Unterwegs mit der KESB - Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi
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Unterwegs mit der KESB

Lesedauer: 9 Minuten

Sie gilt als das umstrittenste Amt der Schweiz: die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde KESB. Für das Schweizer ElternMagazin öffnete die KESB der Stadt Bern einen Tag lang ihre Türen. Ein Einblick in die Arbeit der Menschen, die es scheinbar niemandem recht machen können.

Mittwochmorgen, 8.30 Uhr. Vor der Kaffeemaschine der kleinen Küche der KESB an der Berner Weltpoststrasse hat sich eine Schlange gebildet. Charlot­te Christener, die Chefin, steht an wie alle anderen auch. «Charlotte, hast du kurz Zeit für Frau Sondereg­ger? Sie ist am Telefon.» Christine Brauchle, die Leiterin des Sekreta­riats, streckt den Kopf zur offenen Tür herein, kaum steht Christener zuvorderst. Sie nickt, zuckt die Schultern. Der Kaffee muss warten. Zwei Minuten später schlendert sie mit einem Headset auf dem Kopf durch die Gänge. «Ja, ich rechne auch noch mit einer Anzeige. Aber was will man machen?», sagt sie.

Leute, die der Kindes­ und Erwach­senenschutzbehörde KESB im All­ gemeinen und ihrer Chefin im Besonderen nichts Gutes wünschen, gibt es zur Genüge. Kaum eine Woche vergeht ohne Schlagzeilen wie «Sozial­Irrsinn bei der KESB», «Mahnwache gegen KESB­-Willkür» oder «Schafft endlich die KESB ab».

Charlotte Christener und ihr Team haben gelernt, damit zu leben. Egal ist die Kritik den Menschen, die hier täglich Entscheidungen über das Privatleben anderer Leute tref­fen, nicht. «Oft können wir uns nur noch aussuchen, von welcher Seite wir den Klapf wollen», wird Chris­teners Stellvertreter Markus Engel im Laufe des Tages sagen. Beeinflus­sen lassen will man sich davon nicht. Einschüchtern schon gar nicht.

Meistens geht es um Konflikte in der Familie

9 Uhr. Das erste Meeting des Tages. Bei der informellen interdisziplinä­ren Sitzung diskutiert die Behörde, bestehend aus insgesamt sieben Per­sonen – Juristinnen, Sozialarbeitern und einem Psychologen –, ihre schwierigen Fälle. Markus Engel trägt sein erstes «Sorgenkind» vor.

Die Mutter, Akademikerin mit Migrationshintergrund, und der Vater, Lebenskünstler vom Lande, haben zwar das gemeinsame Sorge­ recht für das zweijährige Kind, aber sie haben dermassen unterschiedli­che Ansichten über Kindererzie­hung und das Leben im Allgemei­nen, dass der Vater sich nach diversen Streitereien an die KESB wandte. Diese setzte für das Kind, das bei der Mutter lebt, einen beglei­tenden Beistand ein. Bei den meis­ten Kindesschutzfällen geht es um Konflikte zwischen den Eltern.

«Wir lassen uns nicht von Kritik beeinflussen. Und schon gar nicht einschüchtern.»

Charlotte Christener und ihr Team sind sich Kritik gewohnt.

Charlotte Christener lächelt: «Da haben wieder einmal zwei komplet­te Gegensätze zueinander gefun­den.» Die Mutter hat bei der KESB einen Antrag gestellt, mit dem Kind ihre Verwandten in der Heimat besuchen zu dürfen. Der Vater erhebt Einspruch: Angst vor Kin­desentführung. «Was machen wir?», fragt Engel und schielt über seinen Brillenrand. «Die Eltern sind nicht verheiratet?», fragt Sozialarbeiterin Franziska Voegeli.

Markus Engel nickt: «Mutter und Kind tragen denselben Namen und haben gültige Pässe. Wenn sie es entführen wollte, könnte sie doch einfach mit dem Kind ins Flugzeug steigen und hätte wohl kaum Vater und Beistand vorgängig informiert.»

«Was sind die Fakten?», will Charlotte Christener wissen. Die Frage der Juristin. Und die unter­schwellige Angst vor den Folgen eines übereilten Entscheides. «Wir können nicht einfach über den Dau­men gepeilt davon ausgehen, dass die schon wieder kommt mit dem Kind. Was, wenn nicht? Dann sind wir s Poulet!» Markus Engel soll die Mutter zu den Einwänden des Vaters Stellung nehmen lassen. Dann wird nochmals über die Sache verhandelt.

Eine Heimplatzierung ist vertretbar

Im nächsten Fall geht es um zwei Buben, 15 und 16 Jahre alt, mit Schleppern aus Afrika in die Schweiz gekommen und bei der Tante in Bern aufgewachsen. Diese zog mit den Buben in einen anderen Kanton um, was sie aus ausländerrechtlichen Gründen nicht hätte tun dürfen. Die Buben hauten ab, möchten lieber in der Hauptstadt in einem Kinderheim leben als bei der Tante in der für sie fremden Umgebung. «Sie hat den Buben mit dem illegalen Umzug den Boden unter den Füssen weggezogen», sagt Franziska Voegeli. Das und das Einverständnis der Jungen machen eine Platzierung im Heim vertretbar.
Die Räume der Behörde sollen einladend wirken. Spielzeug steht immer bereit.
Die Räume der Behörde sollen einladend wirken. Spielzeug steht immer bereit.
144 neue Obhutsentzüge gab es 2015 im Kanton Bern. Nach Schätzungen von Charlotte Christener und ihren Kolleginnen und Kollegen hätten die Betroffenen in gut 90 Prozent davon im Laufe des Prozesses die Notwendigkeit der Massnahme eingesehen. «Es ist also bei Weitem nicht so, dass wir täglich Wohnungen stürmen und unbescholtenen Eltern ihre Kinder wegnehmen lassen», sagt Charlotte Christener.

Zumal jeder eröffnete Fall Geld kostet. Immer wieder fällt dieser eine Satz: «Wer zahlt das?» Bern ist in dieser Hinsicht ein Sonderfall: Anders als zum Beispiel im Kanton Zürich, wo die Gemeinden für die Massnahmen aufkommen, bezahlt in Bern der Kanton selbst, was die kantonale KESB verordnet. Das verhindert manchen Konflikt mit der Stadt, heisst aber nicht, dass sich die KESB jederzeit für alles in der finanziellen Pflicht fühlt.

Dass an diesem Morgen zwei von drei besprochenen Fällen Kinder betreffen, ist eine Ausnahme. In der Regel sind nur gut drei von sieben Fällen Kindesschutzfälle.

«Es ist nicht so, dass wir täglich Wohnungen stürmen und Kinder wegnehmen lassen.»

Charlotte Christener, Präsidentin der KESB

Beim Rest geht es meist um Beistandschaften für Erwachsene, oft für ältere Personen. Auch darum kümmert sich die KESB.

Und die neusten Statistiken belegen: Seit der Einführung der KESB im Januar 2013 wurden gesamtschweizerisch 1,3 Prozent weniger Kindesschutzmassnahmen pro Jahr getroffen als zuvor. Ende 2012 waren es 42 381, im Jahr 2015 nur noch 40629. «Das liegt vermutlich vor allem daran, dass heute mehr versucht wird, in freiwilligem Rahmen mit den Betroffenen nach Lösungen zu suchen. Gelingt dies, sind behördlich angeordnete Kindesschutzmassnahmen unnötig», so Charlotte Christener.

«Ist das Wohl des Kindes gefährdet und sorgen die Eltern nicht von sich aus für Abhilfe oder sind sie dazu ausserstande, so trifft die Kindesschutzbehörde die geeigneten Massnahmen zum Schutz des Kindes.» So steht es in Artikel 307, Absatz 1 des Zivilgesetzbuches. So lautet der gesetzliche Auftrag der Kindesschutzbehörde. Wie schwierig es sein kann, diesen Auftrag auszuführen, zeigt sich in der 10-Uhr-Sitzung, in der die aktuellen Entscheide der KESB diskutiert und formell erlassen werden. Die erste und entscheidende Frage lautet: «Machen wir überhaupt etwas?»

Vermutungen sind keine Fakten

Eine Gefährdungsmeldung einreichen kann jeder. Amtspersonen, welche die Gefährdung in der Ausübung ihres Amtes feststellen, sind dazu verpflichtet. So geschehen im Fall, den Franziska Voegeli vorträgt. Die Gefährdungsmeldung kam von der Schulkommission, welche häusliche Gewalt im Fall von vier Geschwistern im Alter zwischen neun und zwei Jahren vermutet. Die Kinder sind verhaltensauffällig, schlagen andere Kinder und erzählten in der Schule von Schlägen mit Stöcken und Gürteln. Die Eltern sagten bei einer Anhörung, sie würden keine Unterstützung bei der Erziehung der Kinder brauchen, allfällige Verletzungen seien auf das Spielen im Freien zurückzuführen.

«Schwierig», meint Markus Engel. «Im Moment wissen wir einfach zu wenig.» Der Entscheid: Die Eltern werden angewiesen, bei einer Intensivabklärung vor Ort aktiv mitzumachen. Mehr kann und will die Behörde derzeit nicht machen.

«Beim Verdacht, dass Eltern regelmässig ihre Kinder verprügeln, müssen wir handeln.»

Sozialarbeiterin Franziska Voegeli

Franziska Voegeli atmet tief durch. Sozialarbeit heisst manchmal auch, Unsicherheiten aushalten zu müssen. Die Juristen wollen es genau wissen. Wenn die Vermutung naheliegt, dass Eltern regelmässig ihre Kinder verprügeln, muss man handeln. Aber eben: Vermutungen sind keine Fakten. Viele der Männer und Frauen, die hier arbeiten, sind selbst Eltern. Auch Markus Engels Bürowände zieren zahlreiche Kinderzeichnungen, die Ablagen diverse Star-Wars-Figuren. «Dass wir mehr Distanz zu den Klienten haben als vorher die Vormundschaftsbehörde, stimmt und ist durchaus gewollt», erklärt er und kramt in sei­nen Unterlagen – in säuberlichen Stapeln aufgereiht. «Es soll nicht mehr der Nachbar über familien­rechtliche Belange entscheiden kön­nen. Wir überblicken die Gesamt­situation. Nah dran sind die von der Gemeinde gestellten Beistände und Abklärenden. So ergibt sich ein ganzheitliches Bild.»

Distanz zu den Fällen ist wichtig

Gut 300 Kindesschutzfälle eröffnet die KESB Bern pro Jahr. «Wenn es um Kinder geht, eröffnen wir lieber mal ein Dossier zu viel als eines zu wenig», sagt Markus Engel. Getreu dem KESB­ Grundsatz «So viel wie nötig, so wenig wie möglich».

Dann zieht er ein Blatt aus einer Mappe, liest, schüttelt den Kopf. «Psychische Krankheiten und häus­liche Gewalt sind in unserer Gesell­schaft Realität. Davon können direkt oder indirekt auch Kinder betroffen sein. Häufig erkennen psychisch angeschlagene Eltern nicht, dass sie krank sind.» Klar, als Vater betreffen ihn gewisse Schicksale mehr als andere. «Aber schlussendlich gehört es zu den Kernkompetenzen von Sozialarbeitenden, genügend Dis­tanz zu haben.»

«Häusliche Gewalt ist in unserer Gesellschaft Realität.»

Markus Engel, Vizepräsident der KESB

Der Nachmittag verläuft ruhig. Charlotte Christener besucht eine Klientin in der psychiatrischen Kli­nik, Markus Engel bearbeitet seine Fälle. Es geschieht aber auch öfter, dass ein Notfall-Anruf die Tagesplanung durcheinanderbringt. So wie vor Kurzem, als in der Babyklappe des Inselspitals ein Säugling deponiert wurde. Da hiess es für Markus Engel: alles stehen und liegen lassen. Das Baby brauchte einen Namen, einen Geburtstag, ein Bürgerrecht, einen Beistand und eine Anschlusslösung an den Spitalaufenthalt.

17 Uhr. Charlotte Christener und ihr Kollege Raffaele Castellani kommen zurück aus der Klinik. «Sie spricht jetzt gar nicht mehr mit uns», meint Christener über die Klientin. Auch daran ist sie mittlerweile gewöhnt. Genau wie an die Tatsache, dass es die KESB niemals allen recht machen kann. Entweder sie handelt zu früh oder zu spät oder falsch oder hätte gar nicht handeln sollen.

«Liebe KESB, Sie haben uns sehr geholfen. Ohne Sie hätten wir nicht so schnell eine Lösung gefunden. Danke.»

Warum Charlotte Christener sich den Job trotzdem antut? Sie lächelt und zeigt auf die Wand in ihrem Büro. Zwischen den Zeichnungen und Fotos von ihren Kindern hängt ein unscheinbarer Brief, nur ein paar Sätze: «Liebe KESB, Sie haben uns sehr geholfen. Ohne Sie hätten wir nicht so schnell eine Lösung gefunden. Danke.»

Alle Fälle und Personen wurden von der Autorin so abgeändert, dass sie nicht erkennbar sind.


Was ist die KESB?

Am 1. Januar 2013 löste die professionelle Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde die Vormundschaftsbehörden ab, bei denen Laien über das Schicksal von psychisch Kranken, Behinderten und Kindern, deren Eltern nicht für sie sorgen können, bestimmten. Interdisziplinäre Teams aus Juristen, Psychologen, Pädagogen und Sozialarbeitern sind nun für über 100 behördliche Aufgaben aus dem Kindes- und Erwachsenenschutzrecht zuständig. Schutzbedürftige erhalten eine Beistandschaft, die individuell auf sie abgestimmt ist. 
Das führt zu aufwendigeren Verfahren. Dies oder auch die Kosten, welche die KESB den Gemeinden auferlegt, löst teilweise massive Kritik aus.

Sandra Casalini hatte privat noch nie mit der KESB zu tun. Obwohl die Journalistin und zweifache Mutter von ihrem Besuch dort beeindruckt war, ist sie froh, wenn das so bleibt.
Sandra Casalini hatte privat noch nie mit der KESB zu tun. Obwohl die Journalistin und zweifache Mutter von ihrem Besuch dort beeindruckt war, ist sie froh, wenn das so bleibt.


«Ohne Humor könnte man diesen Job kaum bewältigen»

Charlotte Christener ist seit Mai 2016 Präsidentin der KESB der Stadt Bern. Ein Gespräch über ihre anspruchsvolle Arbeit, die Dauerkritik an ihrer Behörde und wie sie mit Schicksalen umgeht, mit denen sie täglich konfrontiert ist.

Frau Christener, warum tut man sich als Anwältin, die in der Privatwirtschaft viel Geld verdienen könnte, einen Job bei einem so umstrittenen Amt wie der KESB an?

Ich sehe nirgends sonst so viel Sinn hinter meiner Arbeit wie hier. Es geht darum, die schwächsten Glieder der Gesellschaft zu unterstützen, bei denen die privaten Netze nicht mehr greifen. Der Job ist sehr vielseitig. Und hie und da kann man über die Absurditäten, die das Leben manchmal mit sich bringt, auch lachen. Ohnehin könnte man diesen Job ohne Humor kaum bewältigen.
Charlotte Christener-Trechsel ist Anwältin und seit Mai 2014 für die KESB tätig; seit 2016 ist sie Präsidentin der KESB der Stadt Bern. Zuvor arbeitete sie 16 Jahre lang für das Kantonale Jugendamt Bern. Sie ist verheiratet und Mutter eines zehnjährigen Sohnes und einer siebenjährigen Tochter.
Charlotte Christener-Trechsel ist Anwältin und seit Mai 2014 für die KESB tätig; seit 2016 ist sie Präsidentin der KESB der Stadt Bern. Zuvor arbeitete sie 16 Jahre lang für das Kantonale Jugendamt Bern. Sie ist verheiratet und Mutter eines zehnjährigen Sohnes und einer siebenjährigen Tochter.

Sie sind sehr überzeugt vom System der KESB. Warum scheint denn so oft so vieles schiefzulaufen?

Ich war bereits vor der Einführung der KESB rund 15 Jahre lang auf diesem Gebiet tätig und kann deshalb sagen, dass sicher nicht mehr schiefläuft als vorher. Aber die mediale Präsenz hat sich erhöht. Das ist nachvollziehbar, denn von Profis erwartet man mehr als von Laien. Zudem kann das Ausgeliefertsein an eine Behörde bei Betroffenen eine gewisse Ohnmacht auslösen.

Empfinden Sie die teilweise sehr harsche Kritik als belastend? 

Ja, sehr! Natürlich passieren auch bei uns Fehler, wie überall, wo gearbeitet wird. Wir müssen aber unter Umständen nicht nur mit veheerenden Folgen, sondern jedes Mal auch mit einem beispiellosen Bashing seitens der Medien rechnen. Unsere Klienten drohen auch oft damit. Davon darf man sich natürlich nicht beeindrucken lassen. 

Was erhalten Sie für Reaktionen, wenn Sie erzählen, dass Sie bei einer KESB arbeiten?

Manche verwerfen die Hände, manche sind sehr interessiert. Kalt lässt das Thema offenbar niemanden.

Warum hat die KESB eigentlich so einen schlechten Ruf?

Wir arbeiten in einem extrem sensiblen Bereich. Niemand hört gern, dass er oder sie nicht in der Lage sei, für die eigenen Kinder zu sorgen. Die Betroffenen fühlen sich oft ungerecht behandelt und sehen die Medien als ihre einzige Waffe. Die KESB kann sich dann nur sehr schlecht öffentlich wehren, weil sie sich zu konkreten Fällen nicht äussern darf. 

Was geht in Ihnen vor, wenn etwas passiert wie im Fall von Flaach, wo eine Mutter ihre beiden Kinder umbrachte, um sie nicht zurück ins Heim bringen zu müssen? 

Totale Fassungslosigkeit, Bestürzung und Betroffenheit!

Können Sie sich erklären, warum man in dem Fall nicht den Grosseltern das Sorgerecht gab?

Da wir zum Glück nicht in den Fall involviert waren, ist das sehr, sehr schwer zu beurteilen. Grundsätzlich wird aber immer zuerst nach einer Lösung im familiären Umfeld gesucht. 

Von KESB-Gegnern wird Ihnen immer wieder Bürokratie vorgeworfen.

Wir bemühen uns sehr, so unbürokratisch wie möglich zu sein. Aber ein gewisses Mass an Bürokratie ist nötig. Schliesslich müssen wir unsere Entscheide auf juristische Grundlagen stützen.

Es heisst, die KESB sei total überlastet.

Wir sind sehr gut ausgelastet, das stimmt. Dennoch gelingt es den KESBs, ihre Arbeit trotz der Ressourcenknappheit gut zu erledigen.

Können Sie die Argumente der Gegner nachvollziehen – beispielsweise man sei einem übermächtigen Verwaltungsapparat ausgeliefert, der weit weg vom Alltag der Menschen agiere?

Ein Stück weit schon. Viele können sich aber kaum vorstellen, was wir machen. Am meisten ärgere ich mich über den Vorwurf, wir seien nur an Machtausübung interessiert. Das ist das Letzte, was wir wollen. Wir sind im Übrigen sehr offen und transparent, auch den Medien und der Politik gegenüber.

Wie gehen Sie privat mit den teilweise harten Schicksalen um, mit denen Sie jeden Tag konfrontiert werden? 

Es gibt schon Einzelfälle, die mir an die Nieren gehen. Auch Drohungen – mit Selbstmord oder gegen mich und meine Mitarbeitenden – belasten. In der Regel kann ich aber nach Feierabend gut abschalten. Das muss man in diesem Beruf können.

Wie erklären Sie Ihren Kindern, was Sie beruflich machen?


Ich sage ihnen, dass ich versuche, Leuten zu helfen, die sich selbst nicht helfen können. Die machen das ja nicht extra. Und ganz wichtig: Mich interessiert nicht, wer schuld ist an der Situation, sondern nur, wie die Betroffenen da wieder herauskommen.