«In München ändern die Regeln immer wieder» - Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi
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«In München ändern die Regeln immer wieder»

Lesedauer: 4 Minuten

Serie: Familien und Corona weltweit – Teil 4

Wie geht es Familien im Ausland in der Corona-Zeit? Was wünschen sie sich und wie werden sie Weihnachten verbringen? Wir haben uns auf die Suche gemacht und einige Familien in anderen Ländern befragt. Hier berichtet Heike Muthmann, wie die Situation in Deutschland aussieht.

Das Ehepaar Heike, 41, und Andy Muthmann, 47, wohnt zusammen mit ihren drei Kindern Carla, 7, Henri, 5, und Theo, 3, in München. Heike arbeitet als Head of CRM im Digitalbereich und Andy ist freiberuflicher Coach und Berater. Die beiden stammen ursprünglich aus Niedersachsen, wo auch ihre Eltern und Geschwister immer noch leben. 

Wie ist aktuell die Situation mit dem Coronavirus in Ihrem Land? 

Wir wohnen in München, hier ändern sich die Regeln – wie vermutlich überall – in schöner Regelmässigkeit. Mittlerweile sind wir wieder im harten Lockdown mit geschlossenen Schulen und Kindergärten. Wir Eltern beschränken unsere Kontakte aber sowieso schon länger auf ein absolutes Minimum.
So sah der Spass im Sommer aus: Die Kinder lassen sich von Corona nicht die Laune verderben und geniessen das Wattenmeer.
So sah der Spass im Sommer aus: Die Kinder lassen sich von Corona nicht die Laune verderben und geniessen das Wattenmeer.
Die Maskenpflicht für Kinder besteht hier ab sechs Jahren. Unsere Tochter trägt also eine Maske, derzeit auch im Unterricht und in der Mittagsbetreuung nach der Schule. Unsere Jungs gehen noch in den Kindergarten, dort besteht die Maskenpflicht seit einigen Wochen für die Lehrpersonen. Für die Kindergartenkinder hat sich relativ wenig geändert, abgesehen von strenger Gruppentrennung, häufigem Lüften und Hände waschen natürlich.

Wie ist die Arbeitssituation bei Ihnen und Ihrem Mann?

Wir haben das Riesenglück, beide von daheim arbeiten zu können. Ich habe einen tollen Arbeitgeber, der uns schon vor dem ersten Lockdown vorsorglich ins Homeoffice «verbannt» hat, das funktioniert wunderbar. Die meisten meiner Kolleginnen und -kollegen haben auch kleine Kinder, so dass jeder Verständnis hat, wenn mal ein Rabauke im Schlafanzug den Zoomcall sprengt. Mein Mann ist normalerweise als Coach und Berater recht viel auf Reisen, das war anfangs eine ziemliche Umstellung. Mittlerweile läuft dort auch fast alles online, so dass wir jetzt insgesamt sogar mehr Familienzeit haben als vor Corona. 

Wie ist die Kinderbetreuung organisiert?

Im ersten Lockdown, als alle drei Kinder zuhause waren, haben wir konsequent «Schichtarbeit» gemacht: Ich habe gleich um 7 Uhr früh losgelegt, ab 12 Uhr «durfte» mein Mann. Ich habe den frühen Arbeitsstart dann sogar beibehalten als Kindergärten und Schulen wieder geöffnet wurden, damit ich unsere Grosse früher aus der Mittagsbetreuung abholen kann, solange sie dort durchgehend Maske tragen muss. Phasenweise haben wir uns auch mit den Nachbarn zusammen getan: Bei uns war Schule, nebenan Kindergarten. Ein gutes Netzwerk ist auf jeden Fall Gold wert, unsere Familien leben nämlich nicht in München und wir haben keine externe Hilfe.  

Wie nah ist Corona? Waren Sie selber schon in Isolation oder Quarantäne?

Wir hatten gleich in den ersten Märzwochen zwei Fälle in der direkten Nachbarschaft. Das war zu einem Zeitpunkt, als ich noch gar nicht ganz realisiert hatte, wie ernst die Situation ist. Die Kinder hatten in den Tagen vorher noch zusammen gespielt, das war also erstmal ein Schockmoment. Der Test war dann aber bei allen negativ, auch wenn ich Symptome hatte.

Im Oktober waren wir dann noch ein zweites Mal in Quarantäne, wegen eines Falls in der Schule. Beim ersten Mal war alles etwas chaotisch, beim zweiten Mal deutlich entspannter. Die Kinder spielten stundenlang Lego und Kappla, die Grosse bastelt gerne und ab und zu haben wir einen Filmabend gemacht. Gerade in der Quarantäne war es praktisch, dass unsere drei Kinder keinen allzu grossen Altersunterschied haben. Wir haben auch einen kleinen Garten, den haben wir nochmal ganz anders schätzen gelernt. Besonders, als hier in Deutschland die Spielplätze geschlossen waren. 

Weihnachten steht vor der Tür: Wissen Sie schon, wie Sie feiern werden?

Normalerweise würden wir 800 Kilometer Richtung Norden fahren zu unseren unsere Eltern und Geschwistern. Darauf werden wir in diesem Jahr schweren Herzens verzichten. Zum Glück haben wir uns im Sommer alle nochmals gesehen. Zu Weihnachten gibt es eine Zoomparty. Vor allem die Grosseltern sind natürlich traurig, aber wir versuchen nach vorne zu schauen und uns auf ein Wiedersehen zu Ostern oder spätestens im Sommer zu freuen. 

Die Weihnachtsfeier mit den Arbeitskolleginnen und -kollegen wird auch online stattfinden. Die Krippenfeier für die Kinder findet dieses Jahr draussen statt, das wird bestimmt ganz besonders. Ich versuche mich jetzt darauf zu freuen, dass dieses Jahr alles etwas ruhiger wird als sonst.

Wie erleben Sie die Situation als Ganzes: Hat Corona dem Familienleben ungewohnte Türen geöffnet oder eher für zusätzlichen Stress gesorgt?

Wir sind wirklich gut durch die Zeit gekommen, dafür sind wir sehr dankbar. Klar würden wir gerne mal wieder ausgehen, unbeschwert Freunde treffen, den nächsten Urlaub planen … Aber: Wir haben ein Haus mit Garten, wir sind nicht von Kurzarbeit betroffen und können von daheim aus arbeiten, und die Kinder hatten in Quarantäne immer ihre Geschwister zum Spielen. 
 
Gerade die Kinder haben, glaube ich, die «Corona-Ferien» im Frühling sogar ein stück weit genossen und abseits vom Kindergarten- und Schulalltag ganz neue Talente entdeckt. Unser Mittlerer hat sich mit Küchenmagneten selbst Rechnen beigebracht und sein Faible für Schere und Kleber entdeckt. Der Kleinste hat sprachlich nochmal einen richtigen Schub hingelegt. Und die Grosse hat während des Homeschoolings gelernt, sich mit dem Wochenplan selbst zu organisieren, und sich sogar «extra Freizeit» zum Spielen und Basteln eingeplant. 

Auch die ausgefallenen oder verkleinerten Geburtstagsfeiern im Sommer waren kein grosses Drama. Wir versuchen einfach, den Kindern eine positive Grundhaltung mitzugeben und das Beste aus der Situation zu machen. 

Was wünschen Sie sich für 2021?

Ganz ehrlich? Urlaub! Ein paar Tage einfach nur die Seele baumeln lassen – das wäre toll. Normalerweise bin ich der «Rundreise-mit-ganz-viel-sehen»-Typ, jetzt tendieren wir zum entspannten Nordseeinseln-Urlaub, denn das Jahr war phasenweise doch sehr kräftezehrend. 

Unsere Familien und Freunde möchten wir natürlich wiedersehen – und alle mal wieder fest drücken.

Und fürs «grosse Ganze» hoffe ich, dass wir einander vielleicht wieder etwas mehr zuhören und Rücksicht auf einander nehmen. Ich wünsche mir mehr Dankbarkeit und Respekt denjenigen gegenüber, die gerade in diesem verrückten Jahr einen Wahnsinnsjob gemacht haben: in der Pflege, in den Krankenhäusern, bei der Polizei oder Feuerwehr, im Verkauf, in der Forschung oder als Erzieherinnen und Erzieher zum Beispiel. Und natürlich hoffe ich, dass der Impfstoff uns ein Stück Normalität zurückbringen kann.

Lesen Sie in Teil 5 unserer Serie Familien im Corona-Alltag auf der ganzen Welt wie die Situation in Tschechien aussieht. Alle bisher erschienen Familienporträts können Sie hier nachlesen: Familien und Corona weltweit.


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