Was ist ein nachhaltiges Handy?
Medienkompetenz bedeutet auch, sich Gedanken über ökologische Aspekte zu machen. Langlebigkeit ist dabei der Schlüsselbegriff.
Kürzlich hatte ich eine spannende Diskussion mit meinem Kollegen Marius Schlegel, der bei Swisscom für Fragen der Unternehmensverantwortung zuständig ist. Während ich mich eher mit sozialer Nachhaltigkeit auseinandersetze, engagiert sich Marius für die ökologische. Manchmal geraten wir – auf sehr kollegialer Basis – aneinander. Natürlich findet jeder von uns «seine» Nachhaltigkeit wichtiger. (Wobei auch er weiss: Soziale Nachhaltigkeit ist King.)
Nur: Wie entscheidet man eine solche Frage? Was ist «wichtiger»? Medienkompetenz oder ökologische Nachhaltigkeit? Die Diskussion mit Marius zeigte mir: Das eine geht nicht ohne das andere. Denn Medienkompetenz ist mehr als nur der richtige Umgang mit den Geräten. Viel mehr.
Das ökologischste Handy ist jenes, das man im Hosensack hat.
Während unserer Diskussion überraschte er mich mit einem simplen Satz, den ich zuerst gar nicht richtig verstanden habe: «Das ökologischste Handy ist jenes, das man im Hosensack hat.» Wie bitte? Nicht das Fairphone oder ein anderes Produkt, das auf Reparierbarkeit und nachhaltig gewonnene Rohstoffe setzt?
Während unserer Diskussion überraschte er mich mit einem simplen Satz, den ich zuerst gar nicht richtig verstanden habe: «Das ökologischste Handy ist jenes, das man im Hosensack hat.» Wie bitte? Nicht das Fairphone oder ein anderes Produkt, das auf Reparierbarkeit und nachhaltig gewonnene Rohstoffe setzt?
- Seien Sie ein Vorbild. Kinder erkennen Widersprüche sehr schnell. «Du brauchst kein neues Handy, das alte ist doch noch tipptopp» ist schwierig zu vermitteln, wenn Sie selbst sich alle zwei Jahre ein neues Smartphone gönnen.
- Ersetzen Sie Ihre Geräte und jene Ihrer Kinder nur, wenn es wirklich nötig ist.
- Versuchen Sie, den Secondhand-Gedanken attraktiv zu machen. Was bei Kleidern eine Selbstverständlichkeit ist, kann auch für andere Produkte gelten.
- Wer sein Handy sorgsam behandelt, bekommt mehr Geld auf dem Occasionsmarkt.
- Damit der vorherige Punkt ein Argument ist, sollten sich Kinder und Jugendliche am Kauf eines neuen Geräts beteiligen. Ein fixer Betrag ist besser als die Hälfte des Preises. Im besten Fall (beim Kauf einer Occasion) wird das neue Gerät vollständig von den Eltern berappt.
- Mittel- und hochpreisige Geräte sind langlebiger. So ein Smartphone hält heute problemlos fünf Jahre und mehr.
Wenn das älteste Handy das coolste wäre
Und schon sind wir mitten im Thema Medienkompetenz und beim Einfluss der Eltern. «Schön wäre es doch», führte Marius mit vorgebeugtem Oberkörper aus, «wenn auf dem Pausenplatz nicht derjenige mit dem neusten Handy der Coolste wäre, sondern jene mit dem ältesten Handy, einem mit Patina, dem man den Gebrauch so richtig ansieht. Das ist doch auch Medienkompetenz!» Das sass.
Tatsächlich sind nicht Kinder und Jugendliche die Treiber der ganzen Diskussion. Sie machen einfach nach, was sie bei den Erwachsenen sehen. Smartphones sind Statussymbole, die häufig ausgetauscht werden. Warum sollten unsere Kinder das anders machen?
Eltern haben eine Vorbildfunktion: Sie sollten nicht verschämt auf ihr vierjähriges Handy verweisen, sondern stolz dessen Alter betonen. Ein super Gerät, das einfach nicht totzukriegen ist!
Wir versuchten dann gemeinsam herauszufinden, wo man ansetzen könnte. Das Ziel sollte sein, das eigene, bereits gekaufte Handy möglichst lange zu nutzen. «Das muss man nicht mal selbst machen», betonte Marius. Wie jetzt? Neue Handys sind doch noch erlaubt?
Marius lachte: «Klar, es gibt ja einen funktionierenden Occasionsmarkt. Wer sein altes Handy in Zahlung gibt, bekommt beispielsweise von Swisscom einen anständigen Betrag auf dem neuen Gerät gutgeschrieben. Die Daten auf dem alten Smartphone werden fachmännisch gelöscht und es wird wieder zum Verkauf angeboten.»
Und Marius spann den Faden weiter: «Wenn Eltern das neue Handy nicht komplett bezahlen, sondern nur einen bestimmten Betrag, kann das für Kinder und Jugendliche ein Anreiz sein, sich ein Occasionshandy anzuschaffen.»
60 Prozent aller Schweizer Kinder tragen Occasionskleider. Von den Geschwistern, den Cousins oder auch aus der Kleiderbörse im Dorf. Das ist praktisch, günstig, häufig sehr cool und natürlich sehr nachhaltig. Marius hatte – schon wieder! – natürlich recht. Ein akzeptiertes Verhalten, das sich problemlos auf die Anschaffung elektronischer Geräte ausweiten liesse.
Günstige Geräte müssen öfter ersetzt werden
Jetzt musste mir Marius aber noch eine Frage beantworten: Wenn ich trotz allem ein neues Handy brauche: Was für eines empfiehlt er? Welche Marke ist am nachhaltigsten? Er holt etwas aus: «Mittel- und hochklassige Smartphones sind heute sehr gut gegen Feuchtigkeit und Staub geschützt. Das macht sie sehr langlebig. Der Nachteil: Da sie komplett verschweisst sind, lassen sie sich nicht so gut reparieren.
Wer sein Gerät möglichst lange benutzen will, sollte ein mittel- oder hochklassiges Gerät wählen und es gut schützen.
Günstige Handys sind ebenfalls gut geschützt gegen äussere Einflüsse. Es fehlen häufig lediglich gewisse Features, und sie sind weniger leistungsfähig. Sie müssen bei einem Technologiesprung daher eher ersetzt werden als ihre Pendants, die technisch auf dem etwas höheren Stand sind.»
Was denn jetzt? «Wer sein Gerät möglichst lange benutzen will, sollte ein mittel- oder hochklassiges Gerät wählen und es gut schützen», sagte Marius nach einigem Überlegen.
Nach einer Stunde intensiver Diskussionen waren wir zufrieden. Ich konnte den Begriff der Medienkompetenz um einige wichtige Aspekte erweitern. Und er wird sie mir fortan sicherlich genüsslich unter die Nase reiben.