Spielen ist ein Spiegel der kindlichen Entwicklung
Beim Spielen sammeln Kinder wichtige Erfahrungen für ihre Entwicklung. Wie Eltern das kindliche Spiel fördern können, verrät die Entwicklungspädiaterin Caroline Benz im Interview und am 18. Juni im Kosmos-Kind-Vortrag «Allein spielen – gemeinsam spielen».
Frau Benz, warum fällt es vor allem jungen Kindern schwer, sich allein ins Spielen zu vertiefen?
Das Alleinspiel ist ein Entwicklungsschritt, der vom Kind zwei Kompetenzen erfordert: die Bedürfnisse anderer erkennen und warten können – also die Fähigkeit zum Bedürfnisaufschub. Zwischen 3 und 4 Jahren machen Kinder in dieser Hinsicht die grössten Fortschritte und brauchen immer weniger eine Bezugsperson zum Spielen. Manche Kinder entwickeln auch eine ganz besondere Strategie, wenn sie nicht allein spielen möchten: Sie stellen sich ein unsichtbares Gspänli vor. Für Eltern ist das manchmal irritierend, aber absolut normal: 40 Prozent der Kinder haben im Laufe ihrer Kindheit einen solchen Gefährten.
Welche Bedeutung haben gleichaltrige und erwachsene Spielpartner für ein Kind?
Im Spiel mit Gleichaltrigen kann ein Kind wichtige Erfahrungen im Rahmen der kognitiven Entwicklung, der Sozialentwicklung und der Verhaltensregulation sammeln. Durch das Zusammensein der Kinder wird ein Kontext geschaffen, in dem sich diese gegenseitig anleiten, Erfahrungen austauschen und voneinander lernen. Es können Kompromisse erarbeitet und Regeln aufgestellt werden. Sie lernen, zu kooperieren, und erweitern ihre sprachlichen Kompetenzen.
Das Spiel mit erwachsenen Bezugspersonen unterstützt bei sehr jungen Kindern den Aufbau einer stabilen Bindungsbeziehung, die wiederum die Grundlage für ein angemessenes Neugierverhalten und damit fürs Lernen darstellt. Mit zunehmendem Alter des Kindes tritt der Fördergedanke in den Vordergrund: Erwachsene stellen Fragen, kommentieren das Spiel und geben Anregungen oder auch Anweisungen; dabei vermitteln sie dem Kind zum Beispiel Wissen und soziale Regeln.
Greifen wir als Erwachsene in Konflikte ein, nehmen wir Kindern die Möglichkeit, eigene Lösungen zu finden.
Was raten Sie, wenn es zu Streit kommt? Eingreifen oder die Kinder selbst eine Lösung finden lassen?
Konflikte entstehen schon bei sehr jungen Kindern hauptsächlich durch das gleichzeitige Interesse an einem bestimmten Spielzeug. Dabei ist der Konflikt eindeutig sozial, es geht nicht um den beanspruchten Gegenstand. Wissenschaftler konnten zeigen, dass die Anzahl der Konflikte kaum mit der Menge an vorhandenem Spielzeug zusammenhängt und Besitzansprüche auch dann geltend gemacht werden, wenn den streitenden Kindern zwei identische Spielzeuge zur Verfügung stehen.
Greifen wir als Erwachsene ein, nehmen wir ihnen die Möglichkeit, eigene Lösungen zu finden, nachzugeben oder aber auch einmal als Sieger hervorzugehen. Eingreifen ist allenfalls bei sehr ungleichen Spielpartnern notwendig.
Spannende wissenschaftliche Hintergründe zu diesem Thema bietet der «Kosmos Kind»-Vortrag «Allein spielen – gemeinsam spielen» von Dr. Caroline Benz am 18. Juni 2024, 18.30 Uhr, in der Stiftung. Für das Kind. Giedion Risch, Falkenstrasse 26, Zürich.
Tickets unter: www.fuerdaskind.ch/vortragszyklus
Abonnentinnen und Abonnenten von Fritz+Fränzi erhalten eine Ermässigung von 50 Prozent mit dem Promocode kosmoskind-24.
Die Stiftung Elternsein, Herausgeberin des Schweizer ElternMagazins Fritz+Fränzi, hat mit der «Akademie. Für das Kind. Giedion Risch» den exklusiven Vortragszyklus «Kosmos Kind» lanciert. Ausgewiesene Expertinnen und Experten greifen unterschiedliche Aspekte der Kindheit auf und vermitteln diese alltagsnah und verständlich.