Hetze im Netz - Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi
Merken
Drucken

Hetze im Netz

Lesedauer: 2 Minuten

Cybermobbing ist kein Kavaliersdelikt, sondern kann strafrechtlich verfolgt werden. Wie sollen Eltern vorgehen, wenn ihr Kind am Internetpranger steht?

Text: Virginia Nolan
Bild: Christina Strehlow/DEEPOL/Plainpicture

«Ich hab dir einen Strick besorgt», heisst es in der Nachricht, die Anna abends auf Whatsapp erhält. Später gibts News im Klassenchat: «Anna ist die Hässlichste!» So geht es bis tief in die Nacht hinein. Anna schaltet ihr Handy aus, mit den Gedanken klappt das nicht – der Schlaf lässt auf sich warten.

Wenn eine Person im Internet oder via soziale Medien über einen längeren Zeitraum absichtlich beleidigt, bedroht, blossgestellt oder belästigt wird, ist von Cybermobbing die Rede. Aus Studien ist bekannt, dass Cybermobbing und andere Formen von Mobbing meist ­parallel laufen.

Sprich: Wer im Internet zur Zielscheibe wird, ist es auch im Schulalltag. Cybermobbing ist demnach keine neue, sondern eine erweiterte Form von herkömmlichem Mobbing. Trotzdem gibt es ein paar wesentliche Unterschiede:

  • Cybermobbing schafft Distanz zum Opfer: Die Täter müssen ihm nicht in die Augen sehen und können anonym agieren. Das enthemmt sie und verstärkt die Ohnmacht des Opfers. 
  • Das Publikum kann von überall zusehen.
  • Cybermobbing hinterlässt Spuren: Videos, Fotos und Hasskommentare können nie vollständig gelöscht werden.
  • Opfer haben keinen Rückzugsort. Die Attacken hören nach der Schule nicht auf, sondern gehen via Computer oder Smartphone weiter.

Mobbingopfer schweigen oft lange, ganz gleich, ob sie in der Schule oder im Netz drangsaliert werden. Die Fachstelle Schweizerische Kriminalprävention (SKP) rät Eltern deshalb, auf Verhaltensänderungen des Kindes zu achten und es frühzeitig auf diese anzusprechen. Was, wenn das eigene Kind tatsächlich am Internetpranger steht? Die SKP empfiehlt Eltern Folgendes: 

  • Sichern Sie Beweise für Attacken: Drucken Sie Webseiten aus, speichern Sie Chatdialoge, löschen Sie unter keinen Umständen SMS oder MMS, die auf die Täterschaft hinweisen könnten.
  • Im Fall von Cybermobbing raten Experten, Kontakt mit den Eltern der Täter aufzunehmen. Denn wenn weitere Lügen und Bilder den Weg ins Netz finden, sind diese nur schwierig zu beseitigen.
  • Besprechen Sie den Fall auch mit der Klassenlehrperson und wo möglich mit dem Schulsozialdienst. Bestehen Sie darauf, dass sich auch die Schule um den Fall kümmert. 
  • Informieren Sie die Polizei, wenn die Attacken nicht unverzüglich aufhören. 
  • Nehmen Sie externe Hilfe von Opfer- oder Jugendberatungsstellen in Anspruch.

Zwar existiert in der Schweiz kein Gesetzesartikel zu Cybermobbing, «allerdings gibt es zahlreiche Bestimmungen des Strafgesetzbuchs, die es ermöglichen, Täter zur Rechenschaft zu ziehen», hält die SKP fest.

Das ist zum Beispiel dann der Fall, wenn Online-Attacken Tatbestände wie Drohung, Nötigung, Ehrverletzung oder üble Nachrede erfüllen. Zudem beginnt in der Schweiz die Strafmündigkeit mit zehn Jahren vergleichsweise früh.

Die SKP rät Eltern und Lehrpersonen, Kinder und Jugendliche unabhängig von Vorkommnissen zu ermutigen, sich im Fall von Cybermobbing Erwachsenen anzuvertrauen, sie aber auch darüber zu informieren, mit welchen rechtlichen Konsequenzen Täter zu rechnen haben.

«Wenn Worte weh tun»

Die Stiftung Elternsein, Heraus­geberin des Schweizer Eltern­magazins Fritz+Fränzi, engagiert sich mit ihrer Kampagne «Wenn Worte weh tun» gegen Cyber­mobbing. Mit Videos, Anzeigen, Radiospots und ­interaktiven Massnahmen will die Stiftung die Öffentlichkeit in der Deutschschweiz für dieses wichtige Thema sensibilisieren und auf die gefährlichen Folgen von Cybermobbing aufmerksam machen. Unterstützen Sie die Kampagne mit Ihrer Spende. Alle Informationen unter: www.elternsein.ch/cybermobbing

Virginia Nolan
ist Redaktorin, Bücherwurm und Wasserratte. Sie liebt gute Gesellschaft, feines Essen, Tiere und das Mittelmeer. Die Mutter einer Tochter im Primarschulalter lebt mit ihrer Familie im Zürcher Oberland.

Alle Artikel von Virginia Nolan

Lesen Sie mehr zum Thema Cybermobbing:

Familie mit Ifolor Wandkalender
Advertorial
Persönliche Fotoprodukte zu Weihnachten
Mit ifolor zaubern Sie individuelle Fotoprodukte, die von Herzen kommen. Sichern Sie sich jetzt 25 % Rabatt.
Sextortion: Ein Mädchen sitzt traurig auf dem Sofa
Medienerziehung
«Sextortion betrifft immer mehr Kinder» 
Regula Bernhard Hug, Geschäftsleiterin Kinderschutz Schweiz, erklärt, was Sextortion ist und wie wir Kinder besser schützen können.
Psychologie
«Mobbing kann zu einem lebenslangen Trauma führen»
Bei Anzeichen von Mobbing dürfen Eltern und Schule keine Zeit verlieren und sofort eingreifen, sagt Mobbing-Expertin Christelle Schläpfer.
Gesellschaft
Cybermobbing: «Verantwortlich sind nur die Täter – immer»
Mit einer Cybermobbing-Erste-Hilfe-App will Klicksafe betroffenen Jugendlichen helfen. Referentin Stefanie Rack erklärt, wie die App funktioniert.
Cybermobbing
Gesundheit
«Hoffentlich wirst du vergewaltigt»
Die 14-jährige Lisa* wurde geohrfeigt und gefilmt und mit gefakten Sexfotos und Hassnachrichten gedemütigt. Mutter Sonja* über die seelische Not ihrer Tochter und die eigene Hilflosigkeit in einer schweren Zeit.
Cybermobbing
Gesundheit
«Steigen Eltern zu impulsiv ein, verlieren sie das Kind»
Medienpädagoge Joachim Zahn über den rauen Umgangston im Netz, was Eltern tun können, um Cybermobbing vorzubeugen, und was sie lassen sollten, wenn es doch passiert.
Cybermobbing
Elternbildung
Was ist Sexting, Doxing oder Happy Slapping?
Cybermobbing ist nicht gleich Cybergrooming. Unser Glossar erklärt Ihnen die acht wichtigsten Begriffe zum Thema Mobbing im Netz.
Cybermobbing SRF Kids
Lernen
Zusammen gegen Cybermobbing
Wenn Kinder im Netz gemobbt werden, ist es wichtig, besonnen zu handeln. Das gilt es zu tun.
Cybermobbing
Medien
7 Tipps, wie Eltern bei Cybermobbing richtig reagieren
Woran erkennt man, dass ein Kind im Netz gemobbt wird? Und wenn sich die Vermutung bestätigt: Was können Eltern tun?
Psychologie
«Geh dich umbringen!»
Der 20-jährige Marco Ribeiro aus Thusis GR wurde über Jahre gemobbt. Eltern, Schule und Polizei reagierten darauf ungeschickt bis abweisend.
Elternbildung
Wenn das Handy zur Waffe wird
Cybermobbing ist für betroffene Jugendliche und deren Angehörige extrem belastend. Doch wie kommt es überhaupt dazu? Wie lässt sich das üble Treiben stoppen? Und welche Rolle spielt die Schule?
cybermobbing
Fritz+Fränzi
Cybermobbing: Unser Thema im September
Fertigmachen rund um die Uhr: Was Hetze im Netz bei den Betroffenen auslöst und wie man richtig darauf reagiert.
Cybermobbing
Medienerziehung
Wie schützen wir unsere Kinder vor Online-Übergriffen?
Sexuelle Belästigung und Cybermobbing sind unter Jugendlichen inzwischen so weit verbreitet, dass Eltern und Schulen handeln müssen.