«Es gibt Social-Media-Welten, die wie Safe Spaces sind»
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«Es gibt Social-Media-Welten, die wie Safe Spaces sind»

Lesedauer: 2 Minuten

Leah, 17, und Vanessa, 15, schätzen die netten Seiten sozialer Medien. Den Hass dagegen versuchen sie zu meiden. Liam, 11, ist bisher weder auf Instagram noch auf Tiktok, hat aber Spass an Snapchat. Wie Jugendliche Social Media wahrnehmen und damit umgehen.

Aufgezeichnet von Mirjam Oertli
Bild: Salvatore Vinci / 13 Photo

Alle drei Jugendlichen besuchen die Kantonsschule Wiedikon in der Stadt Zürich.

Leah: «Man kann halt gut abschalten, wenn man auf Insta oder Tiktok so Reels schaut.»

Vanessa: «Stimmt. Als ich mal beim Lernen auf Tiktok ging, vergass ich sogar kurz meine Prüfung vom nächsten Tag.»

Liam: «Mir erlauben meine Eltern noch kein Tiktok oder Instagram. Ich will das aber auch nicht. Ich bin vor allem auf Snapchat. Dabei kann ich auch abschalten und es macht Spass.»

Snapchat finde ich in den Ferien cool, weil man sieht, wo alle sind.

Vanessa, 15

Leah: «Ich habe mir die Apps aus Neugier runtergeladen, als ich ein Handy bekam. Doch erst als ich älter wurde und mehr Zeit am Handy verbrachte, fing ich an, Instagram und Tiktok zu nutzen. Eigentlich habe ich auch deshalb mehr Zeit am Handy verbracht. Man wird schnell so … nicht abhängig, aber … weil es alle haben, will man auch.»

Liam: «Aber es gibt halt Leute, die nicht mehr abmachen und nur daheim am Handy sind. Das finde ich nicht gut.»

Vanessa: «Ja, soziale Medien können schon süchtig machen.»

Liam: «Ich darf täglich zwei Stunden lang gamen. Das finde ich genug. Und Snapchat wird nach 30 Minuten gesperrt.»

Vanessa: «Snapchat finde ich in den Ferien cool, weil man sieht, wo alle sind. Am häufigsten bin ich aber auf Tiktok. Wie lange, kann ich gar nicht sagen. Es gibt Tage, vor Prüfungen, da bin ich gar nicht am Handy. An anderen Tagen wird es auch mal länger.»

Liam: «Manchmal wäre ich auch gern länger dran. Aber Tricks, um die Sperre zu umgehen, kenne ich nur für Apple-Geräte.»

Leah: «Ich lösche manchmal Apps vor Prüfungsphasen. Der Abstand tut gut. Danach freue ich mich jedoch auch, sie wieder runterzuladen und zu sehen, was so passiert ist.»

Zwei Welten in sozialen Medien

Vanessa: «Aber es gibt auch zwei Welten auf sozialen Medien. Das Nette, Herzige, Lustige. Und das weniger Schöne, wo viel Hass ist. Ich bin mal auf den Tiktok-Account einer Person mit Essstörung gestossen. Sie hat Leute ermuntert, da rauszukommen. Und in den Kommentaren stand ganz oft ‹Hurensohn-Video› und auch sonst Beleidigendes. Die Leute wissen gar nicht, was das mit einem machen kann.»

Liam: «Ich verstehe das nicht. Es gibt keinen Grund, so was zu schreiben. Trotzdem gibt es Menschen, die das wohl lustig finden. Solche Sachen kommen auch auf Snapchat vor.»

Vanessa: «Manchmal fände ich es besser, wenn alle alles löschten. Wobei … es gibt auch Bereiche, etwa zu Büchern, Kochrezepten oder Lerntipps, da lese ich fast nie Hasskommentare. Das sind Welten innerhalb sozialer Medien, die wie Safe Spaces sind.»

Gerade jüngere Kinder verstehen nicht, dass vieles Fake ist. Deshalb fände ich strengere Altersbeschränkungen gut.

Leah, 17

Leah: «Bei mir überwiegen diese. Wohl, weil Inhalte personalisiert sind. Das ist zwar auch kritisch, weil man nur eine Seite sieht.»

Vanessa: «Wie die Schere zwischen Arm und Reich gibt es dadurch eine Schere, was Meinungen angeht.»

Leah: «Gerade jüngere Kinder verstehen auch nicht, dass vieles Fake ist. Deshalb fände ich strengere Altersbeschränkungen gut. Ich finde es auch schade, wenn Zehnjährige Make-up benutzen und sich freizügig anziehen, weil sie das halt sehen. Und nicht realisieren, dass alles so perfekt aussieht, weil es megaviele Beauty-Filter gibt.»

Liam: «Sich davon nicht beeinflussen zu lassen, ist wichtig – egal wie schön die Personen auf den Bildern aussehen. Ich kann mir aber schon vorstellen, dass manche dann am eigenen Aussehen zweifeln.»

Vanessa: «Von Handyentzug durch Eltern bin ich aber kein Fan. Das macht es nur interessanter. Und hetzt Kinder und Eltern gegeneinander auf.»

Leah: «Mein Vater hat mir meines einmal weggenommen, aber ich wurde nur wütend. Über Risiken sprechen ist viel sinnvoller.»

Mirjam Oertli
ist freie Journalistin und Buchautorin («Wer auf dem Handy kein gratis Internet hat, ist tot!», «Jetzt stellen Sie doch das Kind mal ruhig!»). Sie ist Mutter von zwei Teenagern und einem Primarschulkind und lebt mit ihrer Familie in Luzern.

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