Handy: Ein Verbot ist zu einfach

Einen verantwortungsvollen Umgang mit dem Handy können Kinder und Jugendliche gerade an Schulen lernen – solange es dort nicht verboten wird.
Die Meinungen sind gemacht: 82 Prozent der Schweizerinnen und Schweizer sind gemäss einer Umfrage von Sotomo für ein Handyverbot an Schulen. Gerät verbieten, Problem gelöst. Nur: So simpel funktioniert die Welt nur selten.
Welches Problem soll denn genau durch ein Verbot gelöst werden? Will man die Kinder vor den schädlichen Einflüssen der sozialen Medien schützen? Will man den Unterricht störungsfrei machen und die Arbeit der Lehrerinnen und Lehrer erleichtern? Will man die Kinder zu mehr sozialer Interaktion in den Pausen ermuntern? Will man die schulischen Leistungen der Kinder verbessern?
Jugendliche werden nervös, wenn Handy nicht in der Nähe ist
Ein simples Verbot wird der komplexen Situation nicht gerecht. Das zeigt auch der Blick auf die Antworten, welche die Wissenschaft zu diesem Thema bereithält. Wie zu erwarten ist, sind es viele, und sie widersprechen sich zum Teil. Eine Studie aus England hält beispielsweise fest, dass ein generelles Handyverbot vor allem leistungsschwachen Kindern und Jugendlichen nützt. Eine disziplinierte und häufige (!) Nutzung des Geräts im Zusammenhang mit dem Unterricht verbessert die Noten dagegen massiv. Diese Schülerinnen und Schüler schneiden in Pisa-Studien am besten ab.
Eine Metaanalyse aus 22 Studien der Uni Augsburg zeigt, wie kompliziert die Beziehung zu unseren Smartphones ist: Ein bedeutender Faktor ist zum Beispiel die Angst, etwas zu verpassen (Fomo, Fear of Missing Out). Fast die Hälfte aller Jugendlichen gibt an, nervös zu werden, wenn das Handy nicht in Griffweite ist.
Angst ist ein schlechter Ratgeber
Und nun sollen Schulen also aufgrund von Zeitungsartikeln und polarisierenden Umfragen die Hausregeln anpassen? Aus Angst vor Elternräten? Angst ist ein schlechter Ratgeber. Die Schulen dürfen ihre Rolle bei diesem wichtigen Thema nicht ohne Not über Bord werfen.
Wo sonst können sich Kinder und Jugendliche die ja offenbar nötige Medienkompetenz aneignen? Wo sonst kann in einem geschützten und kompetenten Umfeld über die Angst, etwas zu verpassen, gesprochen werden, über Cybermobbing, Sexting oder die hinterlistigen Algorithmen von Tiktok? Wo sonst sollen Jugendliche lernen, sich nicht zu sehr durch das Smartphone ablenken zu lassen? Und wo sonst kann in der Gruppe ausprobiert werden, wie sich 30 Tage Handyabstinenz anfühlen – mit all ihren positiven Effekten?
Medienkompetenz ist heutzutage absolut zentral. Wo sonst, wenn nicht in der Schule, kann sie gelehrt und gelernt werden?
Auf Swisscom Campus finden Sie Tipps und interaktive Lernmodule für den kompetenten Umgang mit digitalen Medien im Familienalltag.