Ab Januar gehen alle drei Kinder an vier Tagen pro Woche in die Schule. In Frankreich müssen Kinder spätestens ab 3 Jahren in die Vorschule, als Vorbereitung auf die Grundschule. Ihr Tag beginnt dort um 8 Uhr 45, mittags können sie wahlweise zu Hause oder in der Kantine essen. Am Nachmittag steht für die ganz Kleinen dann vor allem Schlafen auf dem Programm, um 16 Uhr 30 ist Feierabend. Mittwochs sind sie zu Hause, wobei sie hauptsächlich von meiner Mutter betreut werden.
Die Bretagne scheint im landesweiten Vergleich wenig betroffen. In unserer Wohngemeinde wurde schon früh ein Cluster ausgemacht und sogleich eine gemeindeweite Quarantäne ausgerufen, zwei Wochen vor dem nationalen Lockdown im März. Das hat die weitere Entwicklung sicherlich stark eingedämmt. Die wenigen Personen, die sich in unserem Umkreis mit Covid-19 angesteckt haben, hatten keine schweren Symptome.
Normalerweise feiern wir mit meiner Schwiegerfamilie im weiteren Sinn, mit den Kindern sind wir an die 30. Das sind immer sehr ausgelassene Tage. Dieses Jahr feiern wir im bescheideneren Rahmen mit meiner Mutter und meinen Schwiegereltern. Den traditionellen Besuch bei Familie und Freunden in der Schweiz lassen wir für einmal ausfallen.
Während des ersten Lockdowns sind unsere drei Buben fast drei Monate lang zu Hause geblieben, ohne ihre üblichen durchgetakteten Alltagsprogramme. Das gemeinsame Erleben dieser ungewohnten Situation hat sie stark zusammengeschweisst. Durch den Unterricht zu Hause haben wir einen unverhofften Einblick in ihren Schulalltag erhalten, ihre Lehrerin hat uns per Lernapp ausführliche Unterrichtspläne vorbereitet und sich bemüht, spannende und abwechslungsreiche Aktivitäten zu finden.
Wir haben auch als Familie zusammengefunden. Romain war zuvor immer öfter nur am Wochenende und in den Ferien zu Hause, womit er schon vor Corona unzufrieden war. An den Wochenenden waren wir oft unterwegs, Familienfeste, Kurzurlaube, usw. Durch diese «von oben» verordnete Auszeit war da plötzlich eine Möglichkeit, aus dem üblichen Trott zu fallen und uns Zeit nur für uns zu nehmen. Wir haben gemeinsam dekoriert und gebastelt und gezimmert und geschlemmt.
Mit Abstand ist gut reden, natürlich sind wir in diesem alles andere als alltäglichen Alltag auch regelmässig an unsere Grenzen gestossen. Homeoffice, Homeschooling und Kleinkinderbetreuung passen einfach nicht unter einen Hut, auch wenn der Rahmen lockerer war als gewohnt. Im positiven Sinne habe ich heute das Gefühl, dass ich an guten Tagen gelassener auf Unvorhergesehenes reagieren und fünf auch mal gerade sein lassen kann.
Dass wir unsere Familien- und Freizeit wieder mehr nach den eigenen Wünschen gestalten und mit gutem Gewissen Zeit mit Freunden, Familie und Nachbarn verbringen können. Ich wünsche mir auch, dass wir für die Kinder diese Berührungsangst ablegen können, dass sie wieder ihre Kerzen über dem Geburtstagskuchen auspusten und «Schläckstängel» teilen können – wenn ihnen danach ist.