Dagmar Rösler: «Manche Eltern fahren wie Kriegsschiffe in die Schule ein»  - Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi
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Dagmar Rösler: «Manche Eltern fahren wie Kriegsschiffe in die Schule ein» 

Lesedauer: 10 Minuten

Seit August ist Dagmar Rösler Präsidentin des Dachverbandes Lehrerinnen und Lehrer Schweiz. Die Deutsch- und Sportlehrerin fordert von Eltern Respekt und realistische Erwartungen. Im grossen Interview spricht sie mit uns über dies und weitere drängende Themen. 

Ein Neubau nahe der Zürcher Hard­brücke. Im obersten Stock residiert der Dachverband der Schweizer Lehrerin­nen und Lehrer (LCH). Dessen neue Präsidentin Dagmar Rösler empfängt uns in einem modern ausgestatteten Besprechungszimmer mit festem Händedruck und klarem Blick zum Gespräch. Sie wirkt gut vorbereitet, souverän. Kein Wunder, in den ver­gangenen Wochen und Monaten hat die höchste Lehrerin der Deutschschweiz bereits viel Medienarbeit geleistet.

Frau Rösler, woran arbeiten Sie gerade?

Grosse Themen auf der Agenda des LCH sind das Vorantreiben der Frühförderung, also der Förderung von Kindern im Alter von 1 bis 4 Jah­ren, und der Ausbau von Tagesstruk­turen an Schulen. Dazu kommen die Zusammenführung unseres Dach­verbandes und des Syndicat des ens­eignants romands zu einem gesamt­schweizerischen Verband, die Digitalisierung der Schulen und noch vieles mehr. Ausserdem arbei­ten wir daran, der Öffentlichkeit zu vermitteln, welche anspruchsvolle und wertvolle Arbeit Lehrerinnen und Lehrer heute leisten.
Zur Person: Dagmar Rösler, 47, stand acht Jahre an der Spitze des Solothurner Lehrerverbandes, bevor sie im August die Nachfolge von Beat W. Zemp antrat und als erste Frau Präsidentin des Dachverbandes Lehrerinnen und Lehrer Schweiz LCH wurde. Die Primarlehrerin lebt mit ihrem Mann, einem IT-Spezialisten, und ihren beiden Töchtern, 13 und 15, in Oberdorf SO.
Zur Person:
Dagmar Rösler, 47, stand acht Jahre an der Spitze des Solothurner Lehrerverbandes, bevor sie im August die Nachfolge von Beat W. Zemp antrat und als erste Frau Präsidentin des Dachverbandes Lehrerinnen und Lehrer Schweiz LCH wurde. Die Primarlehrerin lebt mit ihrem Mann, einem IT-Spezialisten, und ihren beiden Töchtern, 13 und 15, in Oberdorf SO.

Unser Kolumnist, der Lernexperte Fabian Grolimund, sagte im Rahmen der Fritz+Fränzi-Veranstaltungsreihe «Talk im Kulturpark», dass drei Prozent der Lehrpersonen nicht geeignet seien für diesen Beruf. Wie stehen Sie zu so einer Aussage? 

Natürlich gibt es Lehrerinnen und Lehrer, die kein Gespür haben für ihre Schüler. Aber was ist ein schlech­ter Lehrer? Das ist ganz schwer zu verallgemeinern. Was dem einen Schüler taugt, ist für einen anderen nicht die richtige Herangehensweise. Als Lehrer kann man es nie allen recht machen. Ich denke auch, dass viele ein veraltetes Bild vom Lehrer­beruf haben. Viele Medien berichten ausschliesslich über die negativen Seiten dieses Berufs: den Lehrer­mangel, ausgebrannte Lehrerinnen und Lehrer. Die grössten Schul­kritiker haben wahrscheinlich seit ihrer eigenen Schulzeit keine Schule mehr besucht und stützen ihre Argu­mentation auf ein antiquiertes Bild: Der Lehrer steht vorne an der Tafel und alle Schülerinnen und Schüler machen zur gleichen Zeit das Glei­che. Diese Zeiten sind lange vorbei.

Aber es gibt doch Fälle, in denen einem als Vater oder Mutter eine Lehrperson einfach nicht passt?

Ja, das kann tatsächlich vorkommen und ist natürlich nicht gut. Doch viele Eltern beurteilen eine Lehrerin beziehungsweise einen Lehrer oft­mals zu punktuell. Nur weil die Per­son am Elternabend nicht brilliert, heisst das nicht, dass sie schlechten Unterricht gibt. Die Lehrerin bezie­hungsweise der Lehrer spricht viel­leicht nur nicht gerne vor so vielen – erwachsenen – Menschen, macht aber ansonsten einen guten Job. Eltern sollten auch bedenken, dass die Zeit, in der das Kind mit dieser Person konfrontiert ist, nur einen Teil seiner Schulkarriere ausmacht. Im späteren Berufsleben muss der Nachwuchs ja auch mit Menschen zurechtkommen, die nicht hundert­prozentig zu ihm passen. Das ist ein Stück weit Lebensschule. Lehrerinnen und Lehrer sind einfach auch nur Menschen, die, wie alle andern auch, Fehler machen. Die Frage ist hier, wie man damit umgeht! 

Und wenn es doch einmal zu einem Konflikt zwischen Kind und Lehrperson kommt?

Wenn das Kind von einem Unrecht erzählt, das ihm widerfahren ist, sollten Eltern zunächst vorsichtig sein. Kinder und Jugendliche berichten immer aus ihrer eigenen Perspektive. Doch was ist vorher passiert? Was hat das Kind gemacht und wer ist noch dabei gewesen? Falls sich die Situation in diesem Gespräch nicht klärt, sollten Eltern die Lehrerin kontaktieren.

«Die Realität in der
Volksschule ist jene, die Kinder
auch später in der Welt
erwartet.»

Auf welchem Weg sollte das passieren?

Eltern sollten nicht in der Schule vorbeigehen und erwarten, dass die Lehrerin sofort Zeit hat, sondern anrufen, einen Gesprächstermin abmachen und an diesem Gespräch dann ergebnisoffen fragen, was passiert ist. Für mich ist entscheidend, dass Eltern die Lehrerin ihres Kindes mit Respekt behandeln und realistisch einschätzen, was man von ihr erwarten kann und was nicht.

Ist das nicht selbstverständlich? 

Leider nein, ich habe schon Mütter und Väter erlebt, die wie Kriegsschiffe in die Schule eingefahren sind. 

Wann ist der Punkt erreicht, an dem man die Schulleitung informieren sollte?

Wenn die Lehrerin, der Lehrer nicht gesprächsbereit ist oder der Konflikt auf dieser Ebene nicht gelöst werden kann. Dann sollte man die Schulleitung hinzuziehen. Aber an erster Stelle steht immer das Einzelgespräch mit der Lehrerin, dem Lehrer. Das Verheerendste, was man machen kann, ist, sich mit anderen Eltern zusammenzuschliessen und gegen die Lehrperson vorgehen zu wollen. Stellen Sie sich vor, Sie bekämen einen kritischen Brief, der von allen Eltern unterschrieben wurde. Wie wäre das für Sie?

Ich hätte das Gefühl, dass alle Eltern gegen mich wären.

Und das ist nicht zielführend. 

Eltern erwarten zu viel, zum Beispiel dass die Erziehungsarbeit in der Schule übernommen wird, hört man Lehrpersonen oft klagen.

In der Schule wird auch Erziehungsarbeit geleistet, im Sinne von: Wie verhält man sich in einer grossen Gruppe? Das ist etwas, das man zu Hause in einer Kleinfamilie nicht lernen kann. Aber die Grunderziehung muss bei den Eltern stattfinden: respektvoll sein gegenüber anderen, zuhören, warten, bis man an der Reihe ist, tolerant sein. Auf dieser Grunderfahrung bauen wir im Unterricht auf. Schule ist die Instanz, die alle Menschen, egal welcher Schicht, Herkunft, Grösse und so weiter, in eine Gesellschaftsstruktur integriert. Dort müssen Kinder und Jugendliche lernen, mit dieser Unterschiedlichkeit umzugehen. Das ist unsere Welt.
Die neue LCH-Präsidentin Dagmar Rösler sieht besonders grossen Nachholbedarf bei den Tagesschulen.
Die neue LCH-Präsidentin Dagmar Rösler sieht besonders grossen Nachholbedarf bei den Tagesschulen.

Aber der Trend geht doch in eine andere Richtung. Privatschulen mit alternativen pädagogischen Konzepten verzeichnen steigende Schülerzahlen und die Zahl der Homeschooler nimmt ebenfalls zu. 

Die Schweiz ist immer noch das Land mit den wenigsten Privatschulen, obwohl die Tendenz ein wenig gegenteilig ist. Das stimmt und weckt eine gewisse Besorgnis. Das dem so ist, liegt nicht unbedingt an unserer Volksschule, sondern an unserer Gesellschaft, in der jeder für sich das Optimum herausholen will. Viele haben nur noch ein Kind, und für das möchte man das Allerallerbeste. Das ist ja auch verständlich. Vielleicht ist es auch die Reaktion auf die schulische Integration. Ganz nach dem Motto: Ich möchte mein Kind nicht mit anderen Kindern zur Schule schicken, die spezielle Bedürfnisse haben. Mein Kind wird zu wenig gefördert, wenn es mit Schwächeren zusammen ist. Doch ich betone es noch einmal: Die Realität der Volksschule ist diejenige, die Kinder auch später in der Welt erwartet.

Diese Realität scheinen viele umgehen zu wollen. In elf Kantonen laufen Petitionen zur freien Schulwahl. Könnte diese den Wettbewerb unter den Schulen nicht positiv anheizen? 

Ein Stück weit ist dieser Gedanke nachvollziehbar. Aber es funktioniert höchstens in der Theorie. Freie Schulwahl benachteiligt die ländlichen Gegenden und gefährdet die Chancengerechtigkeit und den sozialen Zusammenhalt. Diejenigen, die es sich leisten können und die Zeit haben, ihre Kinder jeden Morgen in ein anderes Quartier zu fahren, würden dies tun. Und diejenigen, die diese Kapazitäten nicht haben, würden in der Nähe bleiben. Es würden Gettoschulen entstehen. Wenn das passieren würde, hätte ich grösste Bedenken.

Ein weiteres Thema, das Ihnen sehr am Herzen liegt, ist der Ausbau der Tagesstrukturen beziehungsweise der Tagesschulen.

Die Schweiz muss in Sachen Tagesstrukturen und Kinderbetreuung unbedingt vorwärtsmachen. Als Mutter zweier Töchter spreche ich aus eigener Erfahrung: Es ist ein riesengrosser Kraftakt in diesem Land, Familie und Berufstätigkeit zu vereinbaren. Fehlende Tagesstrukturen könnten übrigens auch ein Grund dafür sein, dass viele ihr Kind in die Privatschule geben, da es dort oft einen Mittagstisch sowie eine Nachmittagsbetreuung gibt.

Wie wird die fortschreitende Digitalisierung die Schule verändern?

Das ist eine Frage, die Ihnen noch niemand wirklich beantworten kann. Was sicher kommen wird, ist das Prinzip «One to One». Jeder Schüler hat ein Gerät, an dem er arbeitet. Aber das heisst nicht, dass Kinder morgens um 8 Uhr in die Schule kommen, den Laptop auf­ klappen und ihn erst nachmittags bei Schulschluss ausschalten. Ich glaube, dass in einer digitalisierten Welt kre­ative Aktivitäten, die Sozialkompe­tenz sowie der Faktor Bewegung an Bedeutung gewinnen werden.

Die eine Klasse geht in den Wald und bestimmt per App verschiedene Blätter, eine andere hört die Erklärungen des Lehrers, sammelt Blätter, fühlt ihre Form, bastelt später mit ihnen. Was ist nachhaltiger?

Die eine Methode schliesst die ande­re nicht aus. Vielleicht kann der Leh­rer in einem ersten Waldbesuch die einzelnen Blätter benennen, die Schülerinnen und Schüler sammeln und fühlen lassen. Und in einem zweiten die App benutzen. «Schaut mal, wenn ihr euch nicht sicher seid, könnt ihr den Namen des Blattes so herausfinden.» Digitale Geräte eröff­nen neue Möglichkeiten. Das heisst aber nicht, dass alles, was vorher war, ad acta gelegt werden muss. Die Ver­mittlung von Medienkompetenz ist ein ganz wichtiges schulisches The­ma: Wann lege ich mein Handy weg? Was gebe ich in den sozialen Medien von mir preis und was nicht?

Von welcher Schulstufe sprechen Sie?

Auf der Unterstufe müssen Kinder erst einmal grundlegende Fähigkei­ten lernen, beispielsweise von Hand zu schreiben. Ab der dritten Klasse können dann digitale Geräte einge­setzt werden.

Sind die Schulen denn entsprechend ausgestattet?

Je nach Kanton und Gemeinde ist die Situation sehr unterschiedlich. Damit man die Geräte im Unterricht wirklich effektiv einsetzen kann, muss jeder Schüler und jede Schüle­rin ein Gerät zur persönlichen Nut­zung erhalten. Es braucht gut aus­gerüstete Schulhäuser, in denen das Internet zuverlässig funktioniert. Es braucht sowohl technischen als auch pädagogischen Support vor Ort. Das kann sich nicht jede Gemeinde leisten.

«Bring your own device» ist ein Ansatz, bei dem jeder Schüler und jede Schülerin sein beziehungsweise ihr eigenes Gerät mitbringt.

Ich bin aus Gründen der Chancen­gleichheit gegen diesen Ansatz. Vie­le Familien können sich nicht das neuste Tablet leisten, einige vielleicht gar keins. Auch unter dem Aspekt des technischen Supports ist das nicht möglich. Da bringt ein Schüler ein Tablet von einer bestimmten Marke, ein anderer ein Smartphone einer anderen Marke. Eine Verein­heitlichung könnten Schulen aber nicht vorschreiben.

Ein wichtiges Thema dürfte auch der Lehrermangel sein, von dem ihr Vorgänger Beat W. Zemp in einem Interview mit Fritz+Fränzi sagte, dass es ihn nicht gebe. Dafür hat er Kritik geerntet.

Den Lehrermangel gibt es durchaus. Aber es ist nicht so, dass wir keine Lehrkräfte mehr finden. Offene Stel­len können nur oft nicht mit adäquat ausgebildeten Lehrerinnen und Lehrern besetzt werden. Das ist ein immenses Problem. Diese Tendenz ist schon lange zu beobach­ten, doch nun zeichnet sich eine Zuspitzung ab: Wenn man sieht, dass in den nächsten Jahren über 100 000 zusätzliche Schülerinnen und Schüler in die Schule kommen und die Babyboomer unter den Lehrerinnen und Lehrern pensioniert werden, macht mir dies Sorgen. Wir bilden momentan einfach zu wenige Lehrer aus, dasselbe gilt für Heil­pädagoginnen.
Der LCH kenne Mittel gegen den Lehrermangel, sagt Dagmar Rösler, stosse aber auf politischen Widerstand.
Der LCH kenne Mittel gegen den Lehrermangel, sagt Dagmar Rösler, stosse aber auf politischen Widerstand.

Doch wenn sich diese Entwicklung schon länger abzeichnet, warum kann sie dann nicht gestoppt oder zumindest entschärft werden? 

Schauen wir uns die Lage am Beispiel der Heilpädagoginnen und Heil­pädagogen genauer an: Die schuli­sche Inklusion, sprich die Einfüh­rung von Grossklassen, in denen alle Kinder gemeinsam unterrichtet werden, wurde umgesetzt, ohne dafür zu sorgen, dass die dafür benötigten Fachkräfte ausgebildet wer­den. In meiner früheren Funktion als Präsidentin des Verbands Lehre­rinnen und Lehrer Solothurn habe ich mehrfach auf diese Situation hingewiesen. Die Politik hat schlicht­weg nicht reagiert. Man hat damit gerechnet, dass ganz viele Lehrerin­nen und Lehrer den Weg in die Heilpädagogik gehen.

Und das ist nicht passiert?

Nein. Weil dieser Schritt für viele nicht attraktiv ist: Eine Lehrerin beziehungsweise ein Lehrer gibt die Klassenleitung ab und arbeitet nur noch mit einzelnen Schülerinnen und Schülern unter der Anleitung der Klassenlehrerin, die unter Umständen Dinge ganz anders entscheidet, als sie oder er selbst es tun würde. Dazu kommt, dass diese Tätigkeit ein dreijähriges, sehr anspruchsvolles Masterstudium vor­aussetzt. Das können und wollen nicht alle leisten.

Was genau unternimmt der LCH?

Wir mischen uns ein und versuchen durch unsere Medienarbeit in der Öffentlichkeit das Bewusstsein dafür zu schaffen, dass etwas getan werden muss. Wir sind mit der Schweizerischen Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren im Gespräch, um zu erarbeiten, was wir bildungs­politisch tun können, um dem Fach­kräftemangel entgegenzuwirken. 

Welche Massnahmen muss die Politik Ihres Erachtens ergreifen?

Nehmen wir das Beispiel Franzö­sisch: Es zeichnet sich ein Mangel an Französischlehrerinnen und -leh­rern ab. Dieser Mangel hat seinen Ursprung auch in den Pädagogi­schen Hochschulen beziehungswei­se in der Tatsache, dass man sich im Rahmen seines Studiums für eine Fremdsprache entscheiden muss beziehungsweise darf. Die meisten Studenten wählen Französisch ab und dürfen somit das Fach später nicht mehr unterrichten, da sie das Niveau nicht haben.

Was schlagen Sie vor?

Bei einer Generalistenausbildung dürfen keine Fächer abgewählt wer­den.

Wahrscheinlich fehlt schlicht die Zeit, Studenten in allen Schulfächern adäquat auszubilden.

In einem drei Jahre umfassenden Bachelorstudium ist das so. Daher stellt sich die Frage, wie man die Aus­bildung von Primarlehrerinnen und Primarlehrern dahingehend auswei­ten kann, dass Fächer nicht mehr abgewählt werden müssen. In einer Masterausbildung wäre dies der Fall. Sehen Sie, der LCH kennt Mittel und Wege, um dem Lehrermangel ent­gegenzuwirken, doch stossen wir auf die unterschiedlichsten politischen Gegenmeinungen, die das Durchsetzen der eigenen Vorstellungen schwierig machen. Wir können nicht einfach durchspazieren.

«Das Fehlen von Tagesstrukturen könnte ein Grund für den Zulauf bei Privatschulen sein.»

Bei all Ihren neuen Aufgaben unterrichten Sie weiter eine vierte Klasse in Deutsch und Sport.

Ich unterrichte ein sehr geringes Pensum, das ich aber nicht missen möchte. Die Arbeit mit Kindern ist ganz anders als mit Erwachsenen und das zu sehen und zu spüren, macht mir grosse Freude und gibt mir Bodenhaftung.

Was machen Sie als Lehrerin besonders gut?

Ich kann gut erklären, so, dass mei­ne Schülerinnen und Schüler am Ende wissen, worum es geht. Ich bin sicherlich eine Lehrerin, die Grenzen setzt, aber immer einen guten Draht zu den Kindern hat. Sie kommen gerne in meinen Unterricht.

Und wie waren Sie als Schülerin?

Ich war nicht verhaltensauffällig aber hatte sehr viel Energie, ich war vor­ laut, vorwitzig und habe meine Leh­rerinnen und Lehrer vor allem auf der Primarstufe getestet.

Sie haben zwei Töchter im Alter von 13 und 15 Jahren.

Die beiden sind sehr unterschied­lich, und als Mutter habe ich manche schulischen Situationen aus einem anderen Blickwinkel beurteilen kön­nen, als ich es als Lehrerin getan habe. Mittlerweile sind die beiden sehr selbständig. Noch vor ein paar Jahren hätte ich diese Präsident­schaft nicht übernommen. Mein Mann hat sein Arbeitspensum im Zuge meiner Ernennung um einen Tag reduziert, einen weiteren arbei­tet er vom Homeoffice aus. So kommen wir zu Hause gut zurecht.

Dagmar Rösler über …

  • … ein Handyverbot an Schulen:
    «Ein allgemeines Handyverbot wäre nicht zielführend. Gerade im Zuge der Digitalisierung sind Smartphones im Unterricht einsetzbar, aber es müssen klare Regeln gelten, in welcher Art und Weise.»
  • … die Abschaffung von Hausaufgaben:
    «Ich bin persönlich dafür, die Hausaufgaben abzu­schaffen. Für Lehrerinnen und Lehrer sind Haus­aufgaben eine Möglichkeit, etwas zu festigen und zu üben. Doch dies sollte auf eine andere Art und Weise in den Schulalltag integriert werden.»
  • … die Abschaffung von Noten:
    «Bis zur sechsten Klasse kann auf Noten verzichtet werden.»
  • … einen späteren Schulbeginn:
    «Ich bin nicht dafür. Die Jugendlichen sind sich nicht bewusst, dass sich der Tag dadurch verlängert. Die frühen Stunden werden schliesslich nicht einfach gestrichen. Und wenn es dann von der Schule in die Lehre geht, wird ihnen ja auch nicht gesagt: ‹Vor 9 Uhr musst du nicht kommen.› Wir hören oft den Vorwurf, dass die Schule zu wenig auf das Berufsleben vorbe­reitet. Unter diesem Aspekt wäre eine solche Mass­nahme nicht zielführend.»

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