Wir erzählen: «Selbstliebe ist uns wichtiger als gute Noten»
Bild: Salvatore Vinci / 13 Photo
Rahel, 43, ist Mutter dreier Kinder im Alter von 7, 10 und 12 Jahren und lebt mit ihrer Familie im Kanton Zürich. Von ihren Eltern hat sie «unendlich viel Liebe» bekommen und die Fähigkeit zur Selbstliebe erfahren. Beides möchte sie ihren Kindern weitergeben.
«Selbstliebe hat für mich viel mit Selbstbestimmung zu tun, zu entscheiden, was und wann man etwas machen darf. Ich wollte immer, dass meine Kinder spüren, was sie möchten und dass sie diese Bedürfnisse ausleben dürfen. Ein Beispiel: Meine Kinder liebten Gummistiefel über alles, als sie klein waren. Sie liefen zu jeder Tages- und Jahreszeit damit herum. Es war mir egal, wie die anderen Mütter mich anschauten, wenn sie bei 25 Grad und Sonnenschein in Sommerkleidung und Gummistiefeln auf dem Spielplatz auftauchten.
Jetzt sind sie grösser und mein Job ist es, sie zu ermuntern, ihre Bedürfnisse klar zu kommunizieren. Dabei ist mir nicht nur wichtig, dass sie sich und ihre Gefühle ernst nehmen, sondern auch, dass sie liebevoll mit sich und ihrer Umwelt umgehen.
Manchmal bin ich der Blitzableiter
Meine Tochter ist sieben Jahre alt und noch ganz harmonisch und ohne Zweifel, sie sagt, was sie denkt und ist ganz bei sich. Die Jungs dagegen sind grosse Selbstzweifler. Der Jüngere kam einmal weinend nach Hause, weil einige aus seiner Clique einen Witz auf seine Kosten gemacht hatten.
In solchen Momenten ist er ausser sich, lässt auch keine Nähe zu – ich bin dann sein Blitzableiter, kriege die Gefühle ungefiltert ab, manchmal gehen auch Sachen kaputt. Das ist anstrengend, aber ich akzeptiere es, weil er die Gefühle so benennen kann. Manchmal hat er abends auch Angst, einzuschlafen.
Sein älterer Bruder ebenfalls. Er macht sich alle möglichen Gedanken über Leben und Tod, Krankheit und Sterben sowie den Sinn des Lebens ganz generell. In solchen Momenten mögen sie es, wenn ich mit ihnen kuschle, den Rücken massiere, ihnen zuhöre. Haben sie Stress mit schlechten Noten, versuche ich relaxt zu bleiben. Mir ist es wichtiger, dass sie ihre kindliche Unbeschwertheit und den Glauben an sich bewahren, als dass sie mit Sechsern in der Schule brillieren.»
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