«Kann dich die Mathematik fressen?» - Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi
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«Kann dich die Mathematik fressen?»

Lesedauer: 2 Minuten

Ich erzähle

Mit drei Jahren zählte er auf 20, mit fünf entdeckte er ein System hinter der Mathematik. Heute ist er acht und merkt, dass grosse Zahlen unvorstellbar sind. Lian aus dem Berner Seeland hat Freude an der Mathematik.

«Mathe ist ein cooles Fach. Manchmal nervt es, wenn ich Sachen rechnen muss, die zu einfach sind. Spannend finde ich das Malrechnen. Wir gehen schon bis 100 oder höher, zum Beispiel 10 × etwas, das 120 gibt. Das mache ich gerne. Im Moment üben wir die 10er-, 5er-, 6er-, 3er- und 2er-Reihen. Bei der 6er-Reihe fragte ich mich, warum wir nicht zuerst die 4er-Reihe lernen.

Zählen konnte ich, als ich drei, vielleicht auch vier war. Ich zählte einfach ein bisschen. 1, 2, 3, fertig. Mit fünf wollte ich so weit wie möglich zählen, da merkte ich, dass es ein System hat. 10, 11, 12 und so weiter. Nachher 21, 22, 23. Die höchste Zahl, die ich kenne, ist eine Quadrilliarde. Ein bisschen viel. Vorstellen kann ich mir diese Zahl nicht. Sie ist an der Grenze.

Mathe braucht es überall. Später will ich in den Geheimdienst. Da muss man schauen, wie viele Gegner man hat. Auch beim Kochen hilft Mathe. Ich sehe, wie viele Gramm Spaghetti wir brauchen oder im Restaurant, wie viel Getränk im Glas ist. Das steht oben am Rand.

«Ich lernte: Eine ungerade Zahl kann ich nicht gerecht mit meinem Bruder teilen.»

In der Schule arbeiten wir oft in Zweiergruppen, das ist interessanter als alleine. Wenn jemand etwas nicht versteht, helfe ich. Wenn ich schnell fertig bin, lese ich im Pultbuch. Im Moment Lucky Luke. Mein Bruder und ich haben eine ganze Sammlung.

Manchmal machen wir in der Mathestunde Spiele. Dann hüpfen wir das Einmaleins auf dem Trampolin. Das geht mit der 2er-, 5er- und 10er-Reihe. Beim Landen muss man weiterzählen. 10, 20, 30. Oder wir würfeln. Auf jeder Seite des Würfels steht eine Rechnung, die man lösen muss.

Doof fand ich den Zahlenstrahl. Zum Beispiel 5 + 15. (Anm.: Er zeichnet einen Zahlenstrahl.) Zuerst 5, dann 5 nach vorne auf 10. Man könnte es nennen: Springen in 5er-‹Gümp›. Wir machten das mit Material, das man hinlegen musste. Das ging lange. Ich schrieb es lieber von Hand.

Im Zahlenbuch lösen wir auch Aufgaben. (Anm.: Er schlägt eine Seite im Zahlenbuch auf.) Hier ist zum Beispiel eine Aufgabe zu den geraden und ungeraden Zahlen. Ich lernte: Eine ungerade Zahl kann ich nicht gerecht mit meinem Bruder teilen. 3 kann man zum Beispiel nicht teilen, ohne etwas zu halbieren. Das hat auch ein System: ungerade, gerade, ungerade – irgendwie so.
Wie ich jemandem helfen kann, Freude an diesem Fach zu haben? Das hat mich noch niemand gefragt. Wahrscheinlich muss man die Reihen lernen. Wenn man die gut kann, bekommt man schon noch Freude an der Mathematik. Angst muss man nicht haben. Warum auch. Kann dich die Mathematik fressen?»


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