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14. Oktober 2019
«Hilfe, die Lehrerin unserer Kinder benutzt ein Smiley-System!»

Corinne, 29, Frauenfeld TG
Lesedauer: 2 Minuten
In der ersten Klasse unserer Zwillinge arbeitet die Lehrerin mit einem Smiley-System. Verhalten sich die Kinder brav, bekommen sie einen Smiley. Dieser wird für alle einsehbar auf dem Tisch befestigt. Hat ein Kind zehn Smileys, bekommt es eine Urkunde. Mein Sohn hat schon acht, meine Tochter erst vier; drei Smileys wurden wieder abgenommen, weil sie im Unterricht gestört hatte. Jetzt ist sie zu Tode betrübt. Wie beurteilen Sie dieses System? Soll ich mit der Lehrerin sprechen?
Das sagt unser Expertenteam dazu:

Nicole Althaus
Ich erinnere mich gut an die «Bätzli», die runden Kleber, in der Primarschule. Eine Sonne hiess «sehr gut». Eine Spinne das Gegenteil. Man kann sich fragen, wie ein solches Belohnungs- bzw. Bestrafungssystem didaktisch zu beurteilen ist. Und warum die nützliche Spinne für das Schlechte steht. Aber das gilt für alles im Schulzimmer. Mich haben weder die Spinnen noch die Sonnen langzeitgeschädigt. Und wenn Ihre Tochter im Unterricht stört, hat sie doch die Konsequenz zu Recht zu tragen, nicht? Offenbar funktioniert das Belohnungssystem, wenn sie betrübt ist. Reden Sie also nicht mit der Lehrerin, sondern mit der Tochter: Wenn du bis zu den nächsten Ferien nicht mehr störst, bekommst auch du eine Urkunde!
Ich erinnere mich gut an die «Bätzli», die runden Kleber, in der Primarschule. Eine Sonne hiess «sehr gut». Eine Spinne das Gegenteil. Man kann sich fragen, wie ein solches Belohnungs- bzw. Bestrafungssystem didaktisch zu beurteilen ist. Und warum die nützliche Spinne für das Schlechte steht. Aber das gilt für alles im Schulzimmer. Mich haben weder die Spinnen noch die Sonnen langzeitgeschädigt. Und wenn Ihre Tochter im Unterricht stört, hat sie doch die Konsequenz zu Recht zu tragen, nicht? Offenbar funktioniert das Belohnungssystem, wenn sie betrübt ist. Reden Sie also nicht mit der Lehrerin, sondern mit der Tochter: Wenn du bis zu den nächsten Ferien nicht mehr störst, bekommst auch du eine Urkunde!

Stefanie Rietzler
Wie fänden es wir als Erwachsene, wenn unsere Chefin durchs Grossraumbüro stiefelte und für alle sichtbar Brav-sein-Kleberli im Team verteilte? Wahrscheinlich lächerlich, vielleicht sogar entwürdigend. Bei Kindern werden solche Systeme aber häufig genutzt, um sie zur Anpassung zu bewegen. Die Lehrerin handelt sicherlich in der besten Absicht, für eine ruhige und lernförderliche Arbeitsatmosphäre zu sorgen. Das Problem ist: Diese Systeme mögen Kinder motivieren, die sich ohnehin gut steuern können und denen die Schule leichtfällt. Für alle anderen bedeuten sie Frust und Blossstellung – und verfehlen damit ihren Zweck.
Wie fänden es wir als Erwachsene, wenn unsere Chefin durchs Grossraumbüro stiefelte und für alle sichtbar Brav-sein-Kleberli im Team verteilte? Wahrscheinlich lächerlich, vielleicht sogar entwürdigend. Bei Kindern werden solche Systeme aber häufig genutzt, um sie zur Anpassung zu bewegen. Die Lehrerin handelt sicherlich in der besten Absicht, für eine ruhige und lernförderliche Arbeitsatmosphäre zu sorgen. Das Problem ist: Diese Systeme mögen Kinder motivieren, die sich ohnehin gut steuern können und denen die Schule leichtfällt. Für alle anderen bedeuten sie Frust und Blossstellung – und verfehlen damit ihren Zweck.

Peter Schneider
Das können Sie tun. Und ihr erklären, was Sie von diesem bescheuerten Bonussystem für die Kleinen halten. Sie wird Sie gross anschauen und nicht verstehen, was Sie da reden. Denn der Smiley-Unfug ist in den Schulen offenbar schon so verbreitet, dass Sie schon sehr grundlegend argumentieren müssen, um dem etwas entgegenzusetzen. Was freilich auch nichts helfen wird. Haben Sekten nämlich erst mal eine kritische Grösse erreicht, wird man selber zum Sektierer, wenn man gegen den Irrwitz anzustinken versucht.
Das können Sie tun. Und ihr erklären, was Sie von diesem bescheuerten Bonussystem für die Kleinen halten. Sie wird Sie gross anschauen und nicht verstehen, was Sie da reden. Denn der Smiley-Unfug ist in den Schulen offenbar schon so verbreitet, dass Sie schon sehr grundlegend argumentieren müssen, um dem etwas entgegenzusetzen. Was freilich auch nichts helfen wird. Haben Sekten nämlich erst mal eine kritische Grösse erreicht, wird man selber zum Sektierer, wenn man gegen den Irrwitz anzustinken versucht.
Unser Expertenteam:
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