«Je härter und gemeiner, desto mehr Likes»
Warum wird Cybermobbing unter Jugendlichen so schnell zu Psychoterror? Sozialpsychologin Catarina Katzer kennt die Mechanismen. Im Interview erklärt sie ausserdem, wieso Medienkompetenz-Unterricht zu kurz greift und wie man Jugendlichen einen verantwortungsvollen Umgang mit dem Internet vermittelt.
Frau Katzer, lässt sich Cybermobbing vom klassischen Mobbing trennen?
Cybermobbing und traditionelles Mobbing, etwa auf dem Schulhof, laufen meist parallel. Die Forschung zeigt: Ein Drittel der Täter war selbst Mobbingopfer. Das Internet ermöglicht ihnen, sich zu «wehren».
Sie scheinen aber kein Verständnis für das Leiden der Opfer zu haben …
Das ist so. Die digitale Empathie ist nicht da. Um jemanden ins Klo zu tauchen, muss immer noch eine psychologische Schwelle überwunden werden. Online fällt das weg. Das Handeln im Netz schafft eine Distanz zu Opfern, weil man ihnen nicht in die Augen schaut. Man sieht nicht, wenn sie weinen oder sich am Boden liegend vor Schmerzen krümmen.
Richtet Cybermobbing langfristig mehr Schaden an als Mobbing?
Der Traumatisierungsgrad ist bei Cybermobbing viel höher. Früher existierte zu Hause ein Rückzugsort. Dort konnte man durchatmen. Heute tragen Täter wie Opfer ihr Smartphone ständig mit sich. Zudem hat Cybermobbing einen extrem hohen Öffentlichkeitsgrad, die ganze Welt kann zuschauen. Die allumfassende Präsenz des Internets und das Wissen, dass es unmöglich ist, alle Bilder, Texte und Videos zu löschen, sind eine Belastung.