Mein Kind lügt mich nicht an!
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Konflikte unter Kindern gehören zum Kindergarten- und Schulalltag. Die Eltern sollten ihnen dann zuhören – sich aber auch in die Lage der anderen Beteiligten versetzen.
Thomas Minder ist Präsident des Verbands Schulleiterinnen und Schulleiter VSLCH und leitet die Volksschulgemeinde Eschlikon TG auf Stufe Kindergarten und Primarschule.
(Bild: Anne Gabriel-Jürgens / 13 Photo)
Konflikte sind notwendig
Aus Manuels Sicht spielen sich die Dinge ganz anders ab: Gianluca kann viel schöner malen und basteln als er – denkt er zumindest. Gianluca ist dafür grobmotorisch oft ungeschickt, so auch als er seine schöne Bastelarbeit nach Hause getragen hat. Als sie zusammen etwas geblödelt haben, ist er gestolpert. Die Bastelarbeit ist dabei genau vor die Füsse von Manuel gefallen. Ausweichen war nicht mehr möglich, und da war es schon passiert. Manuel hat zu Hause davon nichts erzählt. Es beschäftigt ihn, dass Gianluca weinend nach Hause gerannt ist. Er möchte nicht, dass sein Freund traurig ist, weiss aber nicht, wie er hätte reagieren können.
Beim Standortgespräch in der Schule schildern die Eltern von Gianluca der Kindergärtnerin die Geschehnisse mit der Bastelarbeit und dass es bei Weitem nicht das erste Mal war, dass Gianluca wegen Manuel weinen musste. Sie bitten die Lehrperson, etwas dagegen zu unternehmen. Diese schildert den Eltern ihre Sichtweise und dass Gianluca manchmal etwas prahlt mit seinen gestalterischen Fähigkeiten, was absolut altersgemäss sei, aber bei Manuel allenfalls zu Neid führen könnte. Das sei auch nur eine mögliche Erklärung für Manuels Verhalten und keinesfalls eine Entschuldigung.
So oder ähnlich spielen sich Geschichten ab und bringen zum Ausdruck, dass sämtliche involvierten Personen andere Motive und Sichtweisen auf die Geschehnisse haben. Alle haben ihre eigene Wahrnehmung. Sie kennen sicher Beispiele aus Ihrem eigenen Alltag, bei denen selbst zwei Personen, die nebeneinander stehen und dieselbe Szenerie beobachten, nicht zur selben Interpretation kommen.
Eltern identifizieren sich mit
der Sicht des eigenen Kindes – und unterstellen einem anderen nur allzu gerne Gleichgültigkeit oder Boshaftigkeit.
Aus eigener Erfahrung weiss ich nur zu gut, dass es nicht immer einfach ist, wenn das eigene Kind am Mittagstisch unter Tränen von den Streitereien im Kindergarten oder auf dem Schulweg erzählt. Der allfällige Stress bei der Arbeit oder das angebrannte Mittagessen machen es dann auch nicht einfacher.
Letzten Endes ist es für das Konfliktlernen der Kinder auch nicht entscheidend, was sich wie zugetragen hat. Es geht nicht um die Schuldfrage. Vielmehr zielt die Konfliktbewältigung auf das, was noch kommt.
Miteinander statt gegeneinander
Gerne dürfen wir auch darauf vertrauen, dass die Kinder in der Lage sind, ihre Konflikte selbst zu lösen.
Genauso arbeiten wir in der Schule mit den Kindern, und dabei sind wir auf die Unterstützung und Hilfe der Eltern angewiesen. Es ist die gemeinsame Aufgabe von Eltern und Schule, die Kinder zu bilden und stark zu machen.
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