Kinder und Jugendliche lesen selten Zeitung, meist informieren sie sich über das Internet und soziale Medien. Nicht selten sitzen sie Falschnachrichten auf. Leider sind auch Erwachsene gegen diese Form der Desinformation nicht gefeit. Gerade in diesen schwierigen Corona-Zeiten werden aus Verschwörungsmücken durch ungeprüftes Liken und Weiterleiten schnell Verschwörungselefanten. Wenn wir nicht mehr wissen, was wir glauben sollen, dann haben die sogenannten Fake News ihr Ziel erreicht: Destabilisierung und Spaltung. Verschiedene psychologische Techniken unterstützen das, weil sie unbewusste Areale des menschlichen Gehirns ansprechen.
So funktionieren die gängigsten Online-Manipulationstechniken:
- Framing bedeutet, Worten durch ihre Auswahl eine bestimmte Bedeutung zuzuordnen. Diese Methode wird häufig in der Politik angewandt, um die Botschaft auf eine kurze und griffige Formel zu reduzieren. Wenn also von «Flüchtlingswelle» gesprochen wird, assoziiert das Gehirn den Begriff mit etwas Negativem. So wie es auch einen Unterschied macht, ob von einem «Investor» oder von einer «Heuschrecke» gesprochen wird.
- Priming ist eine psychologische Form der Manipulation, bei der das Gegenüber durch sprachliche Reize beeinflusst wird, ohne es zu merken. Die Methode greift im Gehirn auf Gerüche, Geräusche, Erlebnisse und Gefühle zurück. Ein Beispiel, das ich gerne in Workshops anwende, ist ein alter Kinderwitz. Machen Sie selbst den Test: Lassen Sie Ihr Kind zehnmal hintereinander «weiss» sagen. Fragen Sie dann: «Was trinkt eine Kuh?» Sie trinkt natürlich Wasser. Aber die Antwort lautet meistens «Milch.» So funktioniert Priming.
- Mere-Exposure-Effekt: Kommt ebenfalls aus der Psychologie. Er bedeutet: Je öfter etwas wiederholt wird, desto positiver wird es vom Gehirn wahrgenommen. Viele wundern sich über die bizarren Aussagen von Donald Trump. Je bizarrer, desto mehr werden sie von den Nachrichten aufgegriffen. Dabei ist es gleich, ob seine Aussagen wahr, unwahr oder lächerlich sind. Denn unterbewusst wird Trump seinen Wählern auf diese Weise immer vertrauter.
All diese Methoden sind nur dazu geschaffen, den Blick der Menschen auf die Realität zu verschleiern, um sie zu manipulieren. Hinzu kommt noch ein weiterer Effekt: Viele Webseiten oder soziale Medien versuchen, aufgrund der Informationen, die sie über den einzelnen User haben, sein Verhalten vorauszusagen. Beim nächsten Besuch liefern sie ihm dann nur jene Informationen, die seine Einstellung bestätigen. Andere Standpunkte filtern sie heraus. So entsteht eine «Filterblase», in der der Nutzer den Bezug zur Realität verliert.
Wenn Kinder und Jugendliche einer solchen Manipulation unterliegen, haben sie keine Chance, sich eine klare Meinung zu bilden und die Realität zu erkennen. Wer aber nicht lernt, sich mit anderen Standpunkten auseinanderzusetzen, weil er diese nicht wirklich erlebt, wird auch niemals argumentieren können. Doch ohne freie Meinungsbildung und Argumentationsfähigkeit gibt es keine Demokratie.
Deshalb sind wir als Erwachsene gefordert, Kinder und Jugendliche dabei zu unterstützen, Informationen aus dem Netz kritisch zu hinterfragen und mit ihnen die Methoden der Manipulation zu entlarven. Beispiele im Netz gibt es genug.