Da ist zum einen die Geschlossenheit der Community – es gibt keine Möglichkeit, Freunde zu suchen. Man muss wissen, wer auf Snapchat zu finden ist und unter welchem Nutzernamen – auch Schreibfehler werden hier nicht verziehen. Einfacher: Man erhält den Snap-Code einer Person: im realen Leben auf dem Handy angezeigt oder als Foto zugeschickt. Das ist so ein bisschen wie Visitenkarten austauschen. Aber genau diese Geschlossenheit sorgt dafür, dass Nachrichten, Videos und Bilder nicht einfach wahllos in die Welt gesendet werden, sondern sehr gezielt für bestimmte Zielgruppen oder eine bestimmte Person produziert werden. Snapchat ist also ein enorm persönliches Netzwerk.
Die zweite zunächst ärgerliche Eigenschaft der App ist die Vergänglichkeit der Inhalte. Wenn Kollege XY ein Video schickt, kann man es im Normalfall nur ein- oder zweimal anschauen – danach ist es verschwunden. Ebenso steht es mit Bildern. Hier kann der Sender sogar wählen, wie viele Sekunden man ein Bild betrachten kann, bevor es gelöscht wird. Genau diese Eigenschaft hat Snapchat zu Beginn den Ruf einer Schmuddel-App eingebracht, die sich besonders für Sexting, also zum Verschicken anzüglicher Nachrichten eignet. Sicher sind unter den 700 Millionen verschickten Fotos und Videos pro Tag auch nackte Tatsachen zu finden. Aber dank der vielen Gestaltungsmöglichkeiten mit Filtern und Videobearbeitungsfunktionen liegt der Fokus vermutlich eher auf Kreativität und Witz als auf Erotik. Bisher gab es zumindest keine grösseren Skandale rund um die App.
Und dass auch Fotos, die vom Bildschirm wieder verschwinden, irgendwie gespeichert werden können, via Screenshot oder externer App, wissen Ihre Teenager bestimmt schon. Wenn nicht – machen Sie sie ganz schnell darauf aufmerksam!
Die Vergänglichkeit hat jedenfalls einen Vorteil: Snapchat-Nutzer sind keine Multitasker. Dieses soziale Netzwerk läuft nicht nebenher, sondern man muss sich bewusst Zeit nehmen und Nachrichten ungeteilte Aufmerksamkeit schenken – sonst sind sie wieder weg. Ein bisschen so wie bei einer richtigen Unterhaltung: Da kann man ja auch nicht zurückspulen und wiederholen.