Öko-Logisch? Drei Familien erzählen - Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi
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Öko-Logisch? Drei Familien erzählen

Lesedauer: 5 Minuten

Familie Warm

«Wir Eltern sind in den USA aufgewachsen, als vor der Küste Alaskas die ‚Exxon Valdez‘ auslief. Die Bilder der Ölpest haben uns sehr geprägt: Angela engagierte sich leidenschaftlich als Umweltschützerin und fuhr auf der ‚Rainbow Warrior‘ von Greenpeace mit. Erik ist unser Kopf- und Zahlen-Mensch; er findet es sinnlos und teuer, natürliche Ressourcen zu verschwenden.

Als wir Kinder bekamen, wurde uns die Frage, was für einen Planeten wir ihnen hinterlassen, noch wichtiger. Es gab nicht den einen Aha-Moment, an dem wir unser Leben komplett umkrempelten – es bleibt ein Prozess, ein Ausprobieren, mit dem wir uns der Nachhaltigkeit nähern.

V.l.n.r: Erik, 44, Geologe, Angela, 49, selbstständig als Gesundheits-Coach, mit Miles, 7 und Alison, 9. Die Familie wohnt in Lenzburg AG. 

Wir schauen immer, wie wir umweltschädliche Chemikalien aus unserem Leben raushalten können. Gesundheit und Umwelt gehören für uns zusammen. Angela entdeckte als junge Mutter, wie sich essentielle Öle für vieles nutzen lassen. Wir nehmen sie heute zum Putzen, zur Pflege, zum Heilen und Vorbeugen. Unsere Haushalts- und Körperpflege-Produkte stellen wir fast alle damit selber her, wobei die Kinder mitmachen und das sehr spannend finden.

Statt uns mehr Spielsachen zu schenken, bitten wir unsere Verwandten nun um einen Beitrag zu unserer Familien-Reisekasse. Das finden unsere Kinder erstmal nicht so toll – bis wir dann im Zug sitzen und zusammen Neues entdecken, wie letzten Sommer Süditalien. So einfach wie in Europa, wo wir überallhin laufen, radeln oder mit dem ÖV fahren können, wäre es für uns in den USA nicht! 

Zum Essen gibt es viel Frisches vom Lenzburger Markt, nur selten Fleisch, und dann in Bio-Qualität direkt vom Hof. Beim Mülltrennen fürs Recycling und Bringen in den Werthof sind Miles und Alison gern dabei. Wir machen das so konsequent, dass wir mit einem 35 Liter Sack für Restmüll im Monat auskommen.

Verbessern können wir noch einiges: Kleidung weniger oft waschen und den Trockner nicht mehr benutzen, auch wenn er Zeit spart. Und vor Ort eine Umweltgruppe finden, in der wir uns engagieren und auch politisch Einfluss nehmen können.»

Familie Schneider

«Am liebsten würden wir in einem Tiny House als Selbstversorger leben, Tiere halten, Pflanzen anbauen – einfach alles selber herstellen! Aber realistisch ist das mit unseren Berufen nicht zu vereinbaren. Trotzdem versuchen wir, möglichst wenig zu kaufen, dafür langlebig und nachhaltig. 

Unser Obst und Gemüse kommt aus dem eigenen Garten oder vom Verein Erbsenpicker. In dieser Kooperative leisten wir jedes Jahr 20 Stunden Arbeitseinsatz und bekommen dafür an 30 Wochen einen Gemüsekorb – frisch vom Feld! Thorin geht noch nicht in den Chindsgi und kommt immer mit zum Arbeiten; Freya ausserhalb der Schulzeiten auch. Die Kinder finden es toll, mit uns zu pflanzen, jäten, ernten oder einfach draussen herumzubuddeln.

Angefangen über die Umwelt nachzudenken haben wir, als wir Plastik vom Restmüll trennen konnten. Da wurde richtig greifbar für uns, wieviel unnötige Verpackungen es gibt. Seitdem kaufen wir im Unverpackt-Laden im Nachbarort, online über www.wayste.ch sowie Milch, Joghurt und Quark direkt beim Demeterhof. Miriam siedet Seife für Haare, Körper und zum Rasieren. Auch Brot backen wir selber.

Jörn fährt einmal wöchentlich mit dem Fahrrad zum Hofladen. Miriam einen Arbeitsweg von 12 Kilometer, den sie zu 90 Prozent mit dem E-Bike fährt. Über Jörns Laden wollen wir ein Cargo-Bike für uns selbst, lokale Läden und die Kooperative zur Verfügung stellen. Für kurze Fahrten nehmen wir unser Hybrid-Auto, zum Ferienmachen unseren VW-Bus. Der ist zwar ein Diesel, aber das Naturerlebnis wiegt das für uns auf. Wenn Freunde zu einem Kurztrip wegfliegen wollen, fragen wir schon mal nach, ob das nötig ist?

Unsere Heizung läuft über eine Wärmepumpe, die wir mit Nachbarn gemeinsam installiert haben. Wir haben noch viele weitere Projekte – auf Ökostrom umstellen, mehr Klamotten tauschen, in Jörns Geschäft Maschinen zum Leihen anbieten … Wir denken, um Umweltprobleme zu lösen, müssen wir Menschen wieder näher zusammenrücken und über die ‚jeder will alles nur für sich‘-Mentalität hinwegkommen.»

Familie Kraus

«Mir macht der Zustand unserer Welt richtig Sorge. Ich habe Angst, dass Finn es einmal schlecht haben wird – dass seine Generation mit Kriegen, Klimaflüchtlingen, Hunger, Wassermangel zurechtkommen muss, weil wir heute zu viel verdrängen.  

Als Kind störte mich schon die Käfighaltung von Tieren, heute esse ich meist vegan. Finn isst bei seinem Vater Bio-Fleisch, ich auch manchmal vegetarisch. Ich finde, man muss sich keine Schwarz-Weiss-Entscheidungen aufbürden. Dieser Druck, alles perfekt machen zu müssen, lähmt viele nur.

Nach unserer Trennung mussten wir vieles neu einrichten, aber ich habe fast alle Möbel gebraucht organisieren können. Nachhaltig zu leben heisst für mich, minimalistisch zu sein. Ich habe mich bei jedem Produkt gefragt, ist das nachhaltig, brauche ich das wirklich? 

Ich bin durch die Zimmer gelaufen und habe nach und nach alles umgestellt, was wir benutzen. Im Bad nehmen wir festes Shampoo und Seife, wenig Naturkosmetik, Stoffbinden, Stoffwindeln, Waschlappen statt Feuchttücher, Bambuszahnbürsten und Zahnputztabletten, Holz-Rasierer und Bio-Deo. 

Julia, 29, Logopädin an einer Primarschule, in Teilzeit zu 50 Prozent und Finn, 3, sind in Gelterkinden BL zu Hause. 

Im Kinderzimmer gibt es gebrauchte Kleidung und Spielsachen, hauptsächlich aus Holz und gern aus der Ludothek, sowie Bücher aus der Bibliothek oder vom Büchertausch. In der Küche haben wir statt Küchenrolle und Taschentücher nur Baumwolltücher. Finn isst nicht mit speziellem Kindergeschirr, sondern von Keramik und Glas. 

Putzmittel stelle ich selber her. Weil ich genau weiss, was drin ist, darf Finn damit sprühen und ich wische. Das liebt er. Unterwegs bin ich meist mit dem E-Bike, fliegen würde ich niemals.

Ich würde gern politisch aktiver werden, aber das ist mit Kleinkind schwierig.  Es frustriert mich, wie anstrengend und zeitraubend es uns gemacht wird, umweltfreundlich einzukaufen. Im Supermarkt gibt es zu wenig Veganes in Bio-Qualität und alles ist zu aufwendig verpackt. Ich muss mir die Zeit bewusst nehmen, um zu den Höfen in unserer Nähe und dem Bioladen zu radeln – aber das ist es mir wert!»

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Ich würde gern politisch aktiver werden, aber das ist mit Kleinkind schwierig.  Es frustriert mich, wie anstrengend und zeitraubend es uns gemacht wird, umweltfreundlich einzukaufen. Im Supermarkt gibt es zu wenig Veganes in Bio-Qualität und alles ist zu aufwendig verpackt. Ich muss mir die Zeit bewusst nehmen, um zu den Höfen in unserer Nähe und dem Bioladen zu radeln – aber das ist es mir wert!»

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