Die Jugend von heute? Ein Grund zur Freude!
![Grolimund_neu_1130x500 Was ist mit der Jugend von heute los? Fabian Grolimund über die Generation Z](https://www.fritzundfraenzi.ch/uploads/2021/08/Grolimund_neu_1130x500-36.jpg)
Illustration: Petra Dufkova/Die Illustratoren
Jugendliche sind heute angepasst, konsumorientiert und unpolitisch – so die landläufige Meinung über die Generation Z. Von wegen, sagt unser Kolumnist. Die heutige Generation ist unbequem, engagiert, meinungsstark, steht zu ihren Gefühlen und fordert uns Eltern heraus. Gut so!
Mich stört dieses Bild. In den sozialen Netzwerken kursieren unzählige solcher Behauptungen, sie werden unseren Jugendlichen aber nicht gerecht. Und sie entfremden uns voneinander.
Seit August 2018 schwänzt sie am Freitag die Schule, um auf die drohende Klimakatastrophe aufmerksam zu machen – anfangs gegen den Willen ihrer Eltern und massiven äusseren Druck, mit der Zeit mit immer mehr Unterstützung. Mittlerweile hat sie weltweit Zehntausende Schülerinnen und Schüler zu Klimastreiks bewegen können.
Greta Thunberg ist nur ein Beispiel von vielen. Felix Finkbeiner liegt die Umwelt ebenfalls sehr am Herzen. Er sagte der «Frankfurter Allgemeinen»: «Wir Kinder fühlen uns verarscht.» Aber anstatt sich lähmen zu lassen, ist er selbst aktiv geworden und hat angefangen, Bäume zu pflanzen. Mit neun Jahren hat er die Umweltorganisation «Plant-for-the-Planet» ins Leben gerufen, die mittlerweile in über 50 Ländern aktiv ist.
«Ihr seid nicht erwachsen genug, die Wahrheit zu sagen», klagt Umweltaktivistin Greta Thunberg. «Sogar diese Bürde überlasst ihr uns Kindern.»
Wer die Augen offen hält, sieht überall Kinder und Jugendliche, die sich nicht nur trauen, ihre Meinung zu sagen und zu ihren Gefühlen zu stehen, sondern sich auch aktiv für ihre Ziele einbringen und etwas in Bewegung setzen.
Reden und Demonstrationen sind die Ereignisse, die wir aus den Medien mitbekommen. Wer mit Jugendlichen spricht, findet viele Beispiele im Alltag. Junge Menschen, die sich Ziele setzen, Verantwortung übernehmen, sich um andere kümmern, denen Werte wie Familie, Freundschaft, Gerechtigkeit und die Umwelt wichtig sind.
Die Eltern von heute
Natürlich gibt es sie: die vernachlässigenden, überbehütenden, kontrollsüchtigen Eltern – uns allen fallen Beispiele dazu ein. Aber daneben gibt es so viele Eltern, die ihre Sache gut machen. Eltern, die ihren Kindern mit Liebe und Herzlichkeit begegnen, ohne sie zu verwöhnen. Eltern, die Grenzen aufzeigen und ihren Kindern Sicherheit geben, ohne sie zu demütigen oder zu bestrafen. Eltern, die ihre Kinder zu einfühlsamen, selbstbewussten Menschen heranziehen, die selber denken und für sich und ihre Bedürfnisse einstehen können.
Auch früher gab es Väter, die hinter der Zeitung verschwanden und sich kaum ins Tischgespräch einbrachten – aber sie hätten eine Beschwerde des siebenjährigen Kindes wohl kaum zum Anlass genommen, sich selbst zu hinterfragen.
Die Jugend von heute macht es uns nicht einfach
Wir ziehen eine Jugend heran, die anspruchsvoll ist, die uns herausfordert, deren Respekt wir uns als würdig erweisen müssen. Wir Erwachsenen können uns nicht mehr hinter Status, Titeln und Rollen verschanzen. Immer mehr Jugendliche fragen nach dem «Warum» und geben sich mit einem «Darum», «Du machst das, weil wir das sagen» oder einem «Denk nicht drüber nach, mach es einfach» nicht zufrieden.
Junge Menschen übernehmen Verantwortung, setzen sich
Ziele, kümmern sich um andere.
Ihnen sind Werte wie Familie
und die Umwelt wichtig.
Der Kinder- und Jugendpsychiater Michael Winterhoff, Autor des Buchs «Warum unsere Kinder Tyrannen werden», sagte in einem Interview in dieser Zeitschrift: «…denn so funktioniert die Psyche eines Kindes: Was es tut, tut es für mich. Wenn ich es lobe, strahlt es, es sucht immer meine Rückmeldung. Erst ein 14-Jähriger fängt an, Dinge zu hinterfragen – wenn er normal entwickelt ist. Mit 16 ist er so weit, dass er abwägt, was er machen soll und was nicht.»
Kinder und Jugendliche wie Greta, Felix und Emil hätten für eine derartige Einschätzung wohl nur ein müdes Lächeln übrig. Ein Grund zur Freude.