Eine gute Bewerbung ist noch keine erfolgreiche
Schritt 6: Lehrstellensuche oder Schulanmeldung
Oft gleichen sich schriftliche Bewerbungsunterlagen wie ein Ei dem anderen. Personalverantwortliche sind trotzdem in der Lage, Unterschiede herauszufiltern.
Eine Lehrstelle zu suchen bedeutet, sich zu überwinden, anzurufen, sich zu präsentieren. Aber auch: einen negativen Entscheid hinzunehmen und sich weiter zu bewerben. Und das als junger Mensch, der gerade erst anfängt, die Erwachsenenwelt zu entdecken. Die Versuchung für Mütter und Väter ist gross, dem eigenen Kind unter die Arme zu greifen – schliesslich telefoniert man täglich mit anderen Berufsleuten und weiss, wie man überzeugend auftritt.
Im Internet-Zeitalter sind es jedoch nicht nur Väter und Mütter, die ins Bewerbungsgeschehen eingreifen können: Online finden sich diverse Bewerbungsvorlagen zum Download und mögliche Formulierungen für Motivationsschreiben. «Bewerbungsschreiben sagen oft nicht mehr viel aus», sagt Claudia Emmenegger. Als Leitern der Kinderkrippe Kibe Wädenswil stellt sie seit Jahren Lernende für den Beruf Fachperson Betreuung an. Schreibt sie eine Lehrstelle aus, landet ein Stapel einheitlicher Bewerbungsschreiben in ihrem Briefkasten.
Persönliche Bewerbungen überzeugen
Im Betrieb von Ashley Stutz, CEO der Stutz Medien AG, werden regelmässig Mediamatiker/-innen, Medientechnolog/-innen, Polygraf/-innen, Interactive-Media-Designer/-innen und Kaufmännische Angestellte ausgebildet. Entsprechend gross ist ihre Erfahrung mit Bewerbungsschreiben. «Gibt sich jemand offensichtlich Mühe, das Schreiben persönlich zu gestalten, ist das ein riesiger Pluspunkt.» Ebenso, wenn die Bewerbungsunterlagen komplett seien und kein Dokument vergessen ging.
Womit kann man beim Gespräch punkten? Mit Pünktlichkeit – und ein paar Fragen im Gepäck.
Jens Engelhardt, Geschäftsleiter von Acqua Verde Hairstyling, schätzt es zudem, wenn jemand zusätzlich anruft. «Die Stimme zu hören, macht die Person hinter der Bewerbung fassbarer.» Er führt deshalb mit allen Bewerbenden einen 15 Minuten langen Videocall, bevor er sich entscheidet, wen er zum Bewerbungsgespräch einlädt.
Wie jemand zum Gespräch erscheint, ob er oder sie pünktlich ist und ein paar Fragen im Gepäck hat, darauf achten sowohl Emmenegger, Engelhardt wie auch Stutz. «Wenn jemand spürbar die Website gelesen und sich mit der Materie auseinandergesetzt hat, spricht das sicher für ihn oder sie», betont die Krippenleiterin. Allerdings sei es manchmal tückisch: Die Bewerbenden seien jung, zu viel Reife dürfe nicht erwartet werden. «Manche sind auch scheu, sprechen kaum und sind dann plötzlich beim Schnuppern top.»
Die Wahl der passenden Ausbildung nach der Sekundarschule lässt sich in sieben aufeinanderfolgende Aufgaben einteilen:
- Schritt 1: Eigene Interessen und Stärken kennenlernen
Wie Alltagsgewohnheiten und Wunschträume Jugendlichen als Wegweiser zur Selbsteinschätzung dienen können. Dazu ein Fragebogen für Berufswählende. - Schritt 2: Berufe und Ausbildungen kennenlernen
Die wichtigsten Bildungsangebote im Überblick, Berufe der Zukunft, wo der Mangel an Lernenden und Fachkräften am grössten ist und welche Berufswege über eine Hochschule führen. - Schritt 3: Eigene Stärken mit den Anforderungen von Berufen und Ausbildungen vergleichen
Der Abgleich der eigenen Fähigkeiten mit den Anforderungen von Berufen, wie auch Menschen mit Behinderung den Einstieg in das gewünschte Arbeitsumfeld finden und welche Rolle Leistungstests spielen. - Schritt 4: Interessante Berufen in einer Schnupperlehre kennenlernen
Das Berufswahlpraktikum ist der Realitätscheck: Welche Formen von Schnupperlehren es gibt und was Jugendliche über das Schnuppern wissen müssen. - Schritt 5: Mögliche Berufe und Ausbildungen überprüfen und eine Entscheidung fällen
Inwiefern der Berufseinstieg ein wesentlicher Schritt in der Persönlichkeitsentwicklung ist, warum der Lehrbetrieb so gut passen muss wie der Beruf – und wie junge Berufsleute um Titel wetteifern. - Schritt 6: Eine Lehrstelle suchen oder sich bei einer Schule anmelden
Worauf es bei der Lehrstellensuche ankommt, wie man einen guten Eindruck im Vorstellungsgespräch macht und zehn Tipps für eine überzeugende Bewerbungsmappe. - Schritt 7: Sich auf die Lehre oder Schule vorbereiten oder Brückenangebote abklären
Wenn der weitere Weg nach der obligatorischen Schule feststeht, gilt es sich zu informieren und darauf vorzubereiten – ansonsten gibt es eine Reihe sinnvoller Brückenangebote.
Für Ashley Stutz ist beim Auswahlverfahren ebenfalls der persönliche Eindruck wichtig, den sie beim Schnuppern von Berufseinsteigern und Berufseinsteigerinnen gewinnt. «Wir brauchen in unserem Betrieb offene, zugewandte Persönlichkeiten, da sie sehr schnell mit Kunden und Kundinnen in Kontakt kommen.» Auch bei Jens Engelhardt kommen eher fröhliche, redegewandte Persönlichkeiten in die engere Auswahl. «Umgibt sich jemand nicht gern mit Menschen, ist er oder sie im Coiffeursalon am falschen Ort», begründet er seine Haltung. «Dafür spielen bei mir die Schulnoten absolut keine Rolle, sofern jemand motiviert ist und nicht gerade zwei linke Hände hat.» Die Technik zu lehren, dafür seien schliesslich er und sein Betrieb in der Verantwortung, sofern die Motivation der Lernenden stimme.
Einstellung als Teamentscheid
Echtes Interesse und eine Persönlichkeit, die zum Berufsfeld passt, sind die Voraussetzung; an allem anderen kann gefeilt werden. «Je nach Stelle, die besetzt werden soll, achte ich auf andere Kompetenzen», sagt Stutz. Werde eine KV-Stelle besetzt, zähle Deutsch mehr als bei anderen Berufsfeldern. In der Kinderkrippe setzt Emmenegger in erster Linie auf den praktischen Umgang mit Kleinkindern. «Natürlich soll jemand auch motiviert sein, an seinen sprachlichen Fähigkeiten zu arbeiten, wenn das Deutsch nicht ganz sattelfest ist. Viel mehr zählt allerdings, ob der oder die Bewerbende ein Herz für Kinder hat.»
Die Schulnoten spielen bei mir keine Rolle.
Jens Engelhardt, Geschäftsleiter
Sind am Ende noch mehrere Jugendliche im Rennen, reagieren Stutz, Emmenegger und Engelhardt gleich: Sie hören auf ihr Bauchgefühl. Und auf ihre Mitarbeitenden. «Passt jemand nicht ins Team, obwohl er oder sie auf dem Papier beste Voraussetzungen mitbringt, verzichten wir auf eine Anstellung», sagt Emmenegger. Auch Engelhardt achtet auf die Stimmen aus der Mitarbeiterschaft. «Eine gute Atmosphäre ist das A und O unseres Betriebes, dafür muss die Zusammenarbeit passen.» Mit Teamfähigkeit, einer persönlichen Bewerbung und echtem Interesse am Beruf kommt die Lehrstelle demnach in Reichweite.