Wie ist es, wenn der Sohn flügge wird?
Bild: Pixabay / zVg
In unserer Serie «Wir fragen uns …» stellen wir von Fritz+Fränzi uns gegenseitig Fragen aus dem grossen Familienuniversum. Auf die Frage von Online-Leiterin Bianca Fritz antwortet Sales-Managerin Jacqueline Zygmont.
«Liebe Jacqueline, dein Sohn (20) wird langsam flügge. Wie fühlt sich das an für dich? Wie gelingt dir das Loslassen?»
Bianca Fritz, Leitung Online-Redaktion
Klar, das Loslassen an sich ging schon früher los. Wenn man merkt, dass die Kinder nicht mehr so auf einen angewiesen sind als Eltern, dass sie auch mal weg sind. Liam war immer mal wieder bei seinem Vater, wir haben uns früh getrennt. Dann kamen Hobbys, das erste Lager in der Schule, und so weiter. An seinem letzten Schultag habe ich geweint. Es war klar, jetzt ist wieder ein Abschnitt zu Ende. Dann kam der Lehrabschluss, das war auch wieder ein Cut, er hatte jetzt eine Ausbildung, konnte für sich selber sorgen.
Liam und ich waren uns immer sehr nahe, ich habe ihn alleine gross gezogen, er hat keine Geschwister und sein Vater lebte zeitweise im Ausland. Vielleicht war es deshalb für mich um so härter, als er dann weg war diese drei Monaten in Berlin. Plötzlich hatte ich niemanden mehr! Liam hat mir extrem gefehlt.
Trotzdem hatte es für mich auch eine positive Seite. Durch das Loslassen und die Distanz fühlte ich mich plötzlich frei. Plötzlich stand wieder ich selber im Zentrum und ich musste auf niemanden mehr Rücksicht nehmen oder mich anpassen. Als käme das frühere Leben ohne Kind wieder zurück.
Wir hatten immer einen guten Austausch, hatten unsere Rituale, haben oft zusammen gekocht, diskutiert, fern gesehen. War der Drucker kaputt, konnte ich Liam fragen. Wusste ich bei Instagram nicht weiter, half er mir. Er brachte eine jugendliche Frische in mein Leben, die von einem Tag auf den anderen weg war.
Neidisch bin ich manchmal auf Freundinnen von mir, die mehrere Kinder haben, von denen immer noch eines oder sogar mehrere zu Hause sind oder zumindest mit in die Ferien kommen. Zu gerne erinnere ich mich an gemeinsame Ferien mit Liam zurück, wir hatten es immer gut zusammen.
Einige Kinder meiner Freundinnen sind noch im Gymnasium oder an der Uni und mehr die elterliche Unterstützung angewiesen als mein Sohn. Er ist nach zwei Ausbildungen im Berufsleben angekommen und so auch finanziell nicht mehr von mir abhängig. Das macht mich extrem stolz auf meinen Sohn.
Nicht mal seine Wäsche bringt er mir, die macht er selber bei seiner Freundin.
Mir fehlt nicht nur Liam, sondern auch die sozialen Kontakte, die ein Kind so mit sich bringt. An diesem Angehörigen-Besuchstag, wo ich dann natürlich trotzdem war, habe ich mir gedacht, dass ist wohl jetzt der letzte Tag, wo ich über mein Kind in Kontakt mit anderen Leuten komme. Gut, dann vielleicht bei seiner Hochzeit wieder.
Ich freue mich, wenn das Militär vorbei ist. Allerdings habe ich keine grosse Hoffnung, dass Liam wieder so richtig bei mir lebt. Er hat schon angekündigt, dass er seine eigene Wohnung haben wolle in der Stadt. Eigentlich ist das ja auch gut so. Ich selber liebe meine Freiheit und habe diese Liebe wohl auch weitergegeben, Liam ist kein Muttersöhnchen. Aber so von null auf hundert komplett weg, zuerst in Berlin und jetzt im Militär, das ist schon nicht einfach für mich. Nichts mehr machen zu können für ihn, ihn im wahrsten Sinne des Wortes gehen zu lassen, das war schmerzhafter für mich als gedacht.
Aber es gehört dazu. Man lernt ja vieles als Eltern. Das Loslassen ist für mich die letzte Stufe in meinen Lernprozess als Mutter. Gleichzeitig weiss ich, wenn ich ihn aus irgendeinem Grund brauchen würde, oder es mir schlecht ginge, er käme sofort. Und ich bei ihm natürlich ebenso. Ich bleibe eben doch ‚ds Mami‘. Und wir lieben uns gegenseitig bedingungslos – für immer!»
*Name der Redaktion bekannt.
Die nächste Frage geht an Sales-Managerin Corina Sarasin:
«Liebe Corina, wie bist du als Gotti? Was bedeutet dir diese Rolle und wie ist die Beziehung zu deinen drei Gottenkindern?»
Jacqueline Zygmont, Sales-Managerin
Die Antwort ist mittlerweile erschienen:
Bisher erschienen in der Rubrik «Wir fragen uns»:
- Chefredaktor Nik Niethammer antwortet auf die Frage: Lieber Nik, glauben deine Kinder eigentlich noch an Samichlaus und Christkind?
- Redaktorin Florina Schwander antwortet auf die Frage: Liebe Florina, bekommen deine Zwillinge die gleichen Geschenke zu Weihnachten?
- Leitende Autorin Claudia Landolt antwortet auf die Frage: Wie lebt es sich als Frau mit fünf Männern plus Hund?
- Stellvertrende Chefredaktorin Evelin Hartmann antwortet auf die Frage: Wie macht ihr das mit der Zweisprachigkeit Hochdeutsch – Schweizerdeutsch?
- Patrik Luther, stellvertretender Verlagsleiter, antwortet auf die Frage: Wie ist das, wenn die Kinder einen grossen Altersunterschied haben?
- Florian Blumer, Leiter Produktion, antwortet auf die Frage: Wie gelingt es euch, Arbeit, Familie und Haushalt gleichberechtigt zu verteilen?
- Bianca Fritz, Leitung Online, antwortet auf die Frage: Wie ist das eigentlich, als (noch) Kinderlose für ein ElternMagazin zu arbeiten?