Aggression: Wenn das eigene Kind einem den letzten Nerv raubt
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Wenn das eigene Kind einem den letzten Nerv raubt

Lesedauer: 2 Minuten

Wut und Aggression sind mächtige Gefühle. Schnell kann es zwischen Eltern und Kindern eskalieren. Doch eine Wut, die nicht verstanden wird, birgt das Risiko, sich selbst und andere zu gefährden. Die positive Botschaft: Mit der eigenen Wut und der des Kindes umzugehen, ist lernbar. Wie das geht, erklärt Psychologin Annette Cina im Interview und am 16. April im Kosmos-Kind-Vortrag «Wut und Aggression in der Familie».

Interview: Stefanie Wolff-Heinze
Bild: Raffael Waldner / 13 Photo

Frau Cina, «Gute Eltern reagieren auf das störrische oder aggressive Verhalten ihres Kindes stets gelassen.» Wie realistisch ist dieser Glaubenssatz?

Diesen Anspruch immer erfüllen zu können, ist eine Illusion. Aggression gehört sicherlich nicht zum Idealbild einer Familie – aber leider zur Realität. Störrisches Verhalten kommt häufig vor und stresst Eltern. Wenn Zeitdruck herrscht, Mütter und Väter ausgelaugt sind und das Kind sich dann vehement verweigert, bringt dies Mutter und Vater an die äusserste Geduldsgrenze. Reagiert das Kind aggressiv, ist es noch viel schwieriger, gelassen zu bleiben.

Aggression löst auch bei den Eltern etwas aus: Ein Gefühl der Ungerechtigkeit, Überforderung, Enttäuschung oder Hilflosigkeit. Das Gehirn meldet «Alarm» und Stresshormone versetzen den Körper in den Verteidigungs- oder Kampfmodus. Rationales Denken wird schwierig, Automatismen übernehmen.

Wie können Eltern die Situation entschärfen?

Fragen Sie sich: Wie kann ich mich verhalten, ohne das Kind abzuwerten oder zu verletzen? Denn: Wenn es darauf ankommt, sind die Eltern die Stärkeren. Beobachten Sie, wann ein Kind wütend wird oder sich wehrt. Vielleicht ist es zu müde und kann nicht mehr gut reagieren? Oder es hat Schwierigkeiten, mit Grenzen umzugehen? Je nach Situation sollten Eltern ihre Reaktion anpassen.

Eine Entschuldigung eröffnet die Möglichkeit, die Situation miteinander zu besprechen und zu schauen, was man ändern kann.

Genauso wichtig ist es, dass sich Eltern selbst hinterfragen: Was löst Stress bei mir aus? Wie reagiere ich dann? Erst wenn das klar ist, kann ich, statt gleich immer loszuschreien, mich bewusst entscheiden, anders zu reagieren. Und zu guter Letzt: Störrischsein heisst «Ich will nicht». Mit dem eigenen und fremden Wollen und Willen umzugehen, müssen alle in der Familie lernen!

Was raten Sie, wenn man als Mutter oder Vater trotz guter Vorsätze mal wütend und laut wird?

Warum nicht sich entschuldigen? Damit zeigen wir den Kindern unsere Einsicht, dass wir etwas gemacht haben, was nicht okay war. Es eröffnet die Möglichkeit, die Situation miteinander zu besprechen und zu schauen, was man ändern kann. Nicht erwarten sollten Eltern, dass Kinder das Verhalten der Eltern gutheissen oder zugeben sollen, einen Fehler gemacht zu haben. Wichtig ist vor allem, dass ein Konflikt auch wieder beiseitegelegt wird und alle friedlich miteinander umgehen können.

      

Mehr zum Thema Wut und Aggression im Vortragszyklus «Kosmos Kind»

Vertieft ins Thema einsteigen können Eltern im Rahmen des «Kosmos Kind»-Vortrags «Wut und Aggression in der Familie – wie geht man damit um?» von Annette Cina am 16. April 2024, 18.30 Uhr, in der Stiftung. Für das Kind. Giedion Risch, Falkenstrasse 26, Zürich.

Tickets unter: www.fuerdaskind.ch/vortragszyklus

Abonnentinnen und Abonnenten von Fritz+Fränzi erhalten eine Ermässigung von 50 Prozent mit dem Promocode kosmoskind-24.

Die Stiftung Elternsein, Herausgeberin des Schweizer ElternMagazins Fritz+Fränzi, hat mit der «Akademie. Für das Kind. Giedion Risch» den exklusiven Vortragszyklus «Kosmos Kind» lanciert. Ausgewiesene Expertinnen und Experten greifen unterschiedliche Aspekte der Kindheit auf und vermitteln diese alltagsnah und verständlich.

Stefanie Wolff-Heinze
ist Kommunikationsverantwortliche bei der «Stiftung.Für das Kind». Die Politologin ist auch Mitglied der Geschäftsleitung.

Alle Artikel von Stefanie Wolff-Heinze

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