«Ich rate davon ab, die Lehre abzubrechen»
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«Ich rate davon ab, die Lehre abzubrechen»

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Ausbildungsexperte Peter Heiniger kennt die Ansprüche der Generation Z und weiss, wann es sinnvoll ist, in der Lehre auf die Zähne zu beissen.

Interview: Stefan Michel
Bild: Adobe Stock

Herr Heiniger, stimmt es, dass immer mehr Lehrlinge ihre Lehre abbrechen?

Die Quote ist schon lange hoch. Während der Pandemie haben die Lehrbetriebe weniger Schnupperlehren durchgeführt, die Lehrstellensuchenden konnten weniger testen und ausprobieren. Das hat die Zahl der Lehrabbrüche weiter angehoben. Hinzu kommen neue Bedürfnisse und Ansprüche der Generation Z: Der Beruf muss Sinn machen. Wenn die Lehrstelle nicht exakt das ist, was man sich vorgestellt hat, steigt man wieder aus. 

Peter Heiniger berät Lehrbetriebe im Rekrutieren, Ausbilden, Betreuen und Binden von Lernenden. (Bild zVg)

Fachleute betonen, dass es richtig sei, die Lehre ­abzubrechen, wenn es nicht passt.

Lehrbetriebe wollen junge Lernende nicht um jeden Preis zum Abschluss schleppen. Routinierte Berufsbildnerinnen und Berufsbildner erkennen bei Lernenden sehr früh mangelndes Interesse, fehlende Leidenschaft und Motivation. Jugendliche darauf anzusprechen, ergibt Sinn. Oft ist es dann klüger, abzubrechen und noch einmal auf die Suche zu gehen.

Wann ist Durchbeissen geboten, wann ist es besser, einen ­Schlussstrich zu ziehen?

Grundsätzlich rate ich davon ab, die Lehre abzubrechen. Wenn dieser Schritt aber unvermeidlich ist, dann am besten während der Probezeit und mit einer nachvollziehbaren Begründung. Sehr unglücklich ist es, die Lehre ­während der zweiten Ausbildungshälfte abzubrechen. Davon würde ich unbedingt abraten und empfehlen, auf die Zähne zu beissen, ausser es geht aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr weiter.

Die meisten Lehrbetriebe geben Lehrabbrechern eine zweite Chance.

Unternehmen Lehrbetriebe genug, um die Lernenden während der Ausbildung optimal zu begleiten?

In grösseren Betrieben stehen die ausgebildeten Berufsbildner nicht mehr im täglichen Kontakt mit den Lernenden – Praxisbildnerinnen umso mehr, jedoch mit zunehmendem Produktionsdruck und nicht immer genügend ausgebildet. Dies führt in der Einführungs­phase oft zu Ziel- und Interessenkonflikten, mit den Lernenden als Leidtragenden.

Wie gelingt der Start in die zweite Lehre?

Schätzungsweise 80 bis 90 Prozent packen die zweite Lehre, in vielen Fällen ist es eine richtige Erfolgsgeschichte. Wenn es doch nicht funktioniert, stecken meist persönliche Probleme dahinter. Wenn sich Lernende nach einem Lehrabbruch bewerben, liegen die Fakten auf dem Tisch und es ist klar, wo man bei der jungen Person ansetzen muss. Die meisten Lehrbetriebe geben Lehrabbrechern eine zweite Chance. Der Lernenden- und Fachkräftemangel hilft, dass Betriebe sich mehr öffnen.

Stefan Michel
ist freier Journalist und Texter und lebt mit seiner Partnerin und zwei Kindern in Zürich.

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