Geschichten erzählen leicht gemacht

Kinder haben viel Spass daran, eine Erzählung zu schreiben, einen Film zu drehen oder ein Hörspiel zu vertonen. Dabei eignen sie sich auch wichtige Kompetenzen an. So klappen die ersten Schritte.
Wir alle lieben Geschichten – Kinder, Jugendliche, Erwachsene. Und das unabhängig vom Medium. Ob Buch, Hörspiel, Comic oder Film, sie ziehen uns mit ihren Charakteren, Spannungsbögen und Wendungen in den Bann. Es gibt nur eine Sache, die noch schöner ist als die reine Rezeption: selbst eigene Geschichten zu erzählen.
Bereits kleine Kinder können das schon sehr früh. Im freien Spiel übernehmen sie verschiedene Rollen, verstellen ihre Stimmen und tauchen in ihre imaginären Welten ein. Sobald sie in die Schule kommen, lernen sie Lesen und Schreiben und nutzen diese neue Form der Selbstermächtigung auch, um sich eigene Geschichten auszudenken und sie aufzuschreiben.
Eigene Geschichten zu erfinden, verleiht Kindern etwas, das ihnen im Alltag oft verwehrt bleibt: Macht.
In der pädagogischen Arbeit ist schon lange bekannt, wie wichtig das Geschichtenerzählen für die kognitive und emotionale Entwicklung von Kindern ist. Das Erzählen übt nicht nur eine positive Wirkung auf ihre Lese- und Schreibkompetenz aus, sondern verbessert auch ihr Sprachgefühl und schärft ihre Ausdrucksweise.
Endlich selber entscheiden
Es gibt noch einen weiteren Aspekt, der oft übersehen wird: Eigene Geschichten zu erzählen, verleiht Kindern etwas, das ihnen im Alltag oft verwehrt bleibt: Macht. Hier entscheiden Kinder und Jugendliche allein, was und wie sie erzählen oder mit welchen Themen sie sich auseinandersetzen.
Darum bietet ihnen die Kunst des Fabulierens eine grenzenlose Freiheit: Sie können dabei nach Belieben Rollen, Alter, Geschlecht, Gestalt und Szenarien wechseln – oder sie denken sich ein verrücktes Toastbrot im Weltall aus, das bekannte Volksweisen rückwärts auf der Blockflöte spielt. Sagen dann Erwachsene: «Aber das geht doch gar nicht!», ist das völlig egal. Denn beim Geschichtenerzählen ist alles möglich und alles erlaubt.
Doch mit welchen Medien und technischen Hilfsmitteln erwecken Kinder ihre Ideen am besten zum Leben? Hier eine Auswahl.
1. Schreiben
Das Arbeiten am Computer erleichtert es Kindern, Texte mühelos zu überarbeiten und zu verbessern. Dazu eignen sich die üblichen Textverarbeitungsprogramme. Allerdings können Applikationen wie Word jüngere Kinder auch demotivieren. Weshalb also nicht von Hand schreiben?
Schreiben und gestalten: Der Book Creator für iPads (iOS, ca. 3.50 Fr.) und als Web-Anwendung (für Schulen mit unterschiedlichen Konditionen) ist auf kindliche Bedürfnisse ausgerichtet. Damit verfassen Kinder ihre eigenen Geschichten und können sie auf der Stelle gestalten. Obwohl die App so ein mächtiges Werkzeug ist, bleibt sie kinderleicht und intuitiv in der Bedienung. Sie hilft Kindern, in überschaubarer Zeit kreative Resultate zu schaffen, die sie auch zufriedenstellen.
2. Mit Fotos erzählen
Nicht alle Kinder möchten schreiben. Um sie dennoch zum Geschichtenerzählen zu motivieren, können auch andere kreative Formate genutzt werden. Zum Beispiel gestalten sie mit der Kamerafunktion ihres Smartphones und der App Comic Life 3 (iOS und Android, ca. 5 Fr.) ihren eigenen Fotoroman. Dazu nehmen sie eine Reihe von Bildern auf, bringen diese in eine dramaturgisch logische Reihenfolge und fügen mit wenigen Handgriffen Überschriften, Erzählbalken und Sprechblasen hinzu. Die fertigen Werke verschicken sie dann online oder drucken sie aus.
3. Mit Videos erzählen
Aufwendiger ist der Videodreh. Smartphones und Tablets besitzen den Vorteil, dass sie Kamera und Bearbeitungsprogramm auf einem Gerät vereinen. So kann man nicht nur direkt filmen, sondern auch gleich schneiden, Überblendungen einfügen und die Tonspur bearbeiten. Apps wie InShot (iOS, Android) oder das kostenlose iMovie (iOS) vereinfachen die Abläufe in nachvollziehbare Schritte. Noch unkomplizierter geht es mit der Trailer-Funktion von iMovie, die auch schon unzählige kreative Möglichkeiten bietet. Klingt alles einfach, ist einfach – braucht aber dennoch seine Zeit.
4. Hörgeschichten erzählen
Mittlerweile sind die Mikrofone von Smartphones und Tablets so hochwertig, dass sich damit kinderleicht ein Hörspiel aufnehmen lässt. Im Netz bietet Planet Schule einen Hörspielbaukasten. Mit «Die Spur der Katzen» erhalten Kinder eine behutsame Einführung in die Klangwelt. Hilfreich sind auch die Hinweise und Anleitungen auf Auditorix. Für Fortgeschrittene eignet sich das Open-Source-Schnittprogramm Audacity oder das bei Apple kostenlose GarageBand, mit dem sich auch Musik komponieren lässt. Gute Erklärvideos gibt es zu beiden auf Youtube.
Struktur und Planung gegen Frust
Doch trotz grosser Erzähllust geraten selbst die schönsten Projekte ins Stocken – und die Kinder geben frustriert auf. Mal gefallen ihnen ihre Ideen nicht mehr, mal führen Vergleiche zu Unzufriedenheit oder ein unbedachter Kommentar entmutigt sie. Oft können sie auch Aufwand und Korrekturschleifen solcher Prozesse nicht gut einschätzen. Deshalb hilft ein Kniff aus der Profikiste: Struktur und Planung. Kinder sollten sich im Vorfeld des Projektes dazu Gedanken machen, damit sie jederzeit wissen, an welcher Stelle im Prozess sie gerade stehen, und in Phasen der Ratlosigkeit eine klare Orientierung haben.
Kinder, die sich aktiv mit Medien auseinandersetzen, werden sie künftig mit neuen Augen betrachten und sie auf Inhalt und Machart hinterfragen.
Es gibt drei gute Gründe, warum wir das Gestalten von Erzählungen mit allen Medien fördern sollten. Erstens holt es Kinder und Jugendliche in ihren jeweiligen Interessen ab. Zweitens bietet die kreative Arbeit mit digitalen Geräten wertvolle Gesprächsanlässe, um beiläufig ihre Medienkompetenz zu stärken – etwa durch Hinweise wie niemanden ungefragt zu filmen, das Urheberrecht zu beachten und Veröffentlichungen nur nach Absprache mit den Eltern durchzuführen.
Drittens werden durch das Geschichtenerzählen wichtige Kompetenzen wie kritisches Denken, Kreativität, Selbstvertrauen, Planungskompetenz, Durchhaltevermögen und technische Fähigkeiten gefördert. Kinder, die sich aktiv mit Medien auseinandersetzen, werden sie künftig mit neuen Augen betrachten und sie auf Inhalt und Machart hinterfragen.