Am 10. Januar 2015 um 12.49 Uhr schrieb Naina K.: «Ich bin fast 18 und hab keine Ahnung von Steuern, Miete oder Versicherungen. Aber ich kann ’ne Gedichtsanalyse schreiben. In 4 Sprachen.»
Offenbar traf Naina mit wenigen Worten direkt ins Herz vieler Eltern und Schüler, die Verbreitung der Meldung war rasant. 72 Stunden später sass Naina, bisher völlig unbekannt, bei Stefan Raab in der Fernsehshow «TV total», und drei Millionen Menschen schauten zu. Ihr Tweet löste nicht nur einen Medientsunami aus, dessen Wellen bis in die Schweiz schwappten. Er war auch Stein des Anstosses zu einer emotionalen Debatte darüber, was junge Menschen heute noch lernen in der Schule. Oder eben nicht.
Die Volksschule und das Bildungswesen haben derzeit keinen leichten Stand. Volksschul-Bashing ist sogar gerade ziemlich im Trend. In Deutschland, Österreich und in der Schweiz werden ähnliche Grundsatzfragen diskutiert. Unser Schulsystem werde den heutigen Anforderungen nicht mehr gerecht, es sei veraltet, verstaubt, ja nicht einmal mehr die Noten seien zeitgemäss. Das Schulsystem, wie es die Schweiz und Deutschland kennen, so sind sich die Kritiker einig, entspreche überhaupt nicht mehr dem Stand der Anforderungen an Kultur und Gesellschaft.