Wie vor allem Buben mehr Spass am Lesen finden
Bild: Remo Hegglin
Mit dem Projekt «bewegte Geschichten» sollte ursprünglich vor allem die Lesekompetenz von Buben gefördert werden. Aber auch Mädchen profitieren davon. Ein Unterrichtsbesuch.
Das Netzwerk für Schulische Bubenarbeit NWSB, heute Fachstelle für Jungen- und Mädchenpädagogik und Projekte für Schulen JUMPPS, ist deshalb von der Drosos Stiftung angefragt worden, ein Projekt zu lancieren, das diese Diskrepanz reduzieren kann. Mit dem Ziel, Beschäftigungen zu finden, die Buben mehr ansprechen, konnte sich das Projekt allmählich etablieren: Die Buben lesen die Geschichten vor, bewegen sich dazu und erleben sie so hautnah. Das Projekt ist interdisziplinär aufgebaut. Zu den mitarbeitenden Lesecoachs gehören neben Lehrern auch Theaterpädagogen, Schauspieler, Sprechtrainer, Erlebnis- und Sozialpädagogen. Um die Buben zum Buch zu führen, werden bisher nur Männer als Lesecoaches eingesetzt.
Kinder werden zu Vorbildern
Die Buben lesen sich die
Geschichten vor, bewegen sich dazu und erleben sie
so hautnah.
Zurück an der Schule Auzelg. Der Lesecoach Carlo Magni war früher Primarlehrer. Er ist seit den Anfängen bei «bewegte Geschichten» dabei. Im Auzelg werden zwei fünfte Klassen in die «bewegten Geschichten» eingeführt.
Carlo Magni arbeitet mit der einen Klassenlehrerin in der Mädchengruppe, Walter Millns mit der anderen in der Bubengruppe. Er sagt, es mache durchaus Sinn, in geschlechtsspezifischen Gruppen zu arbeiten. Buben wie Mädchen hätten ihre eigenen Themen, bei denen es sich lohne, sie ernst zu nehmen.
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Sich mit den Figuren einer Geschichte identifizieren
Neben den Konzentrationsübungen gibt es Erlebnisübungen. Sie helfen den Schülerinnen und Schülern, sich mit den Figuren einer Geschichte besser zu identifizieren. Identifikation und Veranschaulichung haben einen hohen Stellenwert bei «bewegte Geschichten».
Die Motivation ist an diesem Vormittag in jeder Gruppe sehr hoch. Carlo Magni erklärt, dass die uninteressierten Kinder, für die das Projekt entwickelt wurde, oft Spätzünder seien. Es freue ihn jedes Mal, wenn diese Kinder plötzlich aufblühen. Er ist fest davon überzeugt, dass die Verantwortung, welche die Kinder beim Vorbereiten und Durchführen der Auftritte übernehmen müssen, sehr motivationsfördernd ist.
Oft ist aber Überzeugungsarbeit nötig. «Bisher haben wir wirklich vor allem mit Buben zusammengearbeitet», sagt Urs Urech. «Meist sind sie skeptisch und fragen, weshalb sie mit uns lesen üben müssen, wo sie doch schon lesen können.» Dann helfe ein Vergleich mit Fussballtrainings: Professionelle Fussballspieler trainieren mehrmals die Woche.
«Wieso müssen wir lesen üben? Wir können doch schon lesen», heisst es oft. Da hilft der
Vergleich mit Fussballprofis: Auch sie müssen trainieren.
Beim Training lernen die Schülerinnen und Schüler auch, die Bedürfnisse ihrer Kameradinnen und Kameraden wahrzunehmen, respektvoll miteinander umzugehen und als Team aufzutreten. Es seien schon einige Lehrpersonen erstaunt gewesen, wie stark die Sozialkompetenz mit diesem Programm geschult werde, so Carlo Magni.
Am Programm «bewegte Geschichten» können Klassen der Mittel- und Oberstufe teilnehmen. Ein Lesecoach begleitet sie, bringt das benötigte Material mit und organisiert ausserdem einen Elternabend zum Thema. Interessierte Lehrpersonen oder das gesamte Schulteam nehmen an einem Weiterbildungstag teil und erhalten Lehrmaterialien, welche die Lehrpersonen unterstützen soll, das Programm später selbständig anzuwenden. 2016 wurde «bewegte Geschichten» mit dem «Worlddidac Award» ausgezeichnet.
Weitere Informationen:
www.bewegte-geschichten.ch
7 Tipps – so begeistern Sie Ihr Kind fürs Lesen
- Jeder liest 15 Minuten in seinem Buch.
- Lassen Sie Ihr Kind in der vereinbarten Lesezeit aus seinem Buch vorlesen – und das an einem schönen Ort.
- Seien Sie Vorbild und lesen Sie für Ihr Kind sichtbar die Zeitung.
- Lassen Sie Ihr Kind zwei Fotos aus dieser Zeitung auswählen – und den Text dazu vorlesen.
- Schliessen Sie die Augen und lassen Sie Ihr Kind einen Zeitungsartikel vorlesen, suchen Sie das passende Bild dazu aus. Anschliessend tauschen Sie die Rollen.
- Lesen Sie gemeinsam mit Ihrem Kind einen Text laut (Kochrezept, Zeitung, Buch, usw.), anschliessend wählen Sie einen Text aus, den Sie abwechselnd vorlesen. Getauscht wird jeweils nach einem Satz.
- Erzählen Sie Ihrem Kind von einem Artikel, der Sie begeistert hat.
Zur Person:
Weiterlesen:
Musik hören, fernsehen und Bücher lesen. Das sind die liebsten Medientätigkeiten von Kindern im Primarschulalter. Tatsächlich hat das Buch keineswegs an Bedeutung verloren. Zumindest für die Kinder, deren Eltern auch lesen.
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