Webfilter und Co: Ist Kontrolle besser als Vertrauen?
Was sieht mein Kind im Internet? Wie habe ich Kontrolle über mein Kind an der Spielkonsole? Es gibt zahlreiche technische Möglichkeiten, den Medienkonsum des Kindes im Blick zu behalten oder einzuschränken. Viele Eltern nutzen sie allerdings nicht.
Text: Stephan Petersen
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«Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser?»
Das Lenin zugeschriebene Zitat dürfte vielen bekannt sein. Allerdings haben gerade Lenins Sowjetunion oder die DDR genau das Gegenteil bewiesen: Kontrolle untergräbt Handlungsfreiheit und Kreativität.
Vertrauen ist hingegen eine Voraussetzung für menschliche Beziehungen: Nachbarn, die sich gegenseitig helfen. Eltern, die ihrem Kind mehr geben als blosse ökonomische Sicherheit. Freunde, die in Notzeiten füreinander da sind. Vertrauen ist der Klebstoff menschlicher Beziehungen, jenseits von Zwang und Regeln.
Sollten Eltern also ihren Kindern einfach voll vertrauen?
Wenn ich einem Menschen vertraue, hat dieser mehr Freiheit. Allerdings weiss nicht jeder mit dieser Freiheit umzugehen. Insbesondere Kinder müssen diese Fähigkeit erst noch entwickeln. Ausserdem haben Eltern die Sorge- und Aufsichtspflicht für ihre Kinder. Das gilt auch für deren Umgang mit den neuen Medien, für Ihre ersten Erfahrungen mit Internet, Konsole und Handy. Doch ausgerechnet hier bewegen sich selbst medienerfahrene Eltern nicht immer sicher. Das digitale Angebot ist riesig, ständig gibt es neue Trends und Entwicklungen.
Kinder anfangs im Internet zu kontrollieren, kann auch helfen, auf Dauer Vertrauen aufzubauen!
Ein Grund zur Resignation?
Ganz und gar nicht: Eltern sollten nicht vergessen, dass es zum Heranwachsen gehört, Fehler zu machen und daraus zu lernen. Wer im Hinblick auf neue Medien nur Verbote ausspricht, der handelt kontraproduktiv – in Bezug auf die kindliche Entwicklung und auf die Beziehung untereinander. Anfängliche Kontrolle ist besser als Verbote. Denn sie kann auch dabei helfen, nach und nach Vertrauen aufzubauen. Es gibt zahlreiche technische Mittel, mit Hilfe derer Eltern zum Beispiel Einfluss darauf nehmen können, was ihre Kinder im Internet sehen.
Doch oftmals machen sie keinen Gebrauch davon: «Es ist bekannt, dass Eltern relativ selten technische Möglichkeiten nutzen, um die Internetnutzung ihres Kindes zu reglementieren», sagt Martina Zemp, Psychologin mit Schwerpunkt Kinder- und Jugendpsychologie.
Und sie fügt an: «Auf der Grundlage des aktuellen Forschungsstands muss es insgesamt als problematisch angesehen werden, wenn Kinder in der Sozialisierung mit neuen Medien allein gelassen werden.» Denn damit steigt die Gefahr, dass sie zu viel oder auf gefährlichen Webseiten surfen.