Erinnern wir uns nochmals an Lia, Robin und Eronita. Sie alle haben es beim Lernen nicht einfach, aber ein Nachteilsausgleich ist bei ihnen nicht angezeigt. Weshalb genau – und wie können sie angemessen unterstützt werden?
- Lia macht zwar eine schwierige Phase durch, hat deswegen aber nicht eine eigentliche Behinderung. Nachteilsausgleich ist bei ihr deshalb nicht der richtige Ansatz. Wichtig ist, dass an einem Standortgespräch ihre aktuelle Situation besprochen wird. Vielleicht finden die Beteiligten gemeinsam hilfreiche Lösungen. Allenfalls ist der Beizug des Schulsozialarbeiters oder der Schulpsychologin sinnvoll.
- Robin ist zunehmend nicht mehr in der Lage, die regulären Lernziele zu erreichen. Angepasste Lernziele sowie eine entsprechende sonderpädagogische Unterstützung erscheinen für ihn sinnvoll. Um dieses Vorgehen zu prüfen, sind ein Standortgespräch und eine Einschätzung des Schulpsychologischen Dienstes wichtig. Weil bei einem Nachteilsausgleich immer reguläre Lernziele verfolgt werden, sind Nachteilsausgleichsmassnahmen bei Robin nicht passend.
- Eronita muss bezüglich ihres Nachteils, die Unterrichtssprache noch ungenügend zu beherrschen, gezielt mit Unterricht in «Deutsch als Zweitsprache» unterstützt werden. Weil erkannt wurde, dass sie voraussichtlich hohe Lernziele erreichen kann, muss sie auf diesem Weg von ihren Lehrpersonen gut begleitet werden. Ein Nachteilsausgleich wäre bei ihr weder zu legitimieren, noch würde ihr diese Massnahme etwas bringen.
Wie können Eltern oder Lehrpersonen vorgehen, wenn sie unsicher sind, ob ein Nachteilsausgleich bei einer Schülerin oder einem Schüler angezeigt ist?
Der erste Schritt ist immer ein gemeinsames Standortgespräch. Dabei könnte der folgende «Fünf-Punkte-Fragenkatalog» sinnvoll sein. Ergänzt sind jeweils die Antworten zum Beispiel des beschriebenen Zimmermannlehrlings.
1. Was ist der Kern dessen, was erreicht werden soll?
Das Wissen in Berufskunde soll an der Lehrabschlussprüfung gezeigt werden können.
2. Hat die Schülerin/der Schüler das Potenzial, die geforderte Leistung zu zeigen?
Ja, der Jugendliche hat die Fähigkeit, sich dieses Wissen anzueignen.
3. Wurde eine Behinderung von einer anerkannten Fachstelle diagnostiziert?
Ja, das schwere Stottern ist in einem logopädischen Gutachten nachgewiesen.
4. Welche Barrieren bestehen aufgrund der Behinderung?
Das erlernte Wissen im Fach Berufskunde kann in der vorgesehenen 30-minütigen mündlichen Prüfung aufgrund des schweren Stotterns nicht gezeigt werden.
5. Welche Nachteilsausgleichsmassnahmen können diese Barriere beseitigen helfen?
Die Prüfung wird schriftlich durchgeführt. Die Dauer wird auf eine Stunde festgelegt.