Die Anzahl privater Hochbegabtenschulen, die das Potenzial heller Köpfe fördern wollen, hat in den vergangenen Jahren stetig zugenommen.
Während manche Eltern ihre Kinder dort besser aufgehoben sehen als in der Volksschule, steht Begabungsforscher Rost den Einrichtungen skeptisch gegenüber. «Das Umfeld dort entspricht nicht der gesellschaftlichen Realität», sagt er, «die nun einmal geprägt ist von Unterschieden. Es ist wichtig, dass Kinder, ob normal- oder hochbegabt, früh lernen, mit dieser Realität umzugehen.»
Gleich argumentiert Gauck. «Ich halte es für problematisch, Kinder nur aufgrund ihrer Intelligenz von anderen Gleichaltrigen abzusondern», sagt die Psychologin. «Das nimmt ihnen wichtige Lernerfahrungen im Umgang mit sozialer Vielfalt – und bringt durchschnittlich intelligente Kinder um die Erkenntnis, dass Hochbegabte ganz normale Menschen sind.»
Zudem sei oft unklar, wen Hochbegabtenschulen ansprechen wollten, sagt Gauck: «Überflieger, die an der Regelschule ausgebremst wurden? Minderleister, die erst einmal auf Kurs gebracht werden müssen? Beide haben komplett unterschiedliche Bedürfnisse. Es kann schwierig sein, aus solchen Spezialklassen eine funktionierende Lerngemeinschaft zu machen.» Dennoch seien Spezialschulen eine wichtige Ergänzung zur Volksschule, der es mitunter an Ressourcen fehle, um etwa Höchstbegabten gerecht zu werden.
Grundsätzlich aber sollte, wenn es nach Gauck und Rost geht, der Gang auf eine Hochbegabtenschule die Ausnahme darstellen statt die Regel. «Für Kinder, deren kognitive Fähigkeiten Extremwerte erreichen, kann es der richtige Weg sein», sagt Rost. «Für alle anderen Hochbegabten ist ein differenzierter, spannender Unterricht die beste Förderung. Unsere Erfahrung zeigt, dass Spezialschulen fast immer unnötig sind, wenn Lehrpersonen den Unterricht flexibel und die Lernumgebung für Hochbegabte mit Zusatzmaterial attraktiv gestalten.»