«Ich will nicht Coiffeuse werden»  - Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi
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«Ich will nicht Coiffeuse werden» 

Lesedauer: 1 Minuten

Yara, 14, setzt alles daran, es ins Gymnasium zu schaffen. Die Sekschülerin hat Angst, dass ihre Zukunftschancen sonst schwinden. 

«Manchmal habe ich das Gefühl, über mir schwebe eine dunkle Wolke. Dann blicke ich nicht mehr durch. Ich gebe mir in der Schule allergrösste Mühe, was sich kaum auf meine Noten auswirkt. Ich besuche die zweite Sekundarklasse und bereite mich auf die Aufnahmeprüfung ins Gymnasium vor, wie die Hälfte der Schüler in meiner Klasse. Nach der sechsten Klasse hatten es ausser drei Schülern alle versucht, ich inklusive. Ich hoffe, diesmal klappt es. Manchmal zweifle ich an mir: Bin ich nicht klug genug? Sollte ich mich besser für eine Lehrstelle bewerben? Ich weiss, dass dies für mich nicht das Richtige wäre. Die Matura öffnet einem viele Türen. Berufe, die mich interessieren, setzen sie voraus: Ich könnte mir vorstellen, Anwältin zu werden oder Journalistin – aber nicht Coiffeuse. Gerade kommt alles auf einmal. In der Schule steht die Berufswahl im Zentrum, dabei bräuchte ich meine Energie, um mich auf die Gymiprüfung vorzubereiten. 

«Manchmal zweifle ich an mir: Bin ich nicht klug genug?»

Im Vorbereitungskurs, den die Schule anbietet, musste ich mir meinen Platz erkämpfen. Der Klassenlehrer wollte meine Teilnahme verhindern, ich sei nicht geeignet. Nun kann ich doch hingehen, weil sich meine Eltern für mich eingesetzt haben: Für sie ist meine Motivation wichtiger als die Schulnoten. Ich war in der Primarschule aus den USA in die Schweiz gezogen, meine Eltern sind Ingenieure und hatten hier ein Jobangebot. Deutschlernen war anspruchsvoll, doch die grösste Umstellung bedeutete das Schulsystem. In Amerika war der Unterricht anschaulicher, aktiver. Hier hält der Lehrer einen Monolog. In den USA war der Stundenplan nicht für alle gleich, man ging ein auf die individuellen Stärken der Schüler. Freizeit habe ich kaum. An Abenden und Wochenenden lerne ich, die Hausaufgaben dauern oft bis spät. 

«Oft habe ich aus dem Nichts heraus angefangen zu weinen» 

Vor ein paar Monaten ist mir alles über den Kopf gewachsen, ich war müde, verlor meine Motivation und war nur noch gereizt. Oft habe ich aus dem Nichts heraus angefangen zu weinen. Meine Mutter ermutigte mich, die Jugendberatungsstelle aufzusuchen. Viele haben Hemmungen, Hilfe in Anspruch zu nehmen; ich kann es nur empfehlen. Meine Beraterin brachte mir Entspannungsübungen bei, aber auch Strategien, um Druck abzubauen. Tagebuchschreiben hilft gegen Stress, Lesen ebenso. Ich lege jetzt öfter mal das Handy weg, schlafe besser, habe mehr Energie für die Schule. Und doch gerate ich immer wieder unter Druck, den ich mir selbst mache. Meine Eltern schimpfen nicht, wenn ich schlechte Noten habe, und sie hören nicht auf, mich immer wieder aufs Neue zu motivieren. Dafür bin ich ihnen dankbar.»

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