Kinder haben Rechte!
Das Kinderrechtsabkommen der UNO wird im kommenden Jahr 30 Jahre alt. Seither hat sich die Situation für Kinder weltweit verbessert. Doch welche Rechte haben Kinder genau? Und was bedeutet dies für den Familienalltag? Eine Bestandsaufnahme.
Das Kinderrechtsabkommen der Vereinten Nationen feiert im kommenden Jahr seinen 30. Geburtstag. Es ist das erfolgreichste völkerrechtliche Übereinkommen aller Zeiten. 1991 von der Schweiz unterzeichnet, wurde es hierzulande 1997 in Kraft gesetzt – im internationalen Vergleich eher spät. Was hat sich seither verändert? Was ist für Kinder heute anders als früher?
Im Abkommen heisst es: Alle Kinder und Jugendliche teilen dieselben Rechte, und dies unabhängig von ihrem Geschlecht, ihrer Hautfarbe, ihrer Staatsangehörigkeit, ihrer Sprache und ihrem Aufenthaltsstatus, ihrer nationalen, ethnischen oder sozialen Herkunft sowie ihrer politischen Überzeugung, einer Behinderung oder irgendeiner anderen Lebensbedingung. Und niemand, sprich kein Erwachsener, darf ihnen diese Rechte entziehen oder sie auf sich selbst übertragen.
Dieser Katalog ist lang und klingt ein wenig abstrakt, ist aber wichtig. Denn allzu oft geschieht es, dass die Vorstellung, dass alle Menschen und alle Kinder gleich sind, bei der eigenen Hautfarbe, der eigenen sozialen Schicht oder der eigenen Lebensweise endet. Für Eltern heisst das: Die Kinderrechte sind nicht nur die Rechte der eigenen Kinder, sondern aller Kinder, mit denen die eigenen Kinder zu tun haben. Denn auch wenn sich die Schweiz in erster Linie als Staat für deren Einhaltung verpflichtet hat, verwirklichen sich die Kinderrechte vor allem im Alltag: in der Familie, in der Schule, im Quartier und in der Gemeinde.
Eine massgebliche Veränderung war die Anerkennung des Kindes als eigenständige Person und vollwertiger Mensch. Das heisst aber nicht, dass das Kind wie eine erwachsene Person behandelt werden sollte. Es befindet sich vielmehr in einer Entwicklungsphase, die andere, eigene Rechte verlangt.
Die Kindheit dauert nach dem Verständnis dieses internationalen Übereinkommens bis zum 18. Geburtstag. Dies bedeutete für viele Staaten, dass sie bei ihren Regelungen zum Schutz von Kindern das Schutzalter nach oben korrigieren mussten. Das betrifft unter anderem das Verbot von Kinderehen und den Schutz vor sexueller Ausbeutung. Für die Mündigkeit hingegen hiess es hingegen häufig, dass das Alter nach unten korrigiert werden musste.
Kindeswille ist nicht gleich Kindeswohl
Das Kindeswohl ist nicht zwingend gleichzusetzen mit dem Kindswillen. Erwachsene und Behörden dürfen für Kinder und Jugendliche Entscheidungen treffen. Diese Unterscheidung mag auf den ersten Blick haarspalterisch klingen, hat jedoch grosse Auswirkungen, wenn es um die Anwendung der Kinderrechte in schwierigen Einzelfällen geht.
Entscheidet beispielsweise eine Behörde, dass das Wohl eines Kindes in einer Familie akut gefährdet ist, und holt das Kind daraufhin aus der Familie, handelt sie im Interesse des Kindes, auch wenn es sagt, es möchte in der Familie bleiben. Das Kind kann hier selbst nicht abschätzen, in welcher Situation es sich befindet und die Gefahr für das eigene Wohlergehen nicht erkennen.
Kinder wollen gehört werden
Auch müssen Kinder die Gelegenheit erhalten, sich zu informieren und ihre eigene Meinung zu bilden. Eltern spielen hier eine wichtige Rolle: Sie können Kindern den Umgang mit Informationen beibringen, ihre Meinung achten und sie in Entscheidungen miteinbeziehen. Die Familie ist eine Gemeinschaft, in der Kinder ihre ersten demokratischen Erfahrungen sammeln.
Es ist Abend geworden und die spielenden Kinder sind nach Hause gegangen. Hoffentlich, so denke ich, haben auch sie Menschen um sich herum, die sie lieben, ihnen Freiräume geben, aber auch Grenzen setzen, damit sie sich entwickeln können, damit es ihnen gut geht. Und hoffentlich sind wir uns alle bewusst, dass die Verwirklichung der Kinderrechte in der Schweiz ein Auftrag ist, der auch nach 21 Jahren noch nicht abgeschlossen ist.
Die Autorin:
Über die Stiftung Kinderdorf Pestalozzi
www.pestalozzi.ch