Halloween vs. Corona - Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi
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Halloween vs. Corona

Lesedauer: 3 Minuten

Sonntag ist Halloween! Für den Fall, dass dieses Jahr wer bei Ihnen klingelt: Halten Sie das Desinfektionsmittel bereit. Auch wenn unsere Autorin Claudia Landolt eigentlich kein Halloween-Fan ist, sehnt sie sich nach den unbeschwerten Süssigkeitsorgien der letzten Jahre zurück.

Text: Claudia Landolt
Bild: zVg

Dieser Artikel wurde am 28. Oktober 2021 aktualisiert.

Das Jahr neigt sich bald dem Ende zu, und nichts ist, wie es einmal war. Corona hat auch der letzten Person deutlich gemacht: Wir können so viel planen, wie wir wollen, es kommt wahrscheinlich eh anders. 
 
Deswegen halte ich es in diesen Tagen so: Ich feiere ein klein wenig jeden Morgen das, was noch geht. Heute Morgen beispielsweise, als die Familie zur frühen Stunde noch schlief und der Hund wie hingegossen auf seiner Bettstatt lag, tapste ich mit blossen Füssen durchs nasse Gras. Den Kaffeebecher in der Hand, schaute ich zum Himmel, der aussah, als würde er gleich weinen. Ich atmete noch einmal tief durch und beschloss, mich ab sofort an allem zu freuen, was noch möglich ist – bevor die Schule, das Büro, die Freundinnen mailen, anrufen und den ersten Corona-Fall melden. 
 
Drinnen erspähte ich den Dracula-Umhang, den mein Sohn vor der Waschmaschine deponiert hatte. Mir ging ein Licht auf: Diesen Samstag muss ein Kürbis her, ich muss das ganze Exemplar aushöhlen und eine furchterregende Grimasse reinschneiden. So machen es die Amerikaner mit Halloween vor, und so tun es seit einigen Jahren auch die Schweizer. Gefühlt ist in unserer Familie seit einigen Jahren der letzte Tag im Oktober der, an dem früh gegessen wird, weil sämtliche Kindergangs aus der Nachbarschaft zwischen 17 Uhr 30 und 21 Uhr an meiner Haustür klingeln und die Herausgabe von Süssigkeiten erpressen, während der Hund sich in Rage bellt. Nicht wirklich das, was ich unter einem geruhsamen Abend verstehe.
Bereit für Halloween: Der Sohnemann unserer Autorin im Scream-Kostüm
Bereit für Halloween: Der Sohnemann unserer Autorin im Scream-Kostüm
Einen wesentlich ruhigeren Abend hingegen haben einige meiner Nachbarn, die Halloween ignorieren. Die einen stellen einen Korb mit Süssigkeiten vor die Tür, mit einer Notiz: «Bedient euch, Kinder!» (Die Lieblingsnachbarn meiner Kinder an Halloween, versteht sich.) Die anderen stellen die Glocke ganz ab, hauen Oropax rein und ignorieren das Treiben draussen. Nochmals andere hängen einen Zettel an die Tür. Auf diesem steht geschrieben: «Wir feiern Halloween aus Überzeugung nicht und vergeben auch keine Süssigkeiten. Wir schauen mit unseren Kindern einen Film.» 
 
Insgeheim bewundere ich ja diese erzieherische Konsequenz, auch wenn sie wohl kulturimperialistisch oder religiös motiviert ist. Etwas befremdlich finde ich nur, dass genau jene Kinder manchmal gespannt durch Wohnzimmerfenster all die anderen Mini-Monster und Mini-Feen betrachten, die an fremden Türen klingeln, Süsses oder Saures krähen und ihre Körbe und Tüten prallvoll mit Süssigkeiten füllen. 
 
Denn ganz ehrlich, es ist die Kombination von Zuckerzeug, an fremden Türen klingeln zu dürfen und des Sich-Verkleidens, was Halloween so aufregend macht. Zumindest bei meinen Kindern. Gratis und offiziell von höchster Mama-und Papa-Stelle genehmigt mit Naschwerk überschüttet zu werden und sich einen Zuckerschock auf Vorrat anlegen zu dürfen – das macht meine Kinder zu begeisterten Halloween-Fans. Was auch schon dazu geführt hat, dass sich einer meiner Söhne sämtliche Süssigkeiten auf einmal in den Bauch schlug, was wenig appetitliche Folgen hatte. Sie sehen, insgesamt ist Halloween also etwas, was meine Kinder freudig übernommen haben, ich dagegen mehr oder weniger freiwillig. Aber Gegenwehr war zwecklos (vier Kinder gegen mich, mein Mann enthielt sich der Stimme, grrr).
Alle Jahre wieder: Alle Kindergangs aus der Nachbarschaft klingeln an Halloween an der Haustür unserer Autorin. So war es zumindest vor Corona.
Alle Jahre wieder: Alle Kindergangs aus der Nachbarschaft klingeln an Halloween an der Haustür unserer Autorin. So war es zumindest vor Corona.
Doch ob das Halloween-Treiben in diesem Jahr überhaupt stattfinden, ist noch nicht klar. In Deutschland hat Bayerns Gesundheitsministerin Melanie Huml dazu aufgerufen, in diesem Jahr auf Halloween zu verzichten. Auch in der Schweiz rufen verschiedene Experten dazu auf, das Sammeln in der Gruppe so kurz und anzahlmässig gering wie möglich zu halten. 

Ich tue mich schwer damit, es zu verbieten. Denn gemäss aktuellem Wissensstand sind die Kinder auf der Primarschulstufe nicht die Treiber der Pandemie. Wie es hierzulande genau sein wird, hängt vom Bundesratsentscheid von Mittwoch, 28. Oktober, ab. Das Desinfektionsmittel liegt jedenfalls schon an der Tür bereit. Eigentlich könnte ich jedes Bonbon vorsichtshalber damit einsprayen, bevor ich es in eines dieser Körbchen lege.

 
Ich glaube, ich werde es wie Miranda Leon aus Georgia halten. Die Mutter sagte unlängst der Nachrichtenagentur AP: «Die Kinder mussten in diesem Jahr schon auf so vieles verzichten – den Schulunterricht, ihre Sportvereine, die Ferien-Camps. Ich weigere mich, meinen Kindern jetzt auch noch die Freude zu nehmen, auf Süsses-oder-Saures-Beutetour zu gehen.»


Halloween, ein europäischer Brauch

Der 31. Oktober ist der Abend vor Allerseelen, dem Tag, an dem wir der Toten gedenken. Es ist der Abend, an dem sich der Schleier zwischen den Lebenden und den Toten erhebt, zumindest glaubten das die Kelten. Diese feierte an Samhain (wörtl. «Ende des Sommers»), am letzten Tag im Oktober, den Beginn des Winters und eigentlich Neujahr. Die Kelten glaubten, dass in dieser Nacht die Türen zum Totenreich offen stünden. Sie verkleideten sich, um böse Geister abzuwenden. Einer anderen Deutungshoheit zufolge hätten Süssigkeiten und Lichter die Bedeutung, den Tüten den Weg zu ihren Verwandten zu zeigen, die sie just am 31. Oktober besuchen wollten. Irische Einwanderer waren es, die im 19. Jahrhundert diesen Brauch in den USA mitbrachten und pflegten. Der Legende nach hilft ein Licht in einer Rübe bzw. einem Kürbis, an Halloween den Teufel und alle anderen Geister von seinem Haus fernzuhalten.

Wie halten Sie es mit Halloween? Teilen Sie unsere Meinung mit! Wir freuen uns auf Ihre Ideen, Erfahrungsberichte und Ansichten.

Claudia Landolt
ist Journalistin und Autorin, diplomierte Yogalehrerin und Mutter von vier Söhnen. Sie lebt im Kanton Aargau.

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