«Buben sind Kindsköpfe» - Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi
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«Buben sind Kindsköpfe»

Lesedauer: 2 Minuten

Lilli Louise, 17, und Inanna, 16, sind Schwestern aus Wädenswil ZH. Lilli ist Gymnasiastin, Inanna macht eine Schreinerinnen-Lehre. Die beiden Schwestern sind sich einig: Der grösste Unterschied zwischen den Geschlechtern ist, dass Mädchen emotionaler sind als Buben. 

Inanna: Ob ich manchmal lieber ein Bub wäre? Oh ja! Buben haben es manchmal echt einfacher und werden nicht so oft mit Vorurteilen konfrontiert. In meinem Lehrbetrieb bin ich die einzige Frau und der erste weibliche Lehrling. Als ich einmal im Jupe zur Berufsschule kam, wurde ich angestarrt wie ein Alien. In meiner Klasse sind wir drei Mädchen und elf Buben. Mädchen kommen vielleicht gar nicht auf die Idee, einen handwerklichen Beruf zu lernen, weil es fast keine weiblichen Vorbilder gibt. Der ehemalige Freund meiner Mutter ist Schreiner. Als er vor gut zwei Jahren sein Haus selbst umbaute, fand ich das so cool, dass ich das unbedingt auch können wollte. So stand mein Berufswunsch fest. 
Lilli: In meiner Klasse ist das Geschlechterverhältnis fifty-fifty. Ich hätte nichts gegen mehr Buben, ich bin mit ihnen schon immer besser klargekommen. Als kleines Kind hätte ich mich manchmal gerne geprügelt, aber ich hatte immer Angst um meine langen Haare!

Inanna: Ich bin eigentlich richtig girly, style und schminke mich gern. Die Buben in meinem beruflichen und schulischen Umfeld sind sicher oft von mir eingeschüchtert. Das verstehe ich. Mein Freund nicht, zum Glück. Ihn habe ich auf einem Schulausflug kennengelernt, er geht in die Parallelklasse. Ich finde, Buben in meinem Alter sind manchmal richtige Kindsköpfe.

Lilli: Ich glaube, sie stehen unter grösserem Druck als wir. Der Körperkult ist enorm unter den Jungs. Ich dachte auch, ich müsste einem gewissen Bild entsprechen und mega schlank sein. Ich aber gemerkt: Meine Freunde wollten das gar nicht.

 Lilli: Ich gehe aufs Wirtschaftsgymnasium. Als ich anfing, wollte ich Hochzeitsplanerin mit eigener Firma werden. Inzwischen möchte ich lieber Schauspiel und Gesang studieren, aber das geht ja auch mit einer Wirtschafts­matura. Ich spiele Theater, seit ich klein bin, und Musik war schon immer mein Lieblingsfach. Zu Mathe habe ich ein eher schwieriges Verhältnis. Mal war ich darin richtig schlecht, dann wieder Klassenbeste.

Inanna: Ich habe Mathe immer gehasst. In der Lehre ist es nun ein notwendiges Übel – da muss ich halt durch. Mich fasziniert das Handwerkliche, nicht die Zahlen. In den Sprachen war ich hingegen immer gut. Bei uns gibt es auch einige Jungs, die gut in Sprachen sind. Ich muss sagen, dass ich überrascht war, wie gut es funktioniert in einer Klasse mit so vielen Buben, ich fühle mich sehr wohl. 

Inanna: Wenn man so viele Buben um sich herum hat wie ich, ist dieser Druck nicht so gross. Aber wenn sich der Körper verändert und man plötzlich Fett an Stellen hat, von denen man das nie gedacht hätte, ist man schon total verunsichert.

Lilli: Buben werden deshalb manchmal extrem fies. Sie machen blöde Witze und wissen gar nicht, was sie damit bei einem auslösen. 

Inanna: Stimmt. Mädchen machen sich viel, viel mehr Gedanken über alles. Sie sind viel einfühlsamer.

Lilli: Ja, ich glaube, die Gefühlswelt ist der grösste Unterschied zwischen uns. Wir Mädchen denken zu kompliziert und interpretieren zu viele Sachen in die Buben hinein.

Mädchen machen sich viel, viel mehr Gedanken über alles.

Inanna: Jungs können besser den Kopf ausschalten als wir. Ich denke, das ist anerzogen.

Lilli: Glaubst du? Und was ist mit den Hormonen?

Inanna: Die spielen vielleicht schon eine Rolle. Trotzdem könnte es doch sein, dass ein Bub, der mit sehr viel weiblichem Einfluss aufwächst, emotional anders ist.

Lilli: Das hat etwas. Bevor sie in den Kindergarten kommen, sind die Buben noch viel empathischer. Wahrscheinlich sind die Unterschiede beides, biologisch bedingt und anerzogen.


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