Schritt 7: Vorbereitung oder Zwischenlösung
Brückenangebote sind keine Notlösung
Das zehnte Schuljahr gilt als Notlösung für die, die keine Lehrstelle gefunden haben. In Wahrheit ist es ein sinnvolles Bildungsangebot, um schulische und andere Lücken zu schliessen oder in der Berufswahl zu einer Entscheidung zu gelangen. Weitere Brückenangebote helfen, wertvolle Kenntnisse zu gewinnen und Weichen zu stellen.
Die Schulpflicht und damit das Recht auf kostenlose Ausbildung endet nach dem neunten Schuljahr. Viele daran anschliessende Ausbildungen werden von Privaten angeboten – manchmal in Zusammenarbeit mit der öffentlichen Hand – und sind kostenpflichtig. Wichtig ist, sich rechtzeitig zu informieren, denn viele Angebote haben Anmeldefristen. Und selbst wenn das Brückenangebot nicht die Lösung ist, die man angestrebt hat, fühlt es sich gut an, zu wissen, wie es nach den Sommerferien weitergeht.
Das zehnte Schuljahr
Zahlreiche schulische Brückenangebote ermöglichen Jugendlichen, eine Lehrstelle zu finden, die Aufnahme in eine Mittelschule zu schaffen, schulische Defizite aufzuarbeiten oder an Reife zu gewinnen. So sind sie ein Jahr nach Ende der obligatorischen Schulzeit bereit für den nächsten Schritt. Berufswahljahr, Berufsvorbereitungsjahr (ausgerichtet auf verschiedene Berufsfelder), Motivationssemester, Mittelschulvorbereitungsjahr – die Namen der verschiedenen Angebote zeigen: Es gibt für jeden geeignete Lerninhalte.
Hauswirtschaftsjahr
In diesem Jahr lernen Jugendliche, in einem bäuerlichen Haushalt zuverlässig praktische Aufgaben zu erledigen. Zudem besuchen sie einen Tag pro Woche die Schule. Auch wenn es danach beruflich in eine andere Richtung geht, hilft diese einjährige Ausbildung, persönlich weiterzukommen.
Sprachaufenthalt
Ein Sprachaufenthalt, ob als Au-pair (Haushaltshilfe) oder in einer Schule und bei einer Gastfamilie, verbessert die Fremdsprachenkenntnis enorm und macht junge Menschen selbstsicherer. Beides sind grosse Pluspunkte auf dem weiteren Bildungsweg.
Gestalterischer Vorkurs / Propädeutikum
Gestalterische Vorkurse (auch Propädeutikum genannt) helfen kreativ Begabten, ihr Talent zu entwickeln, Erfahrungen mit weiteren Techniken zu machen und sich auf eine Ausbildung im gestalterischen Bereich vorzubereiten. In der Bewerbung für eine Grafiker-Lehrstelle definitiv ein Plus.
Sozialjahr
Das Sozialjahr bereitet auf eine Berufslehre im sozialen Bereich vor, einige bieten auch konkrete Bewerbungshilfe. An vier Tagen pro Woche arbeiten die Absolvierenden in einer Pflege-, Betreuungs- oder einer anderen Institution mit, einen Tag besuchen sie die Schule.
Praktikum
Ein Berufspraktikum gibt einen realistischen Einblick in den Alltag in den betreffenden Bereichen. Ein gutes Praktikum zeichnet sich dadurch aus, dass die Praktikanten die Gelegenheit haben, dazuzulernen, und nicht bloss billige Hilfskräfte sind. Wichtig – aber bei Weitem nicht überall gegeben – ist ein Tag Schule pro Woche, um das Lernen nicht zu verlernen und später in der Berufsschule gut mitzukommen.
Lesen Sie mehr zum Thema Berufswahl:
- Schritt 1: Eigene Interessen und Stärken kennenlernen
Bevor Jugendliche entscheiden können, welche Ausbildung sie nach der Sekundarschule in Angriff nehmen wollen, müssen sie ein paar grundlegende Fragen an sich selber beantworten. Keine leichte Aufgabe mitten in der Pubertät, die ohnehin schon voller Fragen ist. - Schritt 2: Berufe und Ausbildungen kennenlernen
In die Lehre oder weiter zur Schule? Diese Frage stellen sich viele in der Oberstufe. Dabei schliessen sich die beiden Wege nicht aus. Die wichtigsten Bildungsangebote im Überblick. - Schritt 3: Eigene Stärken mit den Anforderungen von Berufen und Ausbildungen vergleichen
Jede Berufslehre und jede Schule hat ihre spezifischen Anforderungen. Für junge Berufssuchende bedeutet das, dass sie entweder intensiv an ihren Fähigkeiten arbeiten oder sich eine weniger anforderungsreiche Berufslehre suchen sollten. - Schritt 4: Interessante Berufen in einer Schnupperlehre kennenlernen
Eine Schnupperlehre, auch Berufswahlpraktikum genannt, gibt einen ersten Eindruck vom Arbeitsleben, von einem Beruf und vom Klima im möglichen Lehrbetrieb. Sie ist so etwas wie der ultimative Realitätscheck für junge Lehrstellensuchende. - Schritt 5: Mögliche Berufe und Ausbildungen überprüfen und eine Entscheidung fällen
Berufsberaterin Sigrid Weber kennt die Qual der Berufswahl, die viele Jugendliche durchleben. Lieblingsfächer und Hobbys seien erste Hinweise auf die passende Ausbildung, in Schnupperlehren lasse sich viel lernen – und manchmal helfe auch ein Münzwurf, sagt die Psychologin. Bei der Entscheidung müsse aber vor allem das Gefühl stimmen. - Schritt 6: Eine Lehrstelle suchen oder sich bei einer Schule anmelden
Nach der Wahl des passenden Berufs folgt die Suche nach dem geeigneten Lehrbetrieb. Gross oder klein, familiär oder formell, hierarchisch oder kollegial? Je mehr verschiedene Formen man durch Schnuppern kennenlernt, desto besser weiss man, was einem zusagt. - Schritt 7: Sich auf die Lehre oder Schule vorbereiten oder Brückenangebote abklären (online ab 30. 8. 2020)
Das sagen die Jugendlichen:
- «Ich mache jeden Tag etwas Neues»
Pedro Lopes, 19 aus Luterbach SO, ist Sanitärinstallateur im dritten Lehrjahr. Für seine berufliche Zukunft hat er sehr konkrete Vorstellungen. - «Es gibt noch viel zu lernen»
Marc Roth, 17, aus Oberhelfenschwil SG, will Hufschmied werden und später einen eigenen Betrieb führen. - «Meine Eltern sind sehr stolz auf mich»
Farzana Ahmadi, 26, aus Umiken AG, ist Assistentin Gesundheit und Soziales EBA. Sie vermisst ihre Heimat Iran und sagt, die Menschen im Pflegeheim hälfen ihr, sich weniger allein zu fühlen. - «Ich durfte nur einmal messen und musste mich sehr konzentrieren»
Anouk Zaugg, 16, aus Brugg AG, absolvierte eine Schnupperlehre als Hochbauzeichnerin. Und ist glücklich, nach dem positiven Bescheid die Lehre in ihrem Wunschberuf machen zu dürfen. - «Ich erkläre den Kunden, was erlaubt ist – und was nicht»
Daniel Wiederkehr, 26, aus Rotkreuz ZG, arbeitet heute als Sicherheitstechniker. Während der Ausbildung lief nicht alles rund. - «Grosse Gegenstände zerlegen, das gefällt mir»
Bianca Jöhr, 16, aus Worb BE, arbeitet als Recyclistin EFZ im ersten Lehrjahr. Dabei wollte sie zuerst Coiffeuse werden. - «Ich hatte eine schwierige Zeit, nicht nur, weil ich keine Lehrstelle fand»
Colin Spilek, 16, aus Nufenen GR, ist Berufswahlschüler und fühlt sich pudelwohl. Die Suche nach einer Lehrstelle fiel mit seinem Coming-out als Transgender zusammen – keine einfache Zeit.