Selbstfürsorge: Erfahrungsbericht einer Mutter
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«Ich bin für vieles in meinem Leben sehr dankbar»

Lesedauer: 2 Minuten

Die 49-jährige Sarah lebt mit ihren drei Kindern in Zürich. Sie praktiziert Selbstfürsorge, um nach der Scheidung positive Perspektiven zu bewahren und ihr Wohlbefinden inmitten schwieriger Lebensumbrüche zu stärken.

Aufgezeichnet von Julia Meyer-Hermann
Bild: Anne-Gabriel Jürgens / 13 Photo

Sarah Pel, 49, arbeitet als Heilpädagogin und hat drei Kinder: Jan, 23, und Lars, 18, arbeiten schon beziehungsweise machen eine Ausbildung. Marie, 14, geht in die zweite Sekundarschule. Sarah Pel lebt in Scheidung. Alle drei Kinder leben bei ihrer Mutter in der Stadt Zürich.

Eine gute Selbstfürsorge ist besonders dann von grosser Bedeutung, wenn herausfordernde Lebensphasen anstehen. Mir war das glücklicherweise schon immer bewusst, denn sonst hätte ich die letzte Zeit vielleicht weniger gefasst ertragen können.

Mein Mann und ich haben uns vor gut drei Jahren getrennt, inzwischen ist die Scheidung beantragt. Ich hatte seitdem mehrere schlaflose Nächte. Es ist natürlich nicht schön, mit fast 50 vor dem Nichts zu stehen und das Leben noch mal neu ordnen zu müssen. Ich wünsche mir auch, dass meine drei Kinder, unser Hund und ich in unserem Zuhause bleiben können.

Das Wichtigste ist, ein Bewusstsein dafür zu entwickeln, was man braucht und was man hat.

Die drei sind schon sehr selbständig und nicht mehr ständig auf mich angewiesen. Ich arbeite deshalb auch fast 80 Prozent und bin öfter nicht daheim. Trotzdem ist es natürlich wichtig, dass sie durch meine Sorgen und durch die Trennung nicht zu sehr beunruhigt sind.

Ich habe verschiedene Rituale und Strategien entwickelt, um gut für mich selbst zu sorgen und mein Wohlbefinden zu stärken. Dazu gehört zum Beispiel, regelmässig Zeit in der Natur zu verbringen. Ich gehe oft mit meinem Hund spazieren und geniesse die Ruhe und Schönheit der Natur. Ich tanke dabei auf. Ich lasse manchmal alles stehen, um eine Freundin zu treffen. Ich achte darauf, genug zu schlafen. Mittlerweile bin ich die Erste in der Familie, die ins Bett geht.

Selbstfürsorge praktizieren

Das Wichtigste ist aber vermutlich, ein gutes Bewusstsein dafür zu entwickeln, was man braucht und was man tatsächlich hat. Ich bin für vieles in meinem Leben sehr dankbar: Ich habe einen sicheren Beruf, bin gesund, habe meine Familie in meiner Nähe und viele gute Freundinnen.

Selbstliebe bedeutet in meinen Augen nicht, sich tolle Kleidung und Kosmetik zu kaufen oder eine teure Reise zu machen. Eine gute Selbstfürsorge beinhaltet, achtsam für schöne Momente zu sein. Dabei hilft mir eine Methode, die sich ‹Perspektivenwechsel mit Bohnen› nennt. Ich packe mir morgens fünf trockene Bohnen in die rechte Hosentasche. Jedes Mal, wenn etwas Schönes passiert, wenn zum Beispiel ein Vogel zwitschert, die Nachbarin einen anlächelt oder etwas gut schmeckt, halte ich kurz inne, mache mir den Moment bewusst und lasse eine Bohne von der rechten in die linke Tasche gleiten. Abends nehme ich die Bohnen aus der Hosentasche raus – meistens haben alle die Seite gewechselt – und erinnere mich an jeden Moment. Ich konzentriere mich also auf das Wesentliche. Auf diese Weise bin ich bei mir, auch wenn die Welt um mich herum chaotisch ist.

Julia Meyer-Hermann
lebt mit ihrer Tochter und ihrem Sohn in Hannover. Ihre Schwerpunkte sind Wissenschafts- und Psychologiethemen.

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