Cybermobbing-Aktion an Schulen
Worte können krank machen, sogar töten. Noch immer unterschätzen viele Schülerinnen und Schüler die Wirkung von abschätzigen Kommentaren in Klassenchats und auf Social Media. Die Cybermobbing-Kampagne der Stiftung Elternsein will dies ändern. Zu Besuch in der Sekundarschule Embrach ZH.
Noah: «ach komm leg dich einfach untern zug hilfst uns allen damit»
Leon: «da würd er sich selber und der Welt n gefallen tun»
Bei beiden Kommentaren zuckt Liam spürbar zusammen. Das liegt nicht nur an den bösen Worten: Das Handy versetzt ihm bei jedem verletzenden Kommentar einen ungefährlichen, aber spürbaren Stromimpuls. Denn das Handy ist nicht sein Handy, es ist Teil der Sensibilisierungskampagne «Wenn Worte wehtun» der Stiftung Elternsein, die das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi herausgibt.
Liam ist Schüler einer ersten Sek b im zürcherischen Embrach, heute steht statt Unterricht ein Workshop zum Thema Cybermobbing auf dem Programm.
Faust ins Gesicht ist ohne Blickkontakt leichter
Bevor es an das präparierte Handy ging, wurden Liam und seine 12 Klassenkameradinnen und -kameraden von Mike Würmli, 23, und Lina Shaqiri, 25, ins Thema eingeführt. Sie arbeiten für zischtig.ch, einen gemeinnützigen Verein für Medienbildung und Prävention, der im Auftrag der Stiftung Elternsein den Sensibilisierungs-Workshop für Schulklassen durchführt.
Als erstes fragt Würmli: «Wer hat alles ein Smartphone?» Alle Hände gehen hoch. «Wer hat WhatsApp?» 12 von 13 Schülern erheben die Hand. «Wer hat Snapchat?» Das gleiche Bild. So geht es weiter mit Social-Media-Plattformen und Chat-Apps. Unten bleibt die Mehrzahl der Hände erst, als die Kursleiter fragen, wer einen Fernseher im Zimmer hat.
Willkommen in der Lebenswelt der Teenager im Jahre 2019: Die Kommunikation findet zu einem grossen Teil in Chat-Gruppen übers Smartphone statt.
Der Workshopleiter zeigt aber auch Verständnis: «Es ist nicht einfach, seine Tage mit Leuten zu verbringen, die man sich nicht ausgesucht hat.». Die Schule sei allerdings ein gutes Übungsfeld, denn, so Würmli weiter: «Das wird auch später im Arbeitsleben so sein.» Es gibt in fast jeder Klasse Mädchen oder Jungs, die rechthaberisch sind, petzen, lügen. Würmli: «Wenn ihr Probleme mit jemandem habt, klärt es bitte persönlich – und nicht im Klassenchat.»
«Wenn ihr beschimpft werdet: nicht zurückgeben!»
Sehr konkret wirds bei der dritten Station: Die Schülerinnen und Schüler sind aufgefordert, ohne Angabe des Namens eigene Erfahrungen mit Mobbing sowie Wünsche diesbezüglich aufzuschreiben.
«Es wurden ältere Kinder auf mich gehetzt und ich wurde auch oft geschlagen und sie haben mir gesagt, ich soll sterben, es wird mich eh niemand vermissen.»
Ein Schüler notiert anonym seine Mobbing-Erfahrungen
Was auffällt: Oft wird der Wunsch geäussert, dass Lehrpersonen Mobbing ernster nehmen, es in der Schule thematisieren und früher eingreifen. Gleichzeitig sagen die Schülerinnen und Schüler, dass an der Sek Embrach grundsätzlich gut mit dem Thema umgegangen werde.
Warum ein «Hä?!» problematisch sein kann
Mike Würmli bestätigt, dass für die meisten das Thema nicht neu sei. «Den Jugendlichen mangelt es aber oft an konkreten Handlungsoptionen.» Er nennt ein Beispiel aus den Kursen: «Ein nicht böse gemeintes
Doch nicht nur den Schülern fehle es an Medienkompetenz, meint die 25-Jährige weiter: «Es müsste auch für die Eltern Kurse geben.» Überhaupt seien die Erwachsenen oft schlechte Vorbilder. «Auch sie haben oft Mühe, den richtigen Kommunikationskanal zu wählen», meint die Kursleiterin. «Und wenn man die Online-Kommentare der Erwachsenen im Internet liest, muss man sich nicht wundern, wenn es die Jungen nicht besser machen.»
(*alle Schülerinnen- und schülernamen von der Redaktion geändert)
Mobbing-Sensibilisierungskampagne im Glatt Einkaufszentrum
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