur beispielsweise zum kinderpsychiatrischen Dienst.
Haben auch Sie eine Frage?
In dieser Rubrik beantworten Expertinnen und Experten IHRE Fragen zu Erziehung und Alltag mit Kindern.
Schreiben Sie eine E-Mail an: redaktion(at)fritzundfraenzi.ch
Das Expertenteam:
- Stefanie Rietzler ist Psychologin, Autorin («Geborgen, mutig, frei», «Clever lernen») und leitet die Akademie für Lerncoaching in Zürich. www.mit-kindern-lernen.ch
- Peter Schneider, 62, ist Kolumnist, Satiriker, Psychoanalytiker, Privatdozent für klinische Psychologie an der Uni Zürich und Gastprofessor für Geschichte und Wissenschaftstheorie der Psychoanalyse in Berlin.
- Nicole Althaus, 51, ist Chefredaktorin Magazine und Mitglied der Chefredaktion der «NZZ am Sonntag», Kolumnistin und Autorin. Sie hat den Mamablog auf tagesanzeiger.ch initiiert und geleitet und war Chefredaktorin von «wir eltern». Nicole Althaus ist Mutter von zwei Kindern im Alter von 20 und 16 Jahren.