Was ich von Mark Zuckerberg über Erziehung lernte
Wichtiger als die wenigen Höhepunkte sind im Familienleben die täglichen Rituale, schreibt unser Kolumnist Mikael Krogerus und verrät, welche Frage der Facebook-Chef jeden Abend seinen Töchtern stellt.
An das Aussergewöhnliche erinnern wir uns, das Gewöhnliche prägt uns. Nie vergessen werden wir unseren ersten Kuss, die erste eigene Wohnung und auch nicht den Heiligabend, den wir einsam im Bahnhofsbistro mit einer Flasche Wein verbrachten. Diese Erlebnisse – die schönen wie die schrecklichen – sind wie Zement, in dem ein grober Stiefel auf ewig seinen Abdruck hinterlässt.
Was wir hingegen jeden Tag gemacht haben, vergessen wir. Das Alltägliche ist wie ein See, auf den eine Schneeflocke fällt. Nichts erinnert mehr an den Moment, und doch steigt der Pegel langsam, wenn es stetig schneit. Genauso zeichnen sich tägliche Handlungen in unsere Seele ein.
Es ist nie zu spät, fehlende Gewohnheiten durch schöne Rituale zu ersetzen.
Weshalb man vorsichtig damit sein sollte, sein eigenes Elterndasein an den wenigen spektakulären Ereignissen festzumachen, von denen die Kinder noch Jahrzehnte später erzählen. Wichtiger als die wenigen Höhepunkte sind die täglichen Routinen, die wir mit den Kindern so oft vollziehen, bis sie am Ende zu einer Gewohnheit werden, so selbstverständlich wie das Amen in der Kirche.
Ein weiterer Artikel zum Thema Morgenrituale:
Ab und zu ein Spieleabend ist keine Gewohnheit. Jeden Abend vor dem Einschlafen singen schon.
Das Interessante an Gewohnheiten ist, dass sie im Prinzip frei wählbar sind. Man kann alles ritualisieren. Das Schlechte ebenso wie das Gute. Auch ist es nie zu spät, fehlende Gewohnheiten durch schöne Rituale zu ersetzen. Es ist eines der wenigen Dinge im Leben, die man einfach frei wählen kann.
Die wichtigste Regel dabei lautet: Es muss jeden Tag geschehen. Denn das Wesen des Rituals ist seine Wiederholung. Und Wiederholungen sind zäh. Man braucht ewig, um sich daran zu gewöhnen, aber plötzlich will man nicht mehr ohne sein.
Nenne drei Dinge, die heute gut waren, und ein Ding, auf das du dich morgen freust.
Die zweitwichtigste Regel lautet: Wenn das Ritual doch einmal ausfällt, weil gerade Champions-League-Final war oder die Welt unterging, kein Problem, aber lass nicht zu viel Zeit verstreichen, bevor du wieder damit anfängst.
In einem Interview hörte ich kürzlich Mark Zuckerberg, den viel gescholtenen Gründer und Chef von Facebook, zu diesem Thema sprechen. Man darf über ihn denken, was man will, und sicherlich ist der 38-Jährige nicht die erste Instanz, um in einem Elternmagazin Ratschläge zu erteilen. Und doch blieb mir das, was er da sagte, mehr in Erinnerung als alles, was ich je über Kindererziehung gehört habe.
In einem angenehm unaufgeregten Ton erzählte Zuckerberg, dass er sich jeden Abend an das Bett seiner Töchter setze, sie sind fünf und sechs Jahre alt, und sie frage: Wem hast du heute geholfen? Gut, oder?
Ein Freund von mir bittet seine Kinder jeden Abend: Nenne drei Dinge, die heute gut waren, und ein Ding, auf das du dich morgen freust.
Auch schön. Ich finde Zuckerberg noch besser.
Wir haben unseren Kindern abends im Bett vorgelesen und vorgesungen. Die gleichen Lieder und teilweise auch die gleichen Bücher, die schon unsere Eltern uns vorgetragen hatten. Rituale überdauern Generationen, und sie lächeln milde über Moden.
Welche Gewohnheiten aus Ihrer Kindheit haben Sie weitergetragen?